Wahlkampf in Kolumbien: Bauernorganisationen fordern Gerechtigkeit

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"Krieg gegen die Bauernschaft. Ein Bericht für die Wahrheitskommission"
"Krieg gegen die Bauernschaft. Ein Bericht für die Wahrheitskommission"

Bogotá. Die sieben größten Bauernorganisationen Kolumbiens haben gemeinsam mit der Universität Javeriana und der Organisation Dejusticia der Wahrheitskommision ein Gutachten mit zwölf Vorschlägen vorgelegt. Es richtet sich nicht nur an die Kommission und die künftige Regierung, sondern an die Gesellschaft als Ganzes.

Historisch gesehen hat die Landbevölkerung am meisten unter der Gewalt des über 50 Jahre andauernden bewaffneten Konfliktes gelitten. Bis heute zählt diese Bevölkerungsgruppe zu den besonders Vernachlässigten im Land. Dem Bericht zufolge waren zwischen 1958 und 2018 mehr als 58 Prozent der Opfer von Gewalt Bäuer:innen. Hinzu kommt die Ausbeutung durch Großgrundbesitzer:innen.

Allgemein verlangen die Initiator:innen des Dokuments die Behebung der zugefügten Schäden und künftige Garantien auf Nichtwiederholung. Beides wurde eigentlich im Friedensvertrag von 2016 zwischen Farc-Guerilla und Regierung garantiert, der jedoch bisher nur sehr schleppend umgesetzt wird (amerika21 berichtete). Sie möchten, dass ihre Empfehlungen von der nächsten Regierung und dem Kongress erörtert, geprüft und umgesetzt werden.

Zu den konkreten Forderungen gehört die unverzügliche Umsetzung der "Erklärung der Vereinten Nationen über die Rechte von Kleinbauern und -bäuerinnen und anderen Menschen, die in ländlichen Regionen arbeiten", die von der UN-Vollversammung im Dezember 2018 angenommen wurde. Momentan leiden die Bäuer:innen oftmals unter Rechtsunsicherheit. Die Verfasser:innen des Berichts empfehlen eine Stärkung der Bauernorganisationen als soziale Akteure und Mitbestimmerinnen politischer Prozesse.

Auch die langersehnte und im Friedensvertrag verankerte Agrarreform wird in dem Dokument aufgegriffen. Diese wurde bislang zu Gunsten der Agrarindustrie nicht von der Regierung Iván Duques umgesetzt. Die Reformen zielen darauf ab, dass Kleinbäuer:innen ein Anrecht auf Landerwerb erhalten und so wirtschaftlich unabhängiger sein können. Der Kleinbauernschaft soll der Zugang zu drei Millionen Hektar Land ermöglicht werden.

Kolumbien gilt als eines der ungerechtesten Länder weltweit in Bezug auf Landverteilung: 0,4 Prozent der Bevölkerung gehören 61 Prozent des zu bewirtschaftenden Landes (Zahlen von 2019). Viele Angehörige der bäuerlichen Bevölkerung besitzen kein oder nur wenig Land und arbeiten für niedrige Löhne für Großgrundbesitzer:innen.

Für die Bauernorganisationen sind drei Faktoren unabdingbar:

Erstens verlangen sie ihre Anerkennung als Hauptopfer des bewaffneten Konflikts und eine damit einhergehende historische Wiedergutmachung.

Zweitens muss die Diskriminierung und Gewalt gegen die bäuerliche Bevölkerung ein Ende haben. Dies impliziert, dass sie politisch nicht mehr ausgegrenzt und als Guerillakämpfer oder "Drogenterrroristen" stigmatisiert wird. Die Organisationen streben außerdem nach einem Entwicklungsmodell, von dem sie und nicht nur die Großindustrie profitieren können. Ohne diese Muster zu verändern, gebe es keine Garantien für eine Nichtwiederholung der Gewalt.

Die letzte Forderung bezieht sich auf die soziale Anerkennung ihres Widerstands und die Bedeutung ihrer Arbeit, da sie mit mehr als vier Millionen Menschen einen relevanten Anteil der kolumbianischen Bevölkerung darstellen.