Regierung in Uruguay soll ILO-Konvention zum Schutz indigener Rechte unterzeichnen

Gewerkschaftsverband unterstützt den Kampf der indigenen Charrúa-Gemeinschaft. Konvention 169 wichtiges Instrument gegen Rassismus

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Angehörige der Charrúa-Gemeinschaft bekommen jetzt Unterstützung der PIT-CNT
Angehörige der Charrúa-Gemeinschaft bekommen jetzt Unterstützung der PIT-CNT

Montevideo. Uruguay ist eines der wenigen südamerikanischen Länder, die die Konvention 169 der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) über indigene Völker aus dem Jahr 1989 nicht unterzeichnet haben. Das möchte der Gewerkschaftsverband (PIT-CNT) ändern und unterstützt damit den langjährigen Kampf der indigenen Charrúa-Nation von Uruguay. In der vergangenen Woche nahm der Vorstand der PIT-CNT einstimmig einen Antrag auf Ratifizierung des Abkommens durch die Regierung an.

Das Übereinkommen wurde bislang von 24 Staaten, vor allem in Lateinamerika, ratifiziert. Neben Uruguay hat in der Region nur Surinam das Abkommen bisher auch nicht unterzeichnet.

Die ILO-Konvention 169 über indigene Völker aus dem Jahre 1989 ist das einzige rechtlich bindende internationale Vertragswerk, das einen umfassenden Schutz indigener Rechte garantiert. Dabei handelt es sich um zwei Grundsätze: Landrechte indigener Gemeinschaften werden anerkannt und geschützt. Zudem werden UN-Mindeststandards dafür aufgestellt, wie indigene Gemeinschaften bei Projekten, die Folgen für ihre Gebiete oder Lebensgrundlagen haben könnten, konsultiert werden müssen und mitentscheiden können.

Beide Grundsätze bilden den Rahmen für die Bestimmungen der Konvention, mit deren Ratifizierung sich die Länder verpflichten, ihre nationalen Rechtsvorschriften zu überprüfen, um entsprechende Maßnahmen im Einklang mit dem Übereinkommen zu entwickeln.

Auf Antrag des Abgeordneten Felipe Carballo (Frente Amplio) berät der Ausschuss für Arbeitsgesetzgebung und soziale Sicherheit der Abgeordnetenkammer über einen Antrag an die Regierung für einen Gesetzesentwurf zur Annahme der ILO-Konvention.

Dazu empfing der Ausschuss am 7. September eine Delegation des Gewerkschaftsverbands. Fernanda Aguirre, Sekretärin für Menschenrechte beim PIT-CNT sagte, es sei "eine internationale Schande", dass der uruguayische Staat die Konvention 169 noch immer nicht ratifiziert hat. Das Argument, dies nicht zu tun, sei bisher "die Leugnung gewesen, dass es in Uruguay Nachfahren von Ureinwohnern gibt". Für Aguirre würde die Ratifizierung der Konvention "einen Teil des entstandenen Schadens beheben".

Für Mónica Michelena, Vertreterin des Rates der indigenen Charrúa-Nation von Uruguay (Conacha), ist die Konvention 169 "ein wichtiges Instrument im Kampf gegen den Rassismus gegenüber indigenen Völkern". Denn diese werde in dem Mercosur-Land nach wie vor stark diskriminiert und sei größtenteils in prekärsten Branchen beschäftigt. Conacha setzt sich nach eigenen eigenen Angaben derzeit aus zehn indigenen Organisationen aus verschiedenen Landesteilen zusammen.

"Warum sollte der uruguayische Staat das Übereinkommen 169 ratifizieren? Es gibt einem Teil der Bevölkerung die Menschenrechte zurück, die ihm aus historischen Gründen vorenthalten wurden, was zu sozialen und wirtschaftlichen Ungleichheiten geführt hat", so Michelena in der Sitzung des Ausschusses.

Für die aktuelle mitte-rechts Regierung unter Präsident Luis Lacalle Pou ist das Thema eine heikle Diskussion, die seit langem geführt wird und bei der es keine Einstimmigkeit gibt. Die Abgeordnete und Vorsitzende der Arbeitskommission, María Eugenia Roselló (Partido Colorado), erklärte, dass sich bisher kein Mitglied der Regierungskoalition "für oder gegen" die Ratifizierung des Übereinkommens ausgesprochen habe.

Gabriel Otero, Abgeordneter der Frente Amplio und Mitglied des Ausschusses, bezeichnete die Ratifizierung als "wichtig", da sie "die Geschichte, wie sie war, bestätigt". Eine Annahme des Abkommens bedeute für den uruguayischen Staat keine Verpflichtung zur Rückgabe von Land, sondern vielmehr "eine Anerkennung" der indigenen Völker.

Das Abkommen spielt auch eine Schlüsselrolle beim weltweiten Wald- und Biodiversitätsschutz, indem es lokalen indigenen Bevölkerungen die Kontrolle über ihr Land zurückgibt und sichert, die sich seit Generationen darum gekümmert haben. Vor allem in Lateinamerika. Laut einem aktuellen Bericht der UN-Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation und des Fonds für die Entwicklung indigener Völker Lateinamerikas und der Karibik wird Land, das von Indigenen geschützt wird, in den letzten Jahren etwa halb so viel entwaldet wie Land, das von anderen Gruppen geschützt wird.

Deutschland hat das ILO-Abkommen erst 2021 als sechstes Land der Europäischen Union nach einem Beschluss durch den Bundestag ratifiziert. 2022 trat die Ratifikation in Kraft.

2012 hatten die Regierungskoalition aus CDU/CSU und FDP die Ratifizierung unter Verweis auf mögliche Haftungs- und Prozessrisiken für deutsche Unternehmen abgelehnt.