COP27: Lula da Silva stellt Klimaagenda für Brasilien und den Amazonas vor

Lula kündigt Führungsrolle Brasiliens beim globalen Klimaschutz an und verspricht, den reichen Ländern Druck zu machen, ihre Zusagen einzuhalten

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Lula: "Die Ungleichheit zwischen Arm und Reich zeigt sich auch bei den Bemühungen um die Eindämmung des Klimawandels."
Lula: "Die Ungleichheit zwischen Arm und Reich zeigt sich auch bei den Bemühungen um die Eindämmung des Klimawandels."

Sharm el-Sheikh. Während die Ergebnisse der Verhandlungen auf dem 27. UN-Klimakonferenz (COP27) in Ägypten hinter den Erwartungen zurückbleiben, hat sich dennoch etwas ereignet, das vielen Hoffnung für den globalen Klimaschutz macht: Die Teilnahme von Brasiliens ehemaligem und neu gewähltem Präsidenten Luiz Inacio Lula da Silva. Obwohl noch nicht offiziell im Amt, wurde er wie kaum ein anderer der internationalen Politiker auf der Konferenz begrüßt.

Er stahl damit der offiziellen Delegation Brasiliens unter Leitung von Umweltminister Joaquim Leite, der wenig Beachtung von den Delegierten geschenkt wurde, die Show. Begleitet wurde der designierte Präsident unter anderem von seiner früheren Umweltministerin Marina Silva und Umweltberaterin Izabella Teixeira (Umweltministerin 2010 - 2016).

In seiner viel erwarteten Rede kündigte er an, dass Brasilien im Kampf gegen den Klimawandel und für den Regenwaldschutz wieder eine Führungsmacht werden soll, wofür er lautstarken Beifall von den internationalen Delegierten erntete. "Lula, Lula, Lula", schallte es aus allen Ecken.

"Ich möchte Ihnen allen sagen, dass Brasilien zurück ist. Brasilien ist zurück, um seine Beziehungen zur Welt wieder aufzunehmen und den Hunger in der Welt wieder zu bekämpfen. Um wieder mit den ärmsten Ländern, vor allem Afrika, zusammenzuarbeiten, um mit Technologietransfers eine bessere Zukunft für unsere Völker aufzubauen." Der Klimaschutz sei untrennbar mit dem Kampf gegen Hunger und Armut verbunden. Man müsse die Natur als Verbündeten und nicht als Feind begreifen, erklärte er.

Viele Regierungen, darunter Deutschland, die USA oder Frankreich, und auch Nichtregierungsorganisationen begrüßten fast schon euphorisch Lulas Ankündigungen. "Im Grunde ist die brasilianische Außenpolitik heute wie neu geboren", kommentierte etwa Claudio Angelo von der Klimabeobachtungsstelle.

Brasilien wird 2024 den Vorsitz der G20, der Gruppe der Industrie- und Schwellenländer, übernehmen. Die Klimaagenda wird eine der wichtigsten Prioritäten sein, kündigte Lula in seiner Rede an und versprach, dass er den reichen Ländern Druck machen werde, ihre Zusagen einzuhalten.

Der Politiker will erreichen, dass sie jährlich 100 Milliarden US-Dollar zur Verfügung stellen, damit Länder wie Brasilien ihre Entwaldung reduzieren und sich an den Klimawandel anpassen können. "Ich möchte Sie daran erinnern, dass die reichen Länder auf dem COP15-Gipfel in Kopenhagen versprochen haben, pro Jahr 100 Milliarden US-Dollar aufzubringen, um den weniger entwickelten Ländern bei der Bewältigung des Klimawandels zu helfen. Dies ist, wie jeder weiß, nicht geschehen“, sagte er.

"Das führt uns zu einem weiteren wichtigen Thema dieser COP. Wir brauchen finanzielle Mechanismen, um die durch den Klimawandel verursachten Verluste und Schäden zu beheben. Wir können diese Debatte nicht aufschieben. Es ist an der Zeit, zu handeln", betonte Lula.

Neben dem G20-Treffen in Brasilien stellte der Links-Politiker zwei weitere Gipfel in Aussicht: So werde er UN-Generalsekretär Antonio Gutierrez vorschlagen, dass Brasilien 2025 die 30. Weltklimakonferenz im Amazonasgebiet austragen darf. Zweitens will er ein Treffen der Amazonasländer organisieren, um enger bei der nachhaltigen Entwicklung im Amazonasgebiet zusammenzuarbeiten.

Neben den Nachbarländern will Lulas Regierung beim Amazonasschutz auch wieder enger mit Norwegen und Deutschland kooperieren. In Sharm el-Sheikh führte er dazu Gespräche mit Ministern beider Regierungen, die den Amazonienfonds mit neuen Finanzmitteln ausstatten wollen, nachdem dieser 2019 von Jair Bolsonaros Regierung deaktiviert wurde. Der Fonds ist ein wichtiges Finanzierungsinstrument zur Reduzierung der Entwaldung und Förderung einer nachhaltigen Waldnutzung. Norwegen leistete bisher mit 1,2 Milliarden US-Dollar den größten Teil, Deutschland etwa 68 Millionen US-Dollar.

Zudem werde seine Regierung die Süd-Süd-Kooperation zum Schutz der größten Regenwälder stärken, kündigte Lula an. Am Rande des G20-Gipfels in Bali in der vergangenen Woche, schlossen die drei größten Regenwaldnationen der Welt ‒ Brasilien, Indonesien und die Demokratische Republik Kongo ‒ dafür im Rahmen der COP27 eine trilaterale Allianz zur Zusammenarbeit beim Regenwaldschutz.

Ziel werde unter anderem sein, "einen neuen nachhaltigen Finanzierungsmechanismus" auszuhandeln, um die Entwicklungsländer bei der Erhaltung ihrer biologischen Vielfalt zu unterstützen. Auch sollen Mittel für das REDD+-Programm der Vereinten Nationen zur Reduzierung der Entwaldung und nachhaltigen Waldnutzung aufgestockt werden.

Auf die drei Länder entfallen 52 Prozent des weltweiten tropischen Regenwaldes und 64 Prozent der in den vergangenen zwei Jahrzehnten verlorenen Tropenwaldflächen. Wobei Brasilien laut dem Global Forest Report des World Resources Institute die Liste mit mehr als 27 Millionen Hektar zerstörter Fläche anführt.

Im Gegensatz zu seinem Vorgänger Bolsonaro will Lula beim Umwelt- und Klimaschutz zivilgesellschaftliche Organisationen und die indigene Bevölkerung stärker einbeziehen. Unter anderem plant er, ein entsprechendes Ministerium für indigene Völker einzurichten, sagt der designierte Präsident im Rahmen des Internationalen Forums der indigenen Völker zum Klimawandel.