Kolumbien / Politik

Kolumbien: Staat wegen Genozid an der Unión Patriótica verurteilt

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"Ich bin Überlebende des Genozids an der Unión Patriótica"
"Ich bin Überlebende des Genozids an der Unión Patriótica"

San José. Der Interamerikanische Gerichtshof für Menschenrechte (Corte IDH) hat den kolumbianischen Staat für den Genozid an der politischen Partei Unión Patriótica (UP) verurteilt. Dem Urteil zufolge ist der Staat für die Ermordung von mehr als 6.000 Mitgliedern und Aktivisten dieser Partei verantwortlich. Demnach hat es staatlicherseits Handlungen oder Unterlassungen gegeben, die zur Verfolgung und Ausrottung beitrugen und an denen Richter, Angehörige der Streitkräfte, Unternehmer und verschiedene Regierungen sowie andere Institutionen beteiligt waren.

Die linke Partei war 1985 im Rahmen des Friedensdialogs zwischen der Farc-Guerilla und Präsident Belisario Betancourt gegründet worden. Sie gewann große Zustimmung in der Wählerschaft und war bei den lokalen und parlamentarischen Wahlen 1986 sehr erfolgreich.

Das Urteil wurde am 30. Januar in San José, Costa Rica, verkündet. In der Pressemitteilung des Gerichtshofs heißt es: "Der kolumbianische Staat ist verantwortlich für die Menschenrechtsverletzungen, die seit 1984 und mehr als zwanzig Jahre lang zum Nachteil von mehr als 6.000 Opfern begangen wurden, die Mitglieder und Aktivisten der politischen Partei Unión Patriótica (UP) waren".

Aída Avella, Senatorin und eine der Überlebenden aus der UP, sagte dazu: "Es wird anerkannt, dass in einer angeblichen Demokratie unsere Genossinnen und Genossen der UP und Sympathisanten ermordet wurden".

Der Corte IDH stellte fest, dass der Staat für mehrere Verbrechen verantwortlich ist, darunter: Nichteinhaltung seiner Pflichten zur Achtung und Garantie des Rechts auf Leben, gewaltsames Verschwindenlassen, Folter, Drohungen, Schikanen, Zwangsumsiedlung, Morde und Mordversuche an Mitgliedern und Aktivisten der UP.

Die politischen Rechte ‒ Gedankenfreiheit, das Recht auf freie Meinungsäußerung, Vereinigungsfreiheit ‒ wurden vom Staat ebenfalls verletzt hat, da das Motiv für die Menschenrechtsverletzungen die Mitgliedschaft der Opfer in einer linken politischen Partei und die Äußerung ihrer Ideen durch sie war.

Der Staat habe zudem das Recht auf Ehre und Würde der Mitglieder und Aktivisten der UP nicht gewahrt, da sie von den staatlichen Behörden stigmatisiert und kriminalisiert wurden. Des Weiteren wurde das Recht auf gesetzliche Garantien und Rechtsschutz sowie die Pflicht, die aufgetretenen schweren Menschenrechtsverletzungen zu untersuchen, nicht gewährleistet.

Präsident Gustavo Petro begrüßte das Urteil: "Heute stellt ein amerikanischer Gerichtshof fest, dass der Staat dazu beigetragen hat, Tausende von Aktivisten einer politischen Partei zu ermorden, nur weil sie links war. Ein mörderischer Staat, der nie mehr zurückkehren darf, eine Gesellschaft der Privilegien, die eher mordet als den Wandel zuzulassen."

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