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Bolivien gründet staatliches Unternehmen zur Verarbeitung der Kokapflanze

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Ein indigener Bauer in Bolivien hält ein Koka-Blatt in der Hand
Ein indigener Bauer in Bolivien hält ein Koka-Blatt in der Hand

La Paz. Die bolivianische Regierung hat die Gründung eines Unternehmens für die industrielle Verarbeitung von Kokablättern und anderen Heilpflanzen zu Produkten wie Tee oder Zahnpasta angekündigt.

Das Unternehmen Kokabol, mit geplantem Sitz in Sacaba in der Nähe von Cochabamba, wird über ein staatliches Budget in Höhe von fast neun Millionen Euro verfügen. Der Schritt wird als Versuch der Regierungspartei Movimiento al Socialismo (MAS) gesehen, ihren Plan zur nationalen Industrialisierung voranzutreiben und der internationalen Dämonisierung der Kokapflanze entgegenzuwirken.

Staatspräsident Luis Arce erklärte via Twitter, Ziel sei, eine auf Koka basierende chemische Grundstoffindustrie zu entwickeln. Außerdem betonte er die Aufgabe der "Erforschung und produktiven technologischen Entwicklung des Kokablattes und anderer Heilpflanzen im Hinblick auf die Möglichkeit ihrer Industrialisierung im Rahmen der Politik der Importsubstitution."

Bolivien verfügt nach Kolumbien und Peru über die drittgrößten Koka-Anbaugebiete der Welt. Seit Beginn der MAS-Regierung unter Ex-Präsident Evo Morales, der früher selbst Kokabauer war, wurden die Quoten für den legalen Anbau der Pflanze erhöht. Diese wurden vom aktuellen Präsidenten Arce beibehalten, aber alles, was über die vereinbarten Mengen hinaus angebaut wird, wird vernichtet.

Während der Corona-Pandemie und der Putsch-Regierung von De-facto-Präsidentin Jeanine Áñez wurde in Bolivien die Zerstörung von Kokapflanzen reduziert und teilweise ausgesetzt. Laut Thierry Rostan, Vertreter des UN-Büros für Drogen- und Verbrechensbekämpfung in Bolivien, gab es 2020 "einen signifikanten Anstieg der Ernten, weil es fast keine Ernteausrottung gab". Mittlerweile hat die Anti-Drogen-Polizei in den gewohnten Anbaugebieten Los Yungas und El Chapare die Zerstörung von Kokapflanzen wiederaufgenommen.

Der Schutz der Kokapflanze wurde aufgrund ihrer kulturellen und sozialen Bedeutung für Bolivien in der Verfassung des Landes von 2009 verankert. International wird die Kokapflanze wegen ihrer möglichen Weiterverarbeitung zu Kokain als Betäubungsmittel eingestuft. Doch in Bolivien werden Kokablätter nicht nur häufig in traditionellen Zeremonien verwendet, sondern auch täglich als Tee getrunken oder gegen Höhenkrankheit oder Müdigkeit gekaut.

Neben dem Kampf um die Anerkennung der Pflanze ist das Hauptziel von Kokabol, die Wertschöpfung im Land zu erhöhen. Zum einen durch die Herstellung von Produkten für den heimischen Verbrauch, aber auch durch die Erforschung der medizinischen Verwendung, die das Kokablatt exportfähig machen soll.