Bolivien beschlagnahmt 620 Tonnen gentechnisch veränderter Lebensmittel

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In einem Lagerhaus waren die 620 Tonnen Gen-Mais und -Soja in weißen Jutesäcken gelagert
In einem Lagerhaus waren die 620 Tonnen Gen-Mais und -Soja in weißen Jutesäcken gelagert

Santa Cruz. Die Nationale Zollbehörde Boliviens (AN) hat vergangene Woche bei einer großen Razzia 620 Tonnen transgene Sojabohnen und Mais im Wert von sechs Millionen Bolivianos (circa 869.098 US-Dollar) in Saatgut- und Getreidelagerhäusern in der Gemeinde Cotoca im Departamento Santa Cruz beschlagnahmt. Die Behörden gingen einem anonymem Hinweis nach.

Rund 200 Mitarbeitende der Zollbehörden beschlagnahmten nach Ermittlungen und Aufklärungsarbeit die illegale Ware in einer 24-stündigen Aktion in Zusammenarbeit mit der Generalstaatsanwaltschaft und dem Nationalen Institut für Landwirtschaftliche Innovation und Forstwirtschaft (INIAF).

Nach Angaben des regionalen Zollleiters in Santa Cruz, José Luis Mollinedo, wurden bei der Durchsuchung von Lagerhallen in der Region gentechnisch veränderte Samen und Körner gefunden, die in Bolivien nicht (mehr) zugelassen sind, da sie die Gesundheit der Bevölkerung schädigten; darunter eine Sorte, die in Bolivien nicht registriert ist.

In dem Lagerhaus, in dem die 620 Tonnen geschmuggelten Sojas und Mais in weißen Jutesäcken (sogenannten "bolsas blancas", das heißt ohne Etikett) gelagert wurden, sind der AD zufolge außerdem Silos mit noch mehr illegaler Ware entdeckt worden. Die strafrechtliche Untersuchung erfolgt hinsichtlich der Straftatbestände des Schmuggels und des schweren Ausfuhrschmuggels aufgrund des Obersten Erlasses DS 4490.

Bereits im April 2021 hatte der amtierende Staatspräsident Luis Arce die Aufhebung des 2020 von De-facto-Präsidentin Jeanine Áñez erlassenen Obersten Dekrets Nr. 4232 angeordnet, das die Zulassungsverfahren für gentechnisch veränderte Kulturen wie Mais, Zuckerrohr, Baumwolle, Weizen und Sojabohnen und ihren Anbau stark beschleunigt hatte (amerika21 berichtete).

Die Regierung von Präsident Evo Morales und der Partei Bewegung zum Sozialismus (MAS) hatte 2011 mit dem "Gesetz 144 zur Gewährleistung der Ernährungssicherheit" trotz starker bäuerlicher und zivilgesellschaftlicher Proteste den Einsatz gentechnisch veränderter Pflanzen im Land teilweise legalisiert. Es ließ nur den Anbau genveränderten Sojas zu und verbot zwar die Produktion anderer gentechnisch veränderter Kulturen, erlaubte aber deren Import.

Die nunmehr verfügten Verbote und Beschlagnahmungen sind ein Schritt hin zu mehr Schutz der biologischen Vielfalt des megadiversen Landes. Die Agrarindustrie im östlichen Tiefland von Santa Cruz bleibt jedoch eine einflussreiche, Gentechnik-freundliche Lobby gegen die Politik der MAS-Regierung, so dass der illegale Schmuggel von transgenem Saatgut und Pestiziden sowie der großflächige Anbau gentechnisch veränderter Kulturen schwer in den Griff zu bekommen ist.

Das INIAF hat zwar technische und agronomische Normen über unterschiedliche Aussaattermine und Abstandsgebote verabschiedet, um die Einkreuzung von genverändertem Saatgut durch Fremdbestäubung beispielsweise in konventionelle Maiskulturen zu vermeiden. In der Realität auf den Äckern, in den Lagern und Handelsketten bestehen jedoch vielfältige Anlässe zur Kontamination.