Argentinien: Internationale Solidarität mit Cristina Kirchner

Progressive Politiker weltweit kritisieren Vorgehen der Staatsanwaltschaft als "Lawfare". Der Vizepräsidentin drohen zwölf Jahre Haft und Verlust der Amtsfähigkeit

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Solidaritätsgrafik der mexikanischen Regierungspartei Morena
Solidaritätsgrafik der mexikanischen Regierungspartei Morena

Buenos Aires. Zahlreiche bekannte Persönlichkeiten aus Argentinien, Lateinamerika und Europa haben sich nach der Strafforderung der Bundesstaatsanwaltschaft vom Montag mit der argentinischen Vizepräsidentin Cristina Kirchner solidarisiert und gegen die politische Manipulation der Justiz protestiert.

Die Justizbehörde behauptet, Kirchner sei der Kopf einer illegalen Vereinigung gewesen, die für die Kanalisierung von öffentlichen Aufträgen an befreundete Unternehmer zuständig war (amerika21 berichtete).

Argentiniens Präsident Alberto Fernandez, die Abgeordneten der peronistischen Regierungskoalition Frente de Todos, über 500 Gouverneure und Bürgermeister, die Führung der größten Gewerkschaften, Persönlichkeiten aus Kultur und Sport, und über 2.000 Forscher und Professoren des Conicet (Staatliches Forschungsinstitut) und der Universität Buenos Aires – darunter die Führung der Fakultät für Philosophie – drückten ihr ihren Beistand aus.

Aber nicht nur aus dem eigenen Lager, sondern auch aus den traditionell mit den Peronisten zerstrittenen linken Parteien kam Kritik an der Staatsanwaltschaft und Unterstützung für die Expräsidentin.

International meldeten sich die Staatsoberhäupter Andrés Manuel López Obrador (Mexiko), Luis Arce (Bolivien), Xiomara Castro (Honduras), Miguel Díaz-Canel (Kuba), und Nicolás Maduro (Venezuela), die Ex-Präsidenten Ernesto Samper (Kolumbien) und Evo Morales (Bolivien) und die frühere brasilianische Präsidentin Dilma Roussef, Boliviens Expräsident Evo Morales sowie die in der Puebla-Gruppe versammelten progressiven Politiker Lateinamerikas mit Solidaritätsbekundungen für Kirchner und Kritik an der juristischen Kriegsführung (Lawfare) zu Wort. Aus Spanien kam Zustimmung für Kirchner von Pablo Iglesias und Ione Belarra von Podemos, aus Frankreich von Jean-Luc Mélenchon von der Bewegung La France insoumis.

Der Fall wird verglichen mit den politisch motivierten Verfahren, mit denen gegen Brasiliens Ex-Präsidenten Lula da Silva und später auch gegen seien Amtsnachfolgerin Dilma Roussef, oder Ecuadors früheren Staatschef Rafael Correa und Vizepräsident Jorge Glas mit arrangierten Prozessen vorgegangen wurde, um sie aus dem politischen Spiel zu werfen. Lula war sogar längere Zeit in Haft und ihm wurde die Teilnahme an der Wahl untersagt ‒ bis sich herausstellte, dass die Anschuldigungen gegen ihn konstruiert waren und es illegale Absprachen zwischen Staatsanwaltschaft und Richter gab. Alle Urteile gegen ihn mussten aufgehoben werden (amerika21 berichtete).

Der aktuelle Prozess war von Anfang an von schweren Unregelmäßigkeiten gekennzeichnet. Die Staatsanwaltschaft ging ohne die Gutachten, die ihre Beschuldigungen belegen könnten, in den Prozess. Es kam heraus, dass einer der Hauptzeugen manipuliert wurde und trotzdem durfte er – ohne vereidigt zu werden – aussagen. Die überwiegende Anzahl der Zeugen, auch die der Kläger, bestritten die Vorwürfe und als die Gutachten endlich erstellt wurden, behandelten sie nur fünf von 51 Aufträgen, konnten aber keine illegalen Machenschaften feststellen.

Trotz dieses dürftigen Panoramas forderten die Bundesstaatsanwälte Diego Luciani und Sergio Mola, die an neun Prozesstagen ihr Schlussplädoyer vortrugen, am Ende zwölf Jahre Haft und das Verbot zur Bekleidung öffentlicher Ämter und der Wählbarkeit.

In einem weiteren Regelbruch führten Sie während des Plädoyers Zeugen aus anderen Prozessen an sowie vermeintliche neue Beweise, die der Verteidigung nicht vorgelegen hatten. Zudem kamen in diesen Tagen weitere unzulässige Beziehungen zwischen Staatsanwälten und Richtern sowie zwischen ihnen und Mitgliedern der Regierung von Ex-Präsident Mauricio Macri zu Tage, die den Prozess angeschoben hatte. Die gestellten Befangenheitsanträge wurden kurzerhand abgeschmettert.

Cristina Kirchner verlangte, zu den neuen Beweisen aussagen zu dürfen ‒ laut Prozessordnung ihr Recht. Da die Richter dies nicht zuließen, nahm sie in einem anderthalbstündigen Vortrag über Soziale Medien und Fernsehen die neuen Beweise auseinander und brachte dabei Erkenntnisse über Versäumnisse der Kläger zu Tage, die von der Staatsanwaltschaft wohl nicht intendiert waren. Sie beschuldigte erneut die Staatsanwälte und Richter, politisch motiviert zu sein.

In Buenos Aires und in vielen anderen Städten fanden Solidaritätskundgebungen statt, eine große Demonstration gegen den Lawfare ist in Planung.