Nach Lizenz für Chevron: Präsident von Venezuela fordert Aufhebung aller US-Sanktionen

Maduro bezeichnet Sanktionen als "Kolonialismus des 21. Jahrhunderts". Lizenz für Chevron sei ein Schritt in die richtige Richtung, aber unzureichend

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Präsident Maduro zeigt bei der Pressekonferenz am Mittwoch das mit der Hardliner-Opposition unterzeichnete Abkommen
Präsident Maduro zeigt bei der Pressekonferenz am Mittwoch das mit der Hardliner-Opposition unterzeichnete Abkommen

Caracas. Venezuelas Präsident Nicolás Maduro hat die Chevron-Lizenz für die Wiederaufnahme des Ölgeschäfts als "Schritt in die richtige Richtung" begrüßt. Zugleich forderte er Washington auf, die Sanktionen vollständig aufzuheben.

"Die Lizenzen, die öffentlichen und die nicht-öffentlichen, die die US-Regierung Chevron erteilt hat, sind ein Schritt in die richtige Richtung, auch wenn sie nicht ausreichend sind für das, was Venezuela fordert, nämlich die vollständige Aufhebung aller kriminellen Sanktionen gegen die Ölindustrie", sagte Maduro am Mittwoch auf einer Pressekonferenz.

Er verwies darauf, dass die gesamte venezolanische Wirtschaft, einschließlich des Ölsektors und des Bankensystems, weiterhin "illegal" Sanktionen unterworfen ist, die das Recht des Landes auf freien Handel und Produktion verletzen. "Dies ist Kolonialismus des 21. Jahrhunderts", erklärte er.

Die Aufhebung der Strafmaßnahmen würde zu einer beschleunigten und vollständigen Erholung der Wirtschaft führen, und dies hätte direkte soziale Auswirkungen, etwa auf Gehälter, betonte das Staatsoberhaupt.

Dennoch begrüßte Maduro, dass die staatliche Ölgesellschaft PDVSA neue Verträge mit dem US-Konzern Chevron unterzeichnet. Das sei sehr positiv "für Venezuela, Chevron und sogar für die Welt", sagte er und erinnerte daran, dass das Karibikland über die größten nachgewiesenen Ölreserven der Welt verfügt.

Am 26. November erteilte das US-Finanzministerium eine sechsmonatige Lizenz, die Chevron die Wiederaufnahme begrenzter Fördertätigkeiten in Venezuela sowie Exporte an US-Raffinerien gestattet. Zwar verbietet die Lizenz Chevron, Steuern oder Lizenzgebühren an die venezolanische Regierung zu zahlen, jedoch sagen einige Analysten, dass dies mehr ein "Rauchvorhang" sei, denn die Joint Ventures, an denen Chevron Minderheitsbeteiligungen hält, müssten diese Leistungen bezahlen.

Die Regierung Maduro hat noch nie einfach nachgegeben, um Forderungen der USA zu erfüllen. Im August setzte Caracas etwa die Öllieferungen nach Europa aus, nachdem es entschieden hatte, dass die Öl-gegen-Schulden-Tauschgeschäfte mit der italienischen Eni und der spanischen Repsol nicht reziprok genug waren. Später wurden die Lieferungen wieder aufgenommen, aber diese Unternehmen erhalten verdünntes Rohöl, eine minderwertige Mischung. Das US-Finanzministerium hatte Eni und Repsol im Mai begrenzte Lizenzen für die Durchführung von Öl-gegen-Schulden-Tauschgeschäften mit Caracas erteilt.

Zum Wochenbeginn traf sich Venezuelas Ölminister Tareck El Aissami mit dem obersten Vertreter von Chevron in Venezuela, Javier La Rosa, um den rechtlichen Rahmen für die Wiederaufnahme der Bohrungen, des Transports und des Exports von Öl zu besprechen.

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Ölminister Tareck El Aissami mit dem Vertreter von Chevron in Venezuela, Javier La Rosa, am Freitag im Sitz von PDVSA in La Campiña, Caracas
Ölminister Tareck El Aissami mit dem Vertreter von Chevron in Venezuela, Javier La Rosa, am Freitag im Sitz von PDVSA in La Campiña, Caracas

Am gestrigen Freitag teilte El Aissami mit, PDVSA und Chevron hätten nun "wichtige Verträge" unterzeichnet, deren Ziel darin bestehe, die Produktions- und Entwicklungsaktivitäten in diesem Energiesektor fortzusetzen. Dies geschehe, "im Rahmen unserer Verfassung und der venezolanischen Gesetze, die die Erdölaktivitäten im Land regeln". Details nannte er nicht. Laut Argus Media hat Chevron erklärt, man gehe davon aus, in einem Zeitraum von zwölf Monaten 200.000 Barrel pro Tag zu fördern. Derzeit produzieren die vier Joint Ventures mit PDVSA rund 20.000 Barrel. Einige Anlagen, wie PetroBoscán im westlichen Bundesstaat Zulia, arbeiten derzeit nicht. Im Jahr 2020 stellte Chevron den Betrieb ein, nachdem Washington 2019 ein Erdölembargo gegen Venezuela verhängt hatte.

Die Chevron-Lizenz folgte auf die Wiederaufnahme der Gespräche zwischen der venezolanischen Regierung und der von den USA unterstützten Hardliner-Opposition in Mexiko, die in der "Plataforma Unitaria" zusammengeschlossen ist.

Am 27.November einigten sich die Delegationen in Mexiko auf die Freigabe von rund drei Milliarden US-Dollar an venezolanischen Geldern, die von Washington und seinen europäischen Verbündeten in den letzten Jahren im Rahmen einer Kampagne des Regime Change beschlagnahmt worden waren.

Nach Angaben des Präsidenten der Nationalversammlung, Jorge Rodríguez, sind die Mittel bestimmt für die Instandsetzung von 2.300 Schulen, den Kauf von Impfstoffen für Kinder, Medikamenten für 60.000 Krebspatienten, HIV/AIDS-Behandlungen, die Wiederherstellung des Strahlentherapiesystems des Landes, elf Blutbanken, Krankenhäuser für Mütter sowie für den Ausbau des Stromnetzes um mehr als 450 Megawatt.

Rodríguez, der die Regierungsdelegation in Mexiko leitete, stellte klar, dass diese Gelder zwar von den Vereinten Nationen verwaltet werden, aber "die Vergabe der Mittel auf der Grundlage venezolanischer Gesetze erfolgt und die Ministerien für Gesundheit, Elektrizität, Inneres und Justiz dafür zuständig sein werden".

Auf der Pressekonferenz am Mittwoch sagte Präsident Maduro, dass die "geretteten Mittel" voraussichtlich schon ab Dezember fließen werden, um sofort in Sozialprogramme investiert zu werden und die Schäden zu lindern, die in den letzten Monaten durch Starkregenfälle im ganzen Land entstanden sind.

"Sie [die USA und ihre Verbündeten] haben uns zwischen 24 und 30 Milliarden Dollar von Bankkonten und in Vermögenswerten gestohlen", erklärte Maduro. Er verwies darauf, dass der Oppositionssektor, der am derzeitigen Dialogprozess in Mexiko beteiligt ist, der "Hauptanstifter" der US-Sanktionen und der Beschlagnahmung venezolanischer Ressourcen im Ausland ist.

Der Präsident fügte hinzu, dass eine Kommission eingerichtet wurde, um den Verbleib der übrigen blockierten Gelder zu ermitteln, und schlug vor, die aufgelaufenen, nicht gezahlten Dividenden der in den USA ansässigen venezolanischen PDVSA-Tochter Citgo zu verwenden. Diese steht seit 2019 unter der Kontrolle der Opposition, nachdem Washington Juan Guaidós Selbstproklamation als "Interimspräsident" anerkannt hatte.

"Citgo hat zwischen 2019 und 2022 Dividenden erwirtschaftet und hätte mindestens vier Milliarden Dollar einnehmen können. Das alles sollte für das venezolanische Volk sein und nicht unter dieser Gruppe von Blutsaugern verteilt werden", betonte der Präsident.

Nach der Zukunft der Mexiko-Gespräche befragt, sagte Maduro, dass jeder Fortschritt davon abhänge, ob die Opposition ihren Teil der Abmachung über die Freigabe der eingefrorenen drei Milliarden Dollar einhalte und Fortschritte bei der Aufhebung aller US-Sanktionen erzielt werden.

"In den kommenden Tagen werden wir den Dialog mit allen Oppositionsgruppen aufnehmen, mit denen wir in ständigem Kontakt stehen, und auch mit der Plataforma Unitaria, um bei der Ausweitung der Wahlgarantien voranzukommen. Wir wollen Wahlen, die frei von Sanktionen sind", bekräftigte Maduro.