Managua. Nicaraguas Regierung will die Arbeit von Nichtregierungsorganisationen (NGO) weitgehend kontrollieren. Jede nicaraguanische NGO soll dem Innenministerium (Mint) ihre Projekte zur Prüfung vorlegen. Ausländische NGO sollen ihre Vorhaben beim Außenministerium einreichen. Die Regierung spricht in einer Mitteilung von einem "neuen Modell", das sie als "Alianza de Asociación" (Partnerschaftliches Bündnis) bezeichnet.
Die rechtlichen Regelungen sollen in den kommenden Wochen geschaffen werden. Beim Innen- und Außenministerium werden entsprechende NGO-Verzeichnisse eingerichtet.
Eine jüngst vom Mint gemeldete Auflösung von 1.500 NGO soll im Zusammenhang der "Registerbereinigung" stehen. Bei den aufgelösten Organisationen fehlten laut Mint für einen Zeitraum zwischen einem und 35 Jahren die Finanzberichte, Vorstandseintragungen oder Tätigkeitsberichte.
Für die Zulassung einer NGO in Nicaragua soll es eine "Verpflichtung zur Verwaltungstransparenz" geben. Dabei geht es insbesondere um die Überwachung der Finanzierung und der Ausgaben der Organisationen. Es besteht die Verpflichtung, die Mittel, die aus dem Ausland kommen, sowie von welchen ausländischen Institutionen sie kommen, und deren Höhe, Zweck und Verwendung zu dokumentieren.
Die Vizepräsidentin von Nicaragua, Rosario Murillo, erklärte bei der ersten Vorstellung der geplanten Regelungen, dass die Regierung "den brüderlichen Beitrag der NGO in einem respektvollen und harmonischen Umfeld" sehr anerkenne. Die Regulierung sei ein unerlässlicher Beitrag für all jene, die an der Verwaltung und Förderung der Solidarität beteiligt sind.
Ein Kommentar von Fabrizio Casari für das regierungsnahe Radio La Primerisima erklärte zum Verständnis der Neuerungen, dass es die Aufgabe der NGO sei, öffentliche Arbeiten und soziale Aktivitäten des Staates durch spezifische Projekte zu ergänzen und zu unterstützen. Es sei eine strenge Kontrolle der Einhaltung der genehmigten Projekte vorgesehen.
Die Regierung von Präsident Daniel Ortega hatte nach den gegen sie gerichteten Protesten und Unruhen vom Frühjahr 2018 betont, dass sich verschiedene NGO mit Finanzierung aus den USA an den Aktionen beteiligt hätten (amerika21 berichtete hier und hier). In den Folgejahren kam es zur Aberkennung der Rechtspersönlichkeit von NGO durch die Behörden mit verschiedenen Begründungen (amerika21 berichtete).
Im oppositionellen Online-Medium La Prensa erklärte der im Februar 2023 ausgewiesene Politikwissenschaftler Félix Maradiaga, die Änderung sei "ein direkter und unverhohlener Angriff auf das Wesen der Zivilgesellschaft". Es werde jede Form von unabhängiger Bürgerbeteiligung aufgehoben und Nichtregierungsorganisationen einer "totalitären Kontrolle" unterworfen. Maradiaga bezeichnete dies als "Höhepunkt eines repressiven Prozesses, der zur Schließung von mehr als 3.600 Nichtregierungsorganisationen im Land geführt hat, darunter Universitäten, akademische Zentren und humanitäre Missionen“.
Der ebenfalls ausgewiesene Umweltschützer Amarú Ruiz sagte, dass die Regierung nicht nur die Organisationen kontrollieren wolle, sondern auch das, was sie tun. "Sie wollen, dass sich die Organisationen weiterhin um Ressourcen bemühen und Programme durchführen", aber die Regierung wolle die Kontrolle über die Programme und Projekte haben, wolle "wissen, wer hinter diesen Projekten steckt" und auch die Ausführung übernehmen, so Ruiz.
Mitarbeiter von NGOs, die in Nicaragua arbeiten, erklärten gegenüber amerika21, dass es für sie darauf ankomme, wie die Regelungen jetzt konkret ausgestaltet würden. Sie hofften auf funktionierende und verlässliche Strukturen.