Kritik in Lateinamerika an der Blockade russischer Medien in Europa

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Beim Aufruf von Russia Today sieht der TV-Konsument in Köln dieses Bild
Beim Aufruf von Russia Today sieht der TV-Konsument in Köln dieses Bild

Caracas/Buenos Aires. Medienschaffende in Lateinamerika haben jüngste Maßnahmen in Europa gegen russische Medien scharf verurteilt. Die Pressefreiheit falle offenkundig, wenn sie in der Krise "auf die Probe gestellt" werde, so die Kritik.

Nach dem Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine kündigte die deutsche Kommissionspräsidentin der Europäischen Union (EU), Ursula von der Leyen an, ein Verbot der Verbreitung von Russia Today (RT) und Sputnik durchzusetzen.

Von der Leyen erklärte am 27. Februar, man werde in einem "beispiellosen Schritt die Medienmaschine des Kreml in der EU" verbieten. "Die staatlichen Medien Russia Today und Sputnik sowie ihre Tochtergesellschaften werden nicht mehr in der Lage sein, ihre Lügen zu verbreiten, um Putins Krieg zu rechtfertigen und unsere Union zu spalten." Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell schloss sich diesem Vorgehen an. Seit gestern ist dies bereits umgesetzt, wie TV-Konsumenten feststellen können.

Die Direktorin des lateinamerikanischen Nachrichtensenders Telesur, Patricia Villegas Marin, kritisierte die Blockade von Sputnik und RT in der EU und warnte vor der Gefahr von "Kommunikationsstille".

Die kolumbianische Journalistin am Hauptsitz des Senders in Caracas beklagte, dass "im Namen der Demokratie weiterhin Stimmen zum Schweigen gebracht werden". Sie erinnerte daran, dass "wir mit Telesur schon viele Male in entscheidenden Momenten für Lateinamerika und die Karibik diese Art von Blockade erlebt haben".

Telesur nahm 2005 erstmals den Sendebetrieb auf und versteht sich als Kanal für die Integration Lateinamerikas und als Gegengewicht zu privaten Fernsehstationen wie die US-amerikanische CNN.

Die in Argentinien ansässige Medienplattform Resumen Latinoamericano kritisierte, dass die EU "zwei Medien mit großer Verbreitung wie den Sender RT und die Agentur Sputnik diktatorisch zensiert". Man wolle den betroffenen Medien die "volle Solidarität und Unterstützung" bei der weiteren Ausstrahlung anbieten. Die vor 27 Jahren als Zeitschrift gegründete und heute als Internetplattform und eines der größten linken lateinamerikanischen Medienprojekten arbeitende Resumen Latinoamericano begrüßte in einer Erklärung, dass die Leiterin von Sputniknews, Margarita Simonián, versicherte, man habe sich darauf vorbereitet, "wie wir unter den Bedingungen von Verboten arbeiten können".

Der britische Premierminister Boris Johnson, dessen Land nicht mehr EU-Mitglied ist, lehnte indes Verbote in der von Kommissionspräsidentin von der Leyen angekündigten Form ab. Politikern sollte nicht das Recht geben werden, Medienorganisation zu verbieten, sagte er in einem Fernsehinterview. Die zuständigen Medienaufsichtsbehörden hätten die Aufgabe, die Einhaltung der Standards durch Publikationen zu prüfen.

RT hat weltweit eine Verbreitung erreicht, die in der Größenordnung der des US-amerikanischen Senders CNN entspricht. RT war bereits seit längerem temporären Sperrungen auf Social Media Kanälen und der Videoplattform Youtube unterworfen. Seit gestern hat Youtube alle Publikationen von RT und Sputnik für Nutzer in Europa geblockt. Google hat zudem die Mobiltelefon-Anwendungen von RT und Sputnik in seinem Play App Store blockiert.