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Streit um Drogenhandel und Kartellgewalt zwischen Mexiko und USA spitzt sich zu

Rechte Politiker in den USA fordern Einsatz von US-Militär gegen Kartelle und Bestrafung korrupter Beamter. Amlo: Anmaßender Fall von Einmischung

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Mexikos Präsident wies die Vorwürfe aus den USA scharf zurück, seine Regierung unternehme nichts gegen den Schmuggel mit Fentanyl
Mexikos Präsident wies die Vorwürfe aus den USA scharf zurück, seine Regierung unternehme nichts gegen den Schmuggel mit Fentanyl

Mexiko-Stadt/Washington. Der mexikanische Präsident Andrés Manuel López Obrador (Amlo) hat eine Hetzkampagne konservativer Politiker und Medien in den USA gegen sein Land angeprangert. Er reagiert damit auch auf die jüngsten Reisewarnungen, die US-Behörden für mehrere mexikanische Bundesstaaten ausgegeben hatten.

Die Beziehungen der beiden Nachbarländer sind bereits seit einiger Zeit unterkühlt. Ein Grund dafür ist der Mais-Handel. López Obrador hatte per Dekret ein Verbot von Gen-Mais für den menschlichen Konsum verfügt. Dies wird nördlich der Grenze nicht gerne gesehen, da Mexiko jährlich genveränderten Mais im Wert von drei Milliarden US-Dollar aus den USA importiert. US-Unternehmen fürchten um ihr lukratives Geschäft und bezeichnen das Verbot als Verstoß gegen das Nordamerikanische Freihandelsabkommen, wogegen sie vorgehen wollen.

Im Zentrum der Auseinandersetzung stehen jedoch die Drogenkartelle, der Drogenhandel sowie die Sicherheitslage in Mexiko. Aufhänger für die republikanischen Politiker:innen, die in den USA die Debatte bestimmen, sind derzeit zwei Ereignisse. Zum einen die kürzliche Entführung von vier US-Amerikaner:innen in Mexiko, bei der zwei von ihnen getötet wurden. Zum anderen die Bekanntgabe, dass innerhalb von zwölf Monaten über 100.000 US-Bürger:innen an einer Überdosis des synthetischen Opioids Fentanyl verstorben sind. Beim Schmuggel von Fentanyl in die USA sollen die Kartelle eine entscheidende Rolle spielen. Erst im Februar stellte die Polizei in Arizona 30 Millionen Dosen sicher, die in Verbindung mit dem Sinaloa-Kartell stehen sollen.

Führende Republikaner:innen werfen Mexiko vor, nichts gegen den Schmuggel zu unternehmen und rüsten nun rhetorisch hoch. Lindsey Graham, Senator von South Carolina, kündigte einen Gesetzentwurf an, um die Kartelle als terroristische Organisationen einzustufen. Der Präsidentschaftskandidat Vivek Ramaswamy versprach, dass er "militärische Gewalt einsetzen würde, um die Kartelle im Stil von Osama bin Laden zu dezimieren", sollte er gewählt werden. Dan Crenshaw, der für Texas im Abgeordnetenhaus sitzt, ging noch einen Schritt weiter. Er sprach davon, dass es endlich an der Zeit sei, "nicht nur gegen die Kartelle in den Krieg zu ziehen, sondern auch die korrupten mexikanischen Beamten, die diese Leute unterstützen" zu bestrafen.

López Obrador bezeichnete diese Forderungen als anmaßenden Fall von Einmischung in die Angelegenheit eines souveränen Staates. Aus politischem Kalkül und Heuchelei machten die US-Parlamentarier Mexiko völlig unbegründet für das Fentanyl-Problem in ihrem Land verantwortlich. Der Präsident empfahl, dass sich die US-Amerikaner:innen besser um die sozialen Ursachen für den hohen Fentanyl-Konsum in ihrem Land kümmern sollten.

Die mexikanische Arbeiterpartei, die mit Amlos Morena-Partei verbündet ist, solidarisierte sich mit dem Präsidenten. Ihr Vorsitzender Alberto Anaya wies darauf hin, dass 80 Prozent der Waffen in Mexiko aus den USA stammten und unterstellte den Republikaner:innen wahlkampftaktische Motive.

Die Reaktion in Mexiko ist aufgrund seiner Geschichte nachvollziehbar: Das Land verlor im Krieg von 1846-48 mehr als die Hälfte seines Territoriums an die USA und erlebte 1914 und 1916 militärische Überfälle aus dem Norden.

Außerdem sind Mexikaner:innen und mexikanisch-stämmige Amerikaner:innen immer wieder Ziel von rassistischen Angriffen und Ausgrenzungen seitens vorrangig weißer US-Bürger:innen. Noch bis in die 1960er-Jahre hingen vor Gaststätten der texanischen Lonestar Restaurant Association Schilder mit der Aufschrift "No Dogs, Negroes, Mexicans".

Präsent sind zudem Donald Trumps Fantasien von einer Mauer, die die Mexikaner:innen, die er als "Drogenschmuggler, Vergewaltiger und Kriminelle" bezeichnet hatte, fernhalten sollte.

López Obrador drohte nun damit, mexikanisch-stämmige Amerikaner:innen aufzufordern, nicht für die Republikanische Partei zu stimmen, falls sie Mexiko weiterhin diffamiere.

Gleichzeitig möchte Amlo jedoch auch signalisieren, dass er weiterhin mit der Regierung von Präsident Joe Biden zusammenarbeitet. Er traf sich in diesem Sinne in diesen Tagen auch mit einer Delegation von Abgeordnetem beider großen US-Parteien und mit dem US-Botschafter in Mexiko.

Die US-Regierung zeigt sich ebenfalls an einer verstärkten Zusammenarbeit bei der Strafverfolgung mit Mexiko interessiert. Dennoch bleibt Biden, wie der Großteil der Demokrat:innen, in der Debatte sehr zurückhaltend. Während sich demokratische Abgeordnete im Wesentlichen allenfalls zu symbolischen Akten des Widerstandes gegen den republikanisch dominierten Diskurs aufraffen, war Bidens Pressesprecherin nicht einmal in der Lage, eine eindeutige Antwort auf die Frage zu geben, ob Biden den Einsatz des Militärs gegen die Kartelle in Betracht ziehe.