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Proteste in Peru: Abschlussbericht der CIDH bestätigt staatliche Gewaltverbrechen

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Der CIDH-Bericht bestätigte die Vorwürfe gegen die Sicherheitskräfte
Der CIDH-Bericht bestätigte die Vorwürfe gegen die Sicherheitskräfte

Washington/Lima. Auf einer Pressekonferenz ist der Abschlussbericht der Interamerikanischen Menschenrechtskommission (CIDH) über die Menschenrechtslage in Peru während der regierungskritischen Proteste seit Ende letzten Jahres vorgestellt worden.

Hintergrund sind die Menschenrechtsverletzungen während der landesweiten Proteste gegen Präsidentin Dina Boluarte. Diese war Anfang Dezember vom Kongress zur Präsidentin ernannt worden, nachdem das Parlament die Absetzung ihres Vorgängers Pedro Castillo beschlossen hatte. Über 60 Menschen sind seitdem von Polizei- und Militärangehörigen getötet worden (amerika21 berichtete).

Der Bericht, der den Zeitraum zwischen dem 7. Dezember 2022 und dem 23. Januar dieses Jahres abdeckt, ist das Ergebnis des mehrtägigen Aufenthalts einer CIDH-Delegation in dem südamerikanischen Land zu Beginn dieses Jahres. Er bestätigt die Vorwürfe gegen die Sicherheitskräfte.

Um sich ein Bild von der Menschenrechtslage zu machen, war die Delegation im Januar nach Peru gereist, als bereits 47 Menschen bei den Protesten ums Leben gekommen waren. Die Delegierten führten mehr als 60 Gespräche, unter anderen mit Präsidentin Dina Boluarte, anderen Regierungsmitgliedern, Vertreter:innen der Staatsanwaltschaft, der Kirche und der Ombudsbehörde, Familien der Opfer und Organisationen der Zivilgesellschaft.

Im Abschlussbericht wird die staatliche Reaktion während der Demonstrationen als "unverhältnismäßig, wahllos und von tödlicher Gewaltanwendung geprägt" bezeichnet. Die CIDH verweist insbesondere auf die hohe Zahl der Toten und Verletzten, vor allem derjenigen, die nicht in direkte Konfrontationen mit den Streitkräften verwickelt waren. Sie heben ein besonderes Ausmaß an Gewalt in den südlichen Regionen Juliaca, wo die Proteste allein am 9. Januar 17 Todesopfer forderten, und Ayacucho hervor, wo sie "außergerichtliche Hinrichtungen" durch den Staat sowie eine Einstufung als "Massaker" nicht ausschließen.

Der Bericht analysiert verschiedene Faktoren, die die Proteste ausgelöst haben. Besonders hervorgehoben wird die institutionelle Krise Perus, die seit mindestens 2016 andauert. Zudem wird die Rolle der Stigmatisierung aufgrund regionaler und rassistischer Faktoren in der öffentlichen Debatte betont. Diese Diffamierungen, so der Bericht, "sind nicht harmlos, sondern tragen im Gegenteil dazu bei, ein Umfeld zu schaffen, in dem Diskriminierung, Stigmatisierung und institutionelle Gewalt gegen diese Bevölkerungsgruppe toleriert und geduldet werden". So ließen sich auch die unterschiedlichen Reaktionen der staatlichen Streitkräfte darauf zurückführen.

Präsidentin Boluarte, deren Rücktritt eine der Forderungen der Proteste ist, zeigt sich weiterhin wenig entgegenkommend und erklärte: "Es gab hier keine außergerichtlichen Tötungen und schon gar kein Massaker, das als rassistische Stigmatisierung ausgelegt werden kann". Ihre eigene direkte Verantwortung leugnet sie mit den Worten: "Ich bin zwar die oberste Chefin der Streitkräfte, aber ich habe keine Befehlsgewalt".

Kabinettspräsident Alberto Otárola, mit dem die Delegation ebenfalls Gespräche führte, kritisierte die Aufforderung der Kommission, die Gewaltenteilung des Landes zu respektieren, als Einmischung in Aufgaben, "die von einer einzigen Staatsmacht, nämlich dem Kongress der Republik, unter Bezugnahme auf unsere politische Verfassung gelöst werden müssen".

Stuardo Ralón, Vizepräsident der CIDH und Leiter der Delegation in Peru betont, dass der Bericht keinen bindenden Charakter habe: "Wir geben Peru keinen politischen Weg vor, sondern drängen auf einen breiten Dialog, der Vereinbarungen beinhalten kann", so Ralón. Nichtsdestotrotz fordert er die Regierung auf, die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, die für eine Wiedergutmachung erforderlich sind.