Kolumbien: Sonderjustiz für den Frieden soll Verbrechen des Militärs untersuchen

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Victoria Sandino fordert die Abschaffung der Militärjustiz und prangert Menschenrechtsverletzungen seitens der staatlichen Sicherheitskräfte an
Victoria Sandino fordert die Abschaffung der Militärjustiz und prangert Menschenrechtsverletzungen seitens der staatlichen Sicherheitskräfte an

Bogotá. Ehemalige Kämpfer:innen der Farc-EP haben bei der Sonderjustiz für den Frieden (JEP) einen Bericht über Kriegsverbrechen und Menschenrechtsverletzungen durch das Militär und andere staatliche Sicherheitskräfte eingereicht und fordern staatliche Konsequenzen.

In den vergangenen Wochen hatten bereits verschiedene Opfergruppen der JEP Informationen über im Rahmen des bewaffneten Konflikts begangene Gewaltverbrechen von staatlichen und nichtstaatlichen Akteuren bei der JEP eingereicht. Der jüngste Bericht dokumentiert nun die Opfer auf Seiten der Farc-EP zwischen 1964 und 2016.

In erster Linie enthält er besonders schwerwiegende und beispielhafte Fälle, die als Verbrechen gegen die Menschheit einzuordnen sind. So werden Fälle von außergerichtlichen Hinrichtungen, übermäßiger Gewaltanwendung, unerlaubten Kriegspraktiken, Folter, grausamer Behandlung von Häftlingen, sexueller Gewalt oder Feindseligkeiten gegenüber Familienangehörigen und der Zivilbevölkerung beschrieben.

Das Anwaltskollektiv José Alvear Restrepo sowie die Menschenrechtsorganisation "Bande der Würde" (Lazos de Dignidad) begleiteten die Erstellung des Berichts.

Victoria Sandino, Senatorin der Comunes-Partei, die aus den Farc-EP hervorging, äußerte sich über die grundsätzlichen Forderungen nach umfassender Wiedergutmachung und einem öffentlichen Akt der Anerkennung und Entschuldigung für die begangenen Straftaten durch den Staat. Dazu gehörten auch "Garantien der Nichtwiederholung sowie die Abschaffung der Militärjustiz". 

Weiterhin erklärte sie: "Außerdem fordern wir die Bereinigung der Militärstreitkräfte von allen Mitgliedern, die an Kriegsverbrechen oder Menschenrechtsverletzungen beteiligt waren oder gegen welche die Generalstaatsanwaltschaft ermittelt hat, eine strukturelle Reform der Haftpolitik und des Gefängnissystems und eine Bereinigung des Nationalen Strafvolzugs- und Gefängnisinstituts (INPEC). Der kolumbianische Staat soll sich vom interamerikanischen Vertrag zur gegenseitigen Hilfe zurückziehen, ebenso wie aus der Nato. Wir denken, dass wir uns weder in einem Krieg befinden noch Kriege gegen irgendeinen anderen Staat vorantreiben sollten."

Desweiteren soll auch ein Film die Geschichte der Guerillabewegung und die Konfrontationen mit den Streitkräften beleuchten und dabei insbesondere die Verbrechen gegenüber Angehörigen der Farc-EP aufzeigen.

Das Dokument soll zum andauernden Prozess der Wahrheitsfindung und der Entwicklung einer kollektiven historischen Erinnerung an den sozialen und bewaffneten Konflikt in Kolumbien beitragen. Dementsprechend sollen die im Bericht genannten Täter:innen vor der JEP Zeugnis ablegen und Ermittlungen eingeleitet werden.

Die Verfasser:innen des Berichts betonen, dass der Staat sich zur Einhaltung der Menschenrechte verpflichtet hat und somit in besonderer Weise zu deren Einhaltung angehalten werden müsse.