Sechs Soldaten in Peru im Umfeld von Protesten tödlich verunglückt

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"Gewohnter" Rassismus der politischen Klasse gegenüber der indigenen Bevölkerung (Screenshot)
"Gewohnter" Rassismus der politischen Klasse gegenüber der indigenen Bevölkerung (Screenshot)

Puno/Lima. Bei einem Einsatz gegen protestierende Aymara-Gemeinden in der Provinz El Collao in Puno sind am 5. März sechs Soldaten ertrunken. Ihr Vorgesetzter hatte ihnen die Überquerung des Flusses Llave befohlen. Der Vorfall hat die Proteste in Lima und im Süden Perus erneut angefacht und zu weiteren Verletzten und einem Toten geführt. Die Vereinten Nationen appellieren an die Bereitschaft der Regierung zum Dialog, um die Gewalt in Peru zu beenden.

Nachdem es am Vortag des Unglücks bei Protesten in der Stadt Juli im Süden Punos zu heftigen Zusammenstößen zwischen Demonstrierenden und dem Militär gekommen war, bei denen Schusswaffen zum Einsatz kamen und Hubschrauber Tränengas in die Menge sprühten, verweigerten am nächsten Tag Bewohner:innen der umliegenden Gemeinden einer Militärpatrouille den Zugang zur Stadt Juli. Die Blockade zwang die Soldaten, in die nahe gelegene Kaserne zurückzukehren. Auf Befehl versuchten sie durch die Überquerung des Flusses Llave den Weg abzukürzen. Dabei ertranken sechs Soldaten. Alle Opfer waren Wehrpflichtige und zwischen 18 und 20 Jahre alt.

Das Verteidigungsministerium prangerte in einer Mitteilung ein gewaltsames Vorgehen der Protestierenden an und beschuldigte sie, die Soldaten durch ihre Blockaden zum Überqueren des Flusses gezwungen zu haben. Doch die Mitglieder der Aymara-Gemeinden weisen diese Beschuldigungen entschieden zurück.

Der Journalist Liubomir Fernández, der bei dem Geschehen vor Ort war, versichert, dass niemand die Soldaten direkt angegriffen hat und dass die Entscheidung von ihnen ausging. Zudem leisteten die Protestierenden, als die Tragödie deutlich wurde, jegliche Hilfe und konnten einige Soldaten noch retten. Ein Soldat, der die Überquerung des Flusses überlebte, habe bestätigt, dass die Aktion auf Anweisung des Vorgesetzten erfolgte, und zwar, wie Fernández resümierte, "trotz des Gewichts der Waffen, Rucksäcke und sonstiger Ausrüstung, die die Soldaten mit sich trugen, sowie der Unkenntnis der Tatsache, dass mehrere der Soldaten nicht schwimmen konnten."

Bei der Identifizierung der Toten wurde schnell klar, dass es sich bei allen um Kinder von Familien aus Puno selbst handelte. Eine der anwesenden Frauen brachte ihren Unglauben zum Ausdruck: "Wie ist es möglich, dass wir mit unseren eigenen Angehörigen konfrontieren werden?"

Die Beerdigungen in den darauffolgenden Tagen wurden sowohl im Süden des Landes als auch in der Hauptstadt Lima von Protesten und Forderungen nach dem Abzug des Militärs aus dem Gebiet, einer Aufarbeitung der Ereignisse und dem Rücktritt der Regierung begleitet.

In Lima sind in der vergangenen Woche parallel zu den Spannungen im Süden des Landes Aymara-Frauen aus ihren Gemeinden zum Protestieren in die Hauptstadt gereist. Mütter mit Kindern wurden dabei mit Tränengas angegriffen. Bildungsminister Óscar Becerra kritisierte nicht die eingesetzten Streiktäfte, sondern die Mütter für ihre Verantwortungslosigkeit und sorgte mit der Aussage für Empörung, dass "nicht einmal Tiere ihre Kinder einem solchen Risiko aussetzen würden“.

Die Ombudsbehörde berichtete am 10. März, dass seit Beginn der Proteste im Dezember 2022 in deren Zusammenhang 66 Menschen gestorben und mehr als 1.300 verletzt worden sind.

Nicht nur Stimmen im Land verurteilen die Gewalt, auch eine Expert:innenkommission der Vereinten Nationen äußerte sich besorgt über die Berichte über Repression, Verhaftungen und willkürliche Tötungen und bestärkte die Protestierenden in ihrem Recht zu demonstrieren. Sie forderte die Regierung von Präsidentin Dina Boluarte auf, "einen echten Dialog mit der Bevölkerung aufzunehmen".