Brasilien: Präsident Lula setzt "großen Rat" zur nachhaltigen Entwicklung wieder ein

Große Vielfalt der 246 Mitglieder. Der Rat soll laut Lula vor allem auch Vorschläge zur Bekämpfung des Hungers und der Ungleichheit machen

Brasília. Der brasilianische Staatspräsident Luiz Inácio Lula da Silva hat den "Rat für nachhaltige wirtschaftliche und soziale Entwicklung" (Conselho de Desenvolvimento Econômico Social Sustentável, CDESS) wieder eingesetzt.

Das auch als "Conselhão" – großer Rat – bekannte und nun 249-köpfige Gremium war von Lula bereits in seinen ersten Amtszeiten geschaffen, von Ex-Präsident Jair Bolsonaro aber 2019 aufgelöst worden.

Der CDESS soll die Vielfalt der Gesellschaft repräsentieren und diese in einen partizipativen Dialog mit der Regierung bringen. Das Gremium soll dabei in thematischen Arbeitsgruppen auch Maßnahmenvorschläge erarbeiten, die in die konkrete Politik der Bundesministerien einfließen können.

Auf Regierungsseite vertreten sind Präsident Lula (Vorsitz), Vize-Präsident Geraldo Alckmin und Alexandre Padilha, Minister für institutionelle Beziehungen, der die Arbeit des CDESS koordinieren wird. Die übrigen 246 Mitglieder kommen aus den verschiedensten Bereichen von Gesellschaft, Kultur und Wirtschaft, Gewerkschaften und sozialen Bewegungen. Alle Mitglieder arbeiten ohne Honorar und wurden für zwei Jahre ernannt.

Lula betonte bei der feierlichen konstituierenden Versammlung der neuen Mitglieder im Außenministerium, dass es im CDESS primär nicht um Diagnosen gehe: "Hier geht es darum zu sagen, wie die Dinge passieren oder gemacht werden sollen. Es ist kein Raum für Beschwerde oder Klage, sondern für Produktion."

Er erinnerte daran, dass aus der früheren Arbeit des Rates etwa das erfolgreiche Wohnungsbauprogramm "Minha casa, Minha vida" und das "Programa de Aceleração do Crescimento", mit dem Infrastrukturmaßnahmen in suburbanen Gebieten umgesetzt wurden, hervorgingen. Für regierungsnahe Medien ist der "Conselhão" daher ein "Labor erfolgreicher Politik".

"Keine Regierung, so kompetent, verantwortungsbewusst und humanistisch sie auch sein mag, kann die Probleme eines Landes allein lösen. Deshalb wird der Rat für nachhaltige soziale und wirtschaftliche Entwicklung mit Dialog, Respekt und Demokratie viele Früchte tragen", erklärte Lula. Die Debatten im CDESS würden es ermöglichen, "Gemeinsamkeiten zwischen den unterschiedlichsten Ansichten und Erfahrungen zu finden. Und vor allem werden sie dazu beitragen, Vereinbarungen und einen Konsens darüber zu erzielen, wie wir die wichtigsten Herausforderungen unserer Generation und künftiger Generationen bewältigen können." Die tatsächliche Wirksamkeit der staatlichen Politik ergebe sich aus der Tatsache, dass sie von den breitesten Schichten der Gesellschaft als legitim und notwendig erachtet werde.

Der Rat sei der Ort, "an dem wir nach den Erkenntnissen suchen werden, die die brasilianische Nation braucht, um die großen und dringenden Herausforderungen, die vor uns liegen, zu bewältigen. Und dafür brauchen wir das Engagement der Gesellschaft als Ganzes." Neben den Herausforderungen des Hungers und der Ungleichheit gehe es um ökologische Dringlichkeiten, "die uns zwingen, in immer kürzerer Zeit die Kohlenstoffemissionen zu reduzieren und die Abholzung zu stoppen. Wir müssen die landwirtschaftliche Produktion vervielfachen, ohne weitere Bäume zu fällen" so der Staatschef.

Der CDESS solle vor allem auch Vorschläge zur Bekämpfung der Ungleichheit machen: "In Brasilien ist die Ungleichheit allgemein, tiefgehend und in allen Bereichen", betonte Lula, "denn sie besteht in den Löhnen, in den Arbeitsbedingungen, im Erziehungswesen, in der Gesundheitsversorgung."

Auch das Ratsmitglied Robson Andrade, Präsident des brasilianischen Industrieverbands (Confederação Nacional da Indústria), nannte die Armutsbekämpfung eine zentrale Aufgabe des Gremiums und zeigte sich zugleich zuversichtlich im Hinblick auf die "Reindustrialisierung" des Landes.

CDESS-Koordinator Padilha hob hervor, dass im Rat viele unterschiedliche Meinungen und Vorschläge vertreten seien und die Herausforderung darin bestehe, Konsens und Kompromisse zu finden.

In der Tat beeindruckt des partizipative Gremium durch die große Vielfalt seiner 246 Mitglieder, die unterschiedliche und teils kontroverse Ansichten, Erfahrungen und Interessen mit- und einbringen. Es finden sich Lenker:innen und Entscheider:innen aus Banken und Unternehmen, auch aus dem Chemie- und Agrobusiness, dem klassischen Handel und neuem IT-Bereich, aber auch Kirchenleute, Wissenschaftler:innen und Künstler:innen, Gewerkschafter:innen oder Aktivist:innen und Anführer:innen aus den Frauen-, Indigenen-, Schwarzen- und Landlosen- sowie anderen sozialen Bewegungen.