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Präsident von Chile legt Plan für die Lithiumnutzung vor

Staatliche Lithiumgesellschaft soll eine Schlüsselrolle beim Abbau und der Veredelung des Minerals spielen. Umweltverträgliche Gewinnung und Entwicklung einer einheimischen verarbeitenden Industrie wird angestrebt

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Die Lithiumvorkommen von Chile liegen teilweise in Naturschutzgebieten
Die Lithiumvorkommen von Chile liegen teilweise in Naturschutzgebieten

Santiago/Atacama. Chiles Präsident Gabriel Boric hat ein Konzept für die Nutzung der Lithiumvorkommen des Landes vorgelegt, das vermeiden soll, lediglich halb- und unveredelte Produkte zu exportieren.

Chile war bis etwa 1930 großer Salpeterexporteur und ist heute das Land mit den größten Kupferreserven und die Nummer 1 beim internationalen Export des Rohstoffes.

Nun steht ganz oben für eine zukunftsträchtige Lithiumverarbeitung die Gründung einer staatlichen Lithiumgesellschaft, die eine Schlüsselrolle beim Abbau und der Veredelung des Minerals spielen soll. Sie soll die umweltverträgliche Gewinnung, die Beteiligung von Privatfirmen, die ausdrücklich eingeladen werden, sowie die Entwicklung einer einheimischen verarbeitenden Industrie vorantreiben und koordinieren.

In Hinsicht auf Umweltfragen soll ein Kataster der schützenswerten Salzseen erstellt werden, in denen die Lithiumgewinnung eingeschränkt oder verboten ist. Außerdem soll ein staatliches technisches Institut geschaffen werden, das sich allen Bereichen der Forschung und Entwicklung der Lithiumgewinnung widmet.

Wo die staatlichen Firmen Codelco (Kupfer) und Enami (Minerale) heute aktiv sind, sollen sie Abbaurechte für Lithium bekommen. Die Abbaurechte der privaten Konzerne Sociedad Química y Minera (SQM, Chile) und Albemarle Corporation (USA) sollen bis zum Auslaufen der Verträge im Jahr 2030 bzw. 2043 anerkannt werden, danach jedoch wird eine Neuverhandlung unter neuen Bedingungen angeboten.

Mit dem Motto "Weder Allende noch Lagos" (die früheren Präsidenten Salvador Allende und Ricardo Lagos) sucht Präsident Boric bei der Lithiumnutzung einen Weg zwischen vollständiger staatlichen Nutzung und privater Ausbeutung. Künftig soll der Staat die Rahmenbedingungen unter Einbeziehung privater Finanzierung und Know-how festlegen. Allende überführte das Kupfer, als es sich komplett in Eigentum von US-Firmen befand, in Staatseigentum. Lagos öffnete dagegen den ausländischen Minengesellschaften weitgehend Tür und Tor.

Die Privaten fördern inzwischen 70 Prozent des Kupfers und tragen damit etwa 5 Prozent zum Steueraufkommen bei. Die staatliche Codelco fördert nur 30 Prozent, bestreitet aber 7,6 Prozent des Steueraufkommens. Etwa die Hälfte des Kupfers wird als Konzentrat mit einem Reinheitsgrad von nur 30 Prozent exportiert. Der Rest ist Gestein, aber auch Molybdän und etwas Gold. Diese Bestandteile verlassen wegen fehlender Zollkontrollen das Land unversteuert. Chile entsteht dadurch ein großer Schaden, während die Firmen im Ausland Extragewinne einfahren. Molybdän ist etwa dreimal wertvoller als Kupfer.

Mit seinem Vorschlag will Boric nicht nur Chiles Zukunft wirtschaftlich absichern, sondern das Land auch technologisch weiterbringen und qualifizierte Arbeitsplätze schaffen.

Chile geht mit dem jetzt vorgelegten Plan einen anderen Weg als Argentinien und Bolivien. In Argentinien untersteht der Abbau von Mineralien und Erzen den in dieser Hinsicht autonomen Regionen. Bisher schon getätigte große private Investitionen bescheren den entsprechenden Regionen hohe Einnahmen, aber eine gesamtstaatliche Planung und Nutzung wird eher verhindert.

In Bolivien ist der Staat alleiniger Eigentümer des Lithiums. In diesem Rahmen können ausländische Firmen tätig werden. Erst im Januar hat die staatliche Yacimientos del Litio Bolivianos (YLB) einen Vertrag mit einem chinesischen Konsortium abgeschlossen. Die bolivianische Regierung beabsichtigt, bereits ab 2025 Lithiumbatterien zu exportieren.

Argentinien, Bolivien und Chile verfügen über rund 65 Prozent der weltweiten Lithiumvorkommen. Mit jeweils unterschiedlichen Konzepten werden die drei Andenländer nicht nur regional, sondern weltweit ihren Platz einnehmen. Derzeit arbeiten die Regierungen daran, einen gemeinsamen regionalen Ansatz zu finden. Gesucht wird nach einer gemeinsamen Agenda für die Entwicklung der Strategie, um die Umwelt zu schützen und die Industrialisierung zu fördern. Es gibt auch Vorstellungen von einer "Lithium-Opec".