Abholzung des Regenwaldes in Lateinamerika nimmt zu

Ganze Ökosysteme werden durch Abholzungen vernichtet. Kolumbien weltweit auf Platz vier der Länder mit den meisten Rodungen

Brasília et al. Einer Studie des World Resource Instituts (WRI) und der University of Maryland zufolge sind im vergangenen Jahr zwölf Millionen Hektar Regenwald abgeholzt worden, davon zwei Millionen in Lateinamerika. Auf einer interaktiven Karte können diese Daten eingesehen werden. Unter den zehn Länder mit dem größten Verlust an Regenwald befinden sich vier lateinamerikanische Staaten: Peru, Bolivien, Kolumbien und Brasilien, in dem mit 1,4 Millionen Hektar weltweit am meisten Regenwald gerodet wurde. Besonders besorgniserregend sei dabei zum einen die kontinuierliche Zunahme der Rodungen, zum anderen aber das großflächige Abholzen von Primärregenwald, so das WRI.

Von den insgesamt zwölf Millionen Hektar gerodeten Wäldern seien 3,6 Millionen Primärregenwald gewesen und von diesen wiederum befand sich fast die Hälfte in Lateinamerika. Das entspricht einer Fläche von der Größe Belgiens.

Die Auswirkungen der Abholzung sind verheerend: Es werden ganze Ökosysteme mit einer hohen Biodiversität vernichtet, die große Mengen an CO2 speichern. "Wenn diese Wälder einmal zerstört wurden, werden sie höchstwahrscheinlich nie wieder in ihren ursprünglichen Zustand zurückkehren", heißt es in dem Bericht.

Seit dem Jahr 2000 steigt die Größe der gerodeten Flächen in Peru, Bolivien und Kolumbien stetig an. In Brasilien hingegen gingen die Waldrodungen zunächst zurück, erst seit 2016 steigen sie wieder an. Die Situation könnte sich weiter verschlimmern: So seien in Brasilien allein in diesem Januar 54 Prozent mehr Regenwald zerstört worden als im Januar des vergangenen Jahres, erklärte das Institut für Menschen und Umwelt des Amazonas (Imazon). Der ultrarechte Präsident Jair Bolsonaro hatte bereits während seines Wahlkampfes eine Lockerung von Umweltauflagen versprochen und das Budget für Umwelt und Klimaschutz fast vollständig gekürzt.

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Mikaela Weisse, Sprecherin von Global Forest Watch, bezeichnete hingegen die Entwicklung in Kolumbien am besorgniserregendsten: Kolumbien, das achtmal so klein ist wie Brasilien, stehe weltweit auf Platz vier der Länder mit den meisten Regenwaldrodungen. Seit der Unterzeichnung des Friedensabkommens zwischen der Farc-Guerilla und der kolumbianischen Regierung steige die Abholzung in den ehemals von den Aufständischen kontrollierten Gebieten stetig an. Die Untätigkeit der Regierung, das Friedensabkommen auch umzusetzen, erleichtere die illegale Abholzung, da der organisierte Drogenhandel und andere einflussreiche Akteure sich fernab von staatlicher Kontrolle illegal Flächen aneigneten und abholzten, so Weisse.

In Bolivien wiederum werden die meisten Flächen für die industrielle Landwirtschaft und Weideflächen für die Viehzucht gerodet. Es ließen sich hier Korrelationen zwischen dem Anstieg des Sojapreises und der gerodeten Flächen beobachten. Die starke Fokussierung auf die Landwirtschaft anstelle von Umweltschutz und dem Erhalt des Regenwaldes wird in dem Bericht kritisiert.

In Peru wird ein Großteil des Regenwaldes für kleinbäuerliche Landwirtschaft zerstört. Daneben seien aber auch der illegale Anbau von Koka zur Weiterverarbeitung hin zu Kokain, der illegale Bergbau, insbesondere im Süden des Landes, und große Infrastrukturprojekte durch die Amazonas-Region treibende Faktoren. Auch wenn die Regierung zumindest Pläne für die Verringerung der Rodungen und den Umweltschutz entwickle, würden diese nicht zu konkreten Maßnahmen führen und seien daher wirkungslos, sagt Sandra Ríos, Wissenschaftlerin am peruanischen Instituto de Bien Común. "Auf der einen Seite unterstützen wir den Erhalt unserer Wälder, aber auf der anderen Seite erteilen wir weiterhin Konzession. Währenddessen, weit entfernt von der Reduzierung der Abholzungen, steigen diese weiterhin an."