Santiago. Die Staatsoberhäupter von Chile, Gabriel Boric, und Brasilien, Luiz Inácio Lula da Silva, haben bei ihrem Zusammentreffen in Santiago 19 Abkommen zur stärkeren Zusammenarbeit unterzeichnet. Sie sprachen auch über die Situation in Venezuela, vermieden das Thema aber in der Abschlusserklärung.
Lula legt großen Wert auf die lateinamerikanische Zusammenarbeit und Boric versucht die kränkelnde Wirtschaft seines Landes wieder in Schwung zu bringen. Chiles Präsident hat deshalb seit seinem Amtsantritt bei seinen Auslandsbesuchen in Deutschland und den Vereinigten Arabischen Emiraten um Investitionen im Bergbausektor und bei erneuerbaren Energien geworben.
Ein Schwerpunkt der vereinbarten Verträge und Absichtserklärungen liegt daher auf dem Wirtschaftssektor. Die beiden Länder haben seit 2022 ein Freihandelsabkommen und einen ausgeglichenen Warenaustausch, der in Zukunft verstärkt diversifiziert werden soll. Im Landwirtschaftsbereich sollen Qualitätskontrollen und Normen angeglichen und die technische Zusammenarbeit verstärkt werden. Pro Chile und ApexBrasil, die ministeriellen Stellen, die in den jeweiligen Ländern den Export fördern, sollen an der Liste der exportierbaren Waren und Dienstleistungen arbeiten.
Um der länderübergreifenden Kriminalität entgegenzuwirken, wurde ein Auslieferungsabkommen unterzeichnet und Zusammenarbeit in der Bekämpfung der Cyberkriminalität vereinbart. Beide Länder werden an den Normen der staatlichen Transparenz arbeiten, um Wirtschaftsverbrechen leichter zu bekämpfen.
Brasilien und Chile werden zudem die Flugverbindungen verbessern sowie ihre jeweiligen Urlaubsziele fördern, um so den gegenseitigen Tourismus auszuweiten. Künftig sind die nationalen Führerscheine im jeweils anderen Land gültig.
Zu weiteren Themen wurden Absichtserklärungen unterzeichnet, die erst noch mit Inhalt gefüllt werden müssen. Dazu gehören unter anderem der Gesundheitsbereich, die technische und wissenschaftliche Zusammenarbeit, die friedliche Erforschung des Weltraums, Förderung von audiovisuellen Koproduktionen, Menschenrechtsfragen und Rechte der LGBTQIA+-Gemeinschaft.
Präsident Lula sprach eine Einladung zum "Gipfel fortschrittlicher Staatsoberhäupter" aus, den er zusammen mit dem spanischen Ministerpräsidenten Pedro Sánchez im September in New York am Rande der UN-Vollversammlung organisiert. Das Treffen hat zum Ziel, ein gemeinsames Vorgehen bei der Verteidigung der Demokratie "gegen den Extremismus" zu vereinbaren. Boric wollte ursprünglich nicht an der UN-Vollversammlung teilnehmen, sagte aber jetzt seine Teilnahme an beiden Konferenzen zu. Außerdem wird er zum G20-Gipfeltreffen im November in Rio de Janeiro reisen, zu dem Lula ihn ebenfalls einlud.
Zur Situation in Venezuela nach den Präsidentschaftswahlen machte Boric keine Kommentare. Bei der gemeinsamen Pressekonferenz sagte Lula, er habe die Initiativen erläutert, die er mit den Präsidenten von Kolumbien und Mexiko ergriffen habe: "Die Achtung der Toleranz und der Souveränität des Volkes treibt uns an, die Transparenz der Ergebnisse zu verteidigen. Das Engagement für den Frieden veranlasst uns, die Parteien zum Dialog aufzurufen und die Verständigung zwischen der venezolanischen Regierung und ihrer Opposition zu fördern", sagte er.
Am Rande eines chilenisch-brasilianischen Wirtschaftsforums wurde Lula auf den Oppositionskandidaten Edmundo González angesprochen. Seine Antwort war kurz: "Der Typ hat noch nicht mal die Macht übernommen und du willst, dass ich etwas sage?"