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Präsident von Kolumbien: "USA treiben alle Volkswirtschaften der Welt in den Ruin"

Scharfe Kritik Petros an der Geldpolitik der USA. Treffen mit US-Außenminister und CIA-Chef wegen Änderung der Drogenpolitik

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Petro in Turbo, Urabá, zum Auftakt der Regierungsinitiative "Verbindlicher regionaler Dialog"
Petro in Turbo, Urabá, zum Auftakt der Regierungsinitiative "Verbindlicher regionaler Dialog"

Turbo/Bogotá. In seiner Eröffnungsrede des "Verbindlichen regionalen Dialogs" in der Region Urabá hat Kolumbiens Präsident Gustavo Petro die US-Geldpolitik kritisiert. Es ging konkret um die Erhöhung des Leitzinses durch die US-Zentralbank. Zudem rief er die lateinamerikanischen Regierungen dazu auf, eine gemeinsame Agenda zur Bewältigung der "drohenden globalen Krise" zu erarbeiten.

"Die USA sind dabei, alle Volkswirtschaften der Welt zu ruinieren", sagte Petro in der Hafenstadt Turbo. Der hohe Leitzins, den die US-Zentralbank zugunsten der eigenen Wirtschaft festlegte, zöge das Kapital der lateinamerikanischen Länder in die USA ab. Auf diese Art würden deren Volkswirtschaften "ausgehöhlt". Die US-Dollars, "die in Kolumbien produziert wurden", seien dabei, das Land in Massen zu verlassen, klagte der Präsident. Dazu gehörten die Dollars aus der Erdöl- und Kohleförderung. Diese seien jedoch "öffentliches Eigentum der Nation", betonte er.

"Lateinamerika wird ausgeplündert. Unsere Währungen fallen alle, nicht nur der kolumbianische Peso", so Petro. "Alles ist für uns teurer geworden". Andere Währungen, einschließlich des Euro, seien von demselben Trend betroffen, merkte der linke Regierungschef an. Die USA würden Entscheidungen treffen, "um sich selbst zu schützen, manchmal ohne darüber nachzudenken, was die Folgen ihres Handelns sein werden.".

Laut dem Regierungsoberhaupt kann die Politik der USA aufgrund der Größe ihrer Wirtschaft "die lateinamerikanischen Volkswirtschaften zerstören, aber sie kann ihnen auch helfen. Wir glauben, dass es an der Zeit ist, Südamerika, Lateinamerika und der Karibik als Ganzes zu helfen."

"Wie könnten die USA die wirtschaftliche Stagnation kompensieren, die durch ihre interne Geldpolitik verursacht wird, die die Zinssätze in die Höhe treibt und der Welt das Kapital entzieht?", fragte Petro später in einem Tweet. Er schlug vor, dass die USA sich im Internationalen Währungsfonds (IWF) für die Senkung der Auslandsschulden der Länder einsetzen, die in eine dekarbonisierte Wirtschaft investieren.

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In seiner Rede übte der Präsident scharfe Kritik an der US-Geldpolitik und dem "Krieg gegen Drogen"
In seiner Rede übte der Präsident scharfe Kritik an der US-Geldpolitik und dem "Krieg gegen Drogen"

Der Staatschef betonte, dass die Kooperation mit den Ländern Lateinamerikas die Priorität der Außenpolitik seiner Regierung ist: "Es ist an der Zeit, dass die Länder Lateinamerikas angesichts der globalen Krise zusammenkommen und ihre eigene Agenda entwickeln. Ich rufe alle Regierungen Lateinamerikas, ob rechts, links oder in der politischen Mitte, auf, eine gemeinsame Agenda aufzustellen, um Lateinamerika vor der kommenden globalen Krise zu schützen".

Petro sprach wieder über eine notwendige Wende in der US-Drogenpolitik. Das Thema hatte er unter anderem in seiner Rede vor der UN-Vollversammlung im September angesprochen. In Urabá betonte er, es mache zum Beispiel keinen Sinn, die jungen Leute, die auf dem Seeweg Drogen schmuggeln, in die USA auszuliefern, sondern sie sollten stattdessen Zugang zu einer Universität haben. "Sie sollten in ihrem eigenen Land Chancen haben, das macht Sinn".

Ebenso würde weniger Kokain in die USA exportiert und der Exodus von Menschen, "die vor Armut, Durst und Elend" in die USA fliehen, abnehmen, wenn die Felder Kolumbiens Nahrungsmittel produzieren könnten. Dafür müsse die Kleinbauernschaft genügend fruchtbares Land erhalten.

Über das Thema hatte sich Petro bereits Anfang Oktober bei einem Besuch des US-Außenministers Antony Blinken ausgetauscht. Dabei forderte Petro die USA auf, das "Proletariat des Drogenhandels" nicht mehr zu kriminalisieren. Mittellose müssten nur wegen ihrer prekären Situation in den Dienst des Drogenhandels gehen. Es sei hingegen wichtig, dass sich die Geheimdienste beider Länder auf die Leute fokussierten, die das "Kapital des Drogenhandels" besitzen.

Blinken erklärte die Unterstützung der USA für "den ganzheitlichen Ansatz" der Petro-Regierung: "Wir stimmen darin überein", sagte der US-Chefdiplomat.

Weniger als drei Wochen später besuchte der Leiter des US-Auslandsgeheimdienstes CIA, Joseph Burns, Kolumbien. Hauptthema des Treffens war die Stärkung der geheimdienstlichen Zusammenarbeit. Petro und Burns sprachen dabei auch über die Drogenbekämpfung.

"Vor ein paar Jahrzehnten wären wir vielleicht Feinde gewesen, heute schenke ich ihm eine Hängematte und eine Tüte Panela [kolumbianische Zuckerrohrspezialität]" twitterte Petro zu einem Foto des Treffens.