Bewegungen in Lateinamerika gegen den Ukraine-Krieg: "Für das Leben und den Frieden in der Welt"

Zahlreiche Organisationen und Persönlichkeiten nehmen Stellung. Große Demonstration der EZLN in Chiapas

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Demonstration der EZLN in San Cristóbal de las Casas
Demonstration der EZLN in San Cristóbal de las Casas

San Cristóbal de Las Casas et al. Im mexikanischen Bundesstaat Chiapas haben mehr als 5.000 Mitglieder der Zapatistischen Armee der Nationalen Befreiung (EZLN) und der Sechsten Zapatistischen Kommission gegen den Ukraine-Krieg und "die weltweiten kapitalistischen Kriege" protestiert.

"Russische Armee raus aus der Ukraine", "Weder Selenskyj noch Putin – Schluss mit dem Krieg", "Stoppt den kapitalistischen Krieg gegen die Völker der Ukraine und Russlands", "Leben und Frieden in der Welt", waren einige ihrer Parolen bei der Demonstration in San Cristóbal de Las Casas. Auf Spruchbändern und Plakaten wiesen die Protestierenden zudem darauf hin, dass Krieg nicht nur in der Ukraine, sondern auch in Palästina, Kurdistan, Syrien, in Chile gegen die Mapuche "und gegen die indigenen Völkern auf der ganzen Welt" herrsche.

Dies sei der Beginn einer internationalen Kampagne "gegen die Kriege des Kapitals, unabhängig von der geografischen Lage", erklärte die EZLN. Sie werde Konzerte, Festivals und Versammlungen organisieren und lade "alle ehrlichen Menschen, Gruppen, Kollektive, Organisationen und Bewegungen in Mexiko und auf der ganzen Welt ein, sich an den Aktivitäten dieser Kampagne zu beteiligen, um ein Ende des Krieges zu fordern".

Die EZLN hatte sich bereits Anfang März gegen den Einmarsch Russlands in der Ukraine, aber auch gegen den Nationalismus der ukrainischen Regierung positioniert und vor einer weiteren Eskalation gewarnt. Die Zapatistas riefen dazu auf, die mit ihnen verbundenen libertären Kreise in der Ukraine und in Russland zu unterstützen und weiter gegen den Krieg zu demonstrieren: "Der Krieg muss jetzt gestoppt werden. Wenn er anhält und, wie zu erwarten, eskaliert, wird es vielleicht niemanden geben, der von der Landschaft nach der Schlacht berichten wird".

"Wir sind gegen alle Kriege und verteidigen immer den Frieden und die Geschwisterlichkeit zwischen den Völkern", heißt es in einer Stellungnahme zahlreicher lateinamerikanischer politischer und sozialer Organisationen. Darunter sind die Landlosenbewegung MST (Brasilien), der Congreso de Los Pueblos und Marcha Patriótica (Kolumbien), der größte Gewerkschaftsdachverband Brasiliens CUT, die Linkspartei Frente Amplio (Dominikanische Republik), Indigene und Afroamerikanische Verbände und die Left Alliance for National Democracy and Socialism (Jamaika).

"Wir kämpfen für das Ende der Nato, wegen ihrer Operationen in Afrika und im Nahen Osten, der Angriffe auf Libyen, Irak und Syrien. Hier in Lateinamerika greift sie mit ihrer Militärbasis auf den Malwinen und der Unterstützung der kolumbianischen Regierung unsere Völker und unsere Souveränität an". Die US-Regierung müsse ihre "Kriegstreiberei beenden, die seit 1950 in 33 Länder militärisch interveniert und Millionen Menschen getötet hat."

Kriege seien nur für das transnationale Kapital und den militärisch-industriellen Komplex der reichen und mächtigen Länder von Interesse, die sich der staatlichen Haushalte bemächtigten und vom Tod der Menschen profitierten.

Die Gremien der Vereinten Nationen müssten so umstrukturiert werden, dass nicht nur die Regierungen, sondern auch die popularen und gesellschaftlichen Organisationen daran beteiligt werden. Die Organisationen setzen sich für "den Aufbau einer multipolaren Welt, einer Welt ohne hegemoniale Imperien, ohne Machtkonzentration und ohne Atomwaffen" ein.

"Schluss mit Kriegen, Toten und Manipulationen!", heißt es abschließend.

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Demonstration in Buenos Aires: "Gegen die Nato und US-europäischen Imperialismus ‒ Frieden mit Würde und Selbstbestimmung"
Demonstration in Buenos Aires: "Gegen die Nato und US-europäischen Imperialismus ‒ Frieden mit Würde und Selbstbestimmung"

In Argentinien haben mehrere soziale Organisationen in der Hauptstadt gegen den Krieg demonstriert und dabei die Politik der USA und der Europäischen Union ins Zentrum ihrer Kritik gestellt: Der "kriegstreiberische Plan der Nato" habe die Feindseligkeiten in Gang gesetzt, "indem sie Russland eingekreist" und die rechte Regierung in der Ukraine mit Waffen und Geld unterstützt habe. Bei ihrer Kundgebung vor dem Außenministerium kritisierten die Demonstrierenden auch die Politik der argentinische Regierung, die "nicht nur alles verteidigt, was von den USA kommt, sondern auch mit dem IWF paktiert."

Trotzkistische Gruppen aus Argentinien, Bolivien, Brasilien, Chile, Costa Rica, Mexiko, Peru, Uruguay und Venezuela haben im Rahmen der "Trotzkistischen Fraktion - Vierte Internationale (FT-CI)" zu Mobilisierungen gegen den Krieg aufgerufen, fordern den Abzug der russischen Truppen aus der Ukraine und prangern gleichzeitig "die Rolle der Nato und die Aufrüstung der westlichen imperialistischen Mächte" an.

Der Einmarsch in die Ukraine sei "eine eindeutig reaktionäre Aktion", Putin vertrete "Cliquen, die die Restauration des Kapitalismus in der ehemaligen Sowjetunion gefördert und davon profitiert haben". Jede linke Position müsse dies "offen und nachdrücklich ablehnen und den sofortigen Rückzug der russischen Streitkräfte fordern". USA und Europäische Union nutzten indes den Krieg für ihre eigene militärische Aufrüstung und strebten "eine Halbkolonisierung nicht der Ukraine (die unter dem Stiefel des IWF und des westlichen Imperialismus eines der ärmsten Länder Osteuropas ist), sondern Russlands selbst an". Die Nato habe seit der Auflösung der Sowjetunion durch die Osterweiterung ihre Mitgliederzahl verdoppelt und Truppen und Raketen gegen Russland stationiert.

In Venezuelas Hauptstadt führten Mitglieder der trotzkistischen "Marea Socialista" eine Kundgebung vor der Botschaft der Russischen Föderation durch. Die Gruppe ruft gemeinsam mit ihrer Dachorganisation, der Internationalen Sozialistischen Liga, die Linken auf, "sich an Aktionen gegen diesen imperialistischen Konflikt und die russische Invasion in der Ukraine zu beteiligen". Man unterstütze jedoch nicht die Nato: "Wir wissen sehr wohl, dass die Nato eine globale Bedrohung darstellt. Weder Putin noch die Nato! Sie haben bereits hinreichend bewiesen, dass von ihnen nur Krieg, Leid für die Menschen und Interventionismus kommt", erklärt Marea Socialista.

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Mit ihrer Kampagne "Die Menschheit gegen die Nato" setzen sich zahlreiche Persönlichkeiten für eine friedliche Lösung des Konfliktes in der Ukraine ein
Mit ihrer Kampagne "Die Menschheit gegen die Nato" setzen sich zahlreiche Persönlichkeiten für eine friedliche Lösung des Konfliktes in der Ukraine ein

Zur weltweiten Kampagne "Die Menschheit gegen die Nato" haben sich Intellektuelle, Persönlichkeiten sowie Politikerinnen und Politiker aus mehreren lateinamerikanischen Ländern, aber auch aus Europa und den USA zusammengeschlossen. Neben vielen anderen beteiligen sich der Befreiungstheologe Frei Betto (Brasilien), Senatorin Piedad Córdoba (Kolumbien), mehrere Mitglieder der Vereinten Sozialistischen Partei Venezuelas (PSUV), der Parlamentsabgeordnete Renán Cabeza (Bolivien) und aus Europa u.a. der Autor Ignacio Ramonet (Frankreich).

Die militärische Konfrontation in der Ukraine sei "ein schmerzhaftes menschliches Drama", heißt es in der Erklärung. Die Kampagne fordert die Einhaltung der Minsker Abkommen, um eine friedliche und verhandelte Lösung des Konflikts zwischen der Nato und Russland zu erreichen und drückt ihre Solidarität mit den Familien aus, die bei den Kämpfen Angehörige verloren haben. Sie kritisiert "den Expansionsdrang der Nato und die Ausweitung ihrer Militärstützpunkte in der Welt". Die Nato sei zu "einer Bedrohung für das Leben, die Souveränität der Völker und den Weltfrieden" geworden. "Diese Tatsache trägt zweifellos dazu bei, die ernste politisch-militärische Lage in der heutigen Welt zu erklären".

Kritisiert wird auch der Einsatz von Söldnern und die Lieferung von Kriegsmaterial an die Konfliktparteien. Dies trage zur Eskalation und nicht zur Entschärfung des aktuellen Konflikts bei.

Die Kampagne fordert zudem die sofortige Einstellung aller einseitigen Zwangsmaßnahmen, die "die internationale Rechtsordnung verletzen und unterschiedslos die Bevölkerung treffen und die Menschenrechte untergraben."