Mexiko: Nahua-Indigene blockieren Stahlunternehmen

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"Wir wollen sie lebend": Eine Protestkampagne fordert, dass Mexikos Behörden die Suche nach den beiden Aktivisten verstärkt
"Wir wollen sie lebend": Eine Protestkampagne fordert, dass Mexikos Behörden die Suche nach den beiden Aktivisten verstärkt

Aquila. Nahua-Indigene aus der Gemeinde Aquila im Bundesstaat Michoacán blockieren seit dem 21. Januar den Eingang zum Bergbau Las Encinas der Firma Ternium. Sie fordern, dass die mexikanischen Behörden die Suche nach den Menschenrechtsaktivisten Ricardo Lagunes und Antonio Díaz intensivieren. Nach Auffassung von Angehörigen und Gemeindevertretern sei das lateinamerikanische Unternehmen mit Zentrale in Luxemburg in deren Verschwinden verwickelt.

Der Menschenrechtsanwalt Ricardo Lagunes Gasca und der 71-jährige Antonio Díaz Valencia, Lehrer und Kandidat für den Vorstand der Gemeindeländereien von Aquila, fuhren am frühen Abend des 15. Januar nach einer Sitzung in Aquila in Richtung Colima. Bei der Zusammenkunft war unter anderem über die Nichteinhaltung von Vereinbarungen seitens Ternium diskutiert worden. Ihr Pick-up wurde in Cerro de Ortega in der Gemeinde Tecomán im Bundesstaat Colima mit von Schüssen durchlöcherten Reifen aufgefunden, von ihnen fehlte jedoch jede Spur.

Drei Tage nach dem Verschwindenlassen der beiden Aktivisten, welche die juristische und kommunale Verteidigung gegen das Bergbauunternehmen anführten, verbreitete eine Gruppe der organisierten Kriminalität in sozialen Netzwerken ein Video, in dem Díaz gefesselt zu sehen ist und unter offensichtlichem Druck über angebliche illegale Aktivitäten in seiner Gemeinde Auskunft gibt. Seine Familie bestritt umgehend jegliche Verstrickung des Anführers von Aquila und betonte, das einzige was das Video beweise, sei, dass Díaz bei der Aufzeichnung noch am Leben war.

Das Stahlunternehmen Ternium, das in seiner Mine Las Encinas täglich zwischen 12 und 15 Tonnen Eisenerz fördert, hat nach der Bestreikung des Unternehmens im Jahre 2012 eingewilligt, den indigenen Kollektivlandbesitzern von Aquila Lizenzgebühren zu zahlen. Die organisierte Kriminalität hat dies zum Anlass für Schutzgelderpressungen genommen, worauf sich die Gemeinde in bewaffneten Selbstverteidigungskomitees organisierte und den Einfluss der Mafiagruppierungen einschränkte.

Ternium, seines Zeichens der größte Stahlproduzent Lateinamerikas mit Hauptquartier in Luxemburg, ist momentan daran interessiert, die Eisenförderung in Aquila auszubauen, insbesondere in Richtung des Dorfs Santa María Ostula, das sich im vergangenen Jahrzehnt ebenfalls unter hohem Blutzoll von Mafiagruppierungen befreite und nun erneut mit Drogenkartellen zu kämpfen hat. Erst am 12. Januar 2023 wurden drei autonome Dorfpolizisten ermordet (amerika21 berichtete).

Vor Monatsfrist sagte Antonio Díaz gegenüber der Tageszeitung La Jornada, dass die Beziehung der Gemeinde San Miguel Aquila zu Ternium in den letzten zehn Jahren "scheinbar herzlich gewesen ist, aber eigentlich sind sie nicht glücklich mit uns und wir auch nicht mit ihnen, weil sie gerne die Freiheit hätten, sich alles zu nehmen, was sie wollen. Und die Gemeinde will Seriosität und dass sie die vereinbarten Verträge einhalten und nicht mit juristischen Manövern die Lizenzgebühren manipulieren".

Ternium reagierte auf die Proteste mit einer knappen schriftlichen Stellungnahme, es hätte nichts mit den Gewaltakten in Aquila zu tun.

Ana Lucía Lagunes, die Schwester des verschwundenen Anwalts, stellte auf einer Protestkundgebung in Mexiko-Stadt klar, dass es keine Hinweise darauf gebe, dass das Unternehmen eine direkte Verantwortung für das gewaltsame Verschwinden der beiden Männer habe, aber "was die Mine in der Gemeinde verursacht, ist ein Bruch des sozialen Gefüges".