Sonderkommission in Brasilien soll im Fall verschwundener Yanomami ermitteln

Illegaler Bergbau führt zu Hunger, sexueller Gewalt und Krankheit in indigenen Gebieten. Unterstützer:innen fordern Schutz von Seiten des Staates

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Unterstützer:innen fordern mehr staatlichen Schutz für die Yanomami
Unterstützer:innen fordern mehr staatlichen Schutz für die Yanomami

Boa Vista. Nachdem ein junges Yanomami-Mädchen von illegalen Bergarbeitern vergewaltigt und getötet wurde, hat das Plenum der brasilianischen Abgeordnetenkammer nun die Gründung einer externen Kommission beschlossen, die den Fall untersuchen soll.

Hinter dieser Entscheidung stehen vor allem Érika Kokay und Joênia Wapicha. Letztere ist die einzige indigene Abgeordnete im Nationalkongress. Wapicha erklärt: "Unser Parlament muss die indigenen Völker einschließen, die die ursprünglichen Völker dieses Landes sind". Der Kongress solle sich "proaktiv und defensiv" für den Schutz dieser Bevölkerungsgruppen einsetzen.

Illegale Bergbauarbeiter hatten ein junges Yanomami-Mädchen vergewaltigt und getötet. Als die Polizei für Ermittlungen das Dorf aufsuchte, fanden sie es niedergebrannt vor. Die 25 Dorfbewohner:innen sind seitdem verschwunden und ihr Aufenthaltsort unbekannt.

"Es ist wirklich beängstigend", klagt Júnior Hekurari Yanomami, der Präsident des Bezirksrats für indigene Gesundheit der Yanomami und Yak‘wana (Condisi-YY), "Wir haben Angst vor noch mehr Toten". Noch immer ist er auf der Suche nach den 25 Personen. Aufgrund der Regenfälle der letzten Tage wurde sie erheblich erschwert. Anthropolog:innen gehen indes davon aus, dass die Gruppe weitergezogen ist. Das Verbrennen des Dorfes nach dem Tod eines geliebten Angehörigen sei ein übliches Ritual der Yanomami.

Das spurlose Verschwinden der Gruppe ist jedoch für Hekurari ein Grund zur Besorgnis. Immer wieder kommt es von Seiten der illegalen Arbeiter zu Bedrohungen oder Angriffen gegen indigene Gemeinden. Im aktuellen Fall gaben Indigene aus dem Nachbardorf an, die Arbeiter hätten gedroht, die ganze Gruppe zu töten, wenn sie über die Vorfälle reden würde, und es seien fünf Gramm Gold als "Schweigegeld" übergeben worden.

Mit der Kampagne "Cadê os Yanomami" (Wo sind die Yanomami?) versuchen Unterstützer:innen aktuell auf den sozialen Medien auf den Fall aufmerksam zu machen. 

Die Gewalt gegen junge indigene Mädchen und Frauen ist in den vergangenen Jahren enorm angestiegen. "Indigene Frauen werden massakriert, ohne dass die Gesellschaft und der Staat wirksame Maßnahmen ergreifen, um das Zeitalter der Menschenrechte für alle zu erreichen", mahnt die Juristin des Obersten Bundesgerichtshofs, Cármen Lúcia. Sie fordert eine strikte Bestrafung für Täter, solche "Perversitäten" sollten nicht "normale Tatsachen des Lebens" sein.

Auch der zuletzt erschiene Bericht "Yanomami Sob Ataque" vom Verband Hutukara bestätigt, dass die Anwesenheit von illegalen Arbeiter:innen in den indigenen Gebieten Hunger, Gewalt und Krankheiten mit sich bringt.

Laut dem Bericht hat sich der illegale Bergbau in der Region in den Jahren 2016 bis 2021 um 3.350 Prozent erhöht. Indigene beklagen, dass dies zu einem Anstieg von Malaria-Fällen und Lebensmittelknappheit führe. Besonders die Verschmutzung der Umwelt mit Quecksilber bereitet ihnen Probleme: Sie nehmen das Nervengift durch ihre Nahrung auf, was dazu führt, dass immer mehr Personen unter Quecksilbervergiftungen leiden.

Auch die sexuelle Gewalt gegenüber indigenen Mädchen und Frauen ist dokumentiert. So häufen sich die Berichte, dass Mädchen und Frauen alkoholisiert oder unter Drogen gesetzt und anschließend vergewaltigt werden. Vermehrt kommt es auch zur Übertragung von sexuellen Krankheiten.

Allein vergangenes Jahr sind 100 Yanomami nachweislich an den Folgen von illegalem Bergbau gestorben.