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In aller Stille: EU bereitet Kursänderung in ihren Beziehungen zu Venezuela vor

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Der EU-Außenbeauftragte Borrell vor dem Treffen mit den Außenministern
Der EU-Außenbeauftragte Borrell vor dem Treffen mit den Außenministern

Brüssel/Caracas. Die Europäische Union (EU) hat große Veränderungen in der politischen Lage in Venezuela zur Kenntnis genommen und berät, wie sie sich darauf einstellen soll. Zu dem Wandel in den letzten Monaten gehören die Absetzung des "Interimspräsidenten" Juan Guaidó und die Wiederherstellung der Beziehungen zu Kolumbien und Brasilien.

Diese und weitere Faktoren bewegen die EU, eine Änderung ihrer Position gegenüber Caracas einzuleiten. Auf dem Treffen der EU-Außenminister am 23. Januar in Brüssel, das vorrangig den Krieg in der Ukraine auf der Tagesordnung hatte, soll das Thema informell einigen Raum eingenommen haben.

Darüber berichtete die digitale Tageszeitung Nueva Tribuna mit Sitz in Madrid. Diese berief sich auf einen "hochrangigen EU-Beamten", der im Vorfeld des Treffens Ausführungen des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell über seine Absicht angekündigt hatte, "die europäische Politik an die neue Realität in dem südamerikanischen Land anzupassen".

Die Analyse der europäischen Diplomatie weise demnach auf "bedeutende Veränderungen" in Venezuela hin, zu denen maßgeblich die Wiederaufnahme der Beziehungen zu Kolumbien und Brasilien nach dem Amtsantritt der Regierungen von Gustavo Petro und Luiz Inacio Lula da Silva gehören. "Das Regime von Nicolás Maduro ist weniger isoliert als noch vor einigen Jahren", zitierte die spanische Tageszeitung ihre Quelle.

Hinzu kämen die internen Veränderungen in der venezolanischen Opposition, die mit der Absetzung ihrer Führungsfigur Guaidó mit Blick auf die kommenden Präsidentschaftswahlen eine Reorganisierung starten will. Auch diplomatische Bewegungen der US-Regierung und die Entscheidungen Spaniens und Portugals, ihre Botschafter in Caracas wieder einzusetzen, nötigen der EU eine Reaktion auf.

Nach dem Außenminister-Treffen vom Montag liegen indes noch keine offiziellen Verlautbarungen vor.

2017 erließ die EU erließ die ersten Sanktionen gegen Venezuela und bezog Position für die Gegner der amtierenden Regierung. Ab 2019 anerkannte die EU den Oppositionspolitiker Guaidó für einige Zeit gar als den "legitimen Präsidenten" des Landes an.

Während einzelne ihrer Mitgliedsstaaten sich eng am US-Sanktionsregime orientierten, hat die EU Washingtons weitreichende Embargos, die Venezuelas Wirtschaft und Ölindustrie verwüstet haben, nicht kopiert. Viele europäische Firmen haben sich jedoch aus Angst vor sekundären Sanktionen Washingtons aus Venezuela zurückgezogen.

Nichtsdestotrotz wurden auch die EU-Sanktionen wie die der USA und anderer Länder von unabhängigen Analysten und UN-Organisationen als "kollektive Bestrafung" und "Menschenrechtsverletzungen" bezeichnet (amerika21 berichtete).

Erstmals anlässlich der Regional- und Kommunalwahlen in Venezuela im November 2021 ließ die EU erkennen, dass sie von der bis dahin ohne Kritik begleiteten US-Politik des Regime Change Abstand nehmen könnte. Eine Delegation zur Wahlbeobachtung lobte seinerzeit die Abkehr großer Teile der Opposition vom Wahlboykott sowie die ihrem Urteil nach "verbesserten Wahlbedingungen" im Land.