San Salvador. Rund Tausend Menschen haben am Sonntag in San Salvador gegen den Ausnahmezustand und willkürliche Festnahmen demonstriert. Der Protest fand zeitgleich zu den offiziellen Märschen statt, mit denen El Salvador seine am 15. September 1821 erreichte Unabhängigkeit von der spanischen Krone feiert.
Zu der Demonstration hatten die Bewegung der Opfer des Ausnahmeregimes (Movir), Umweltschutzgruppen, Gewerkschaften sowie Opfer des Bürgerkrieges (1980-1992) aufgerufen. Die Teilnehmer:innen kritisierten, dass unter den knapp 82.000 Festgenommen des Ausnahmezustandes seit März 2022 rund 30.000 Menschen unschuldig inhaftiert seien. Ferner gäbe es bei vielen Festnahmen keine Haftbefehle und Anwälte würden bedroht, wenn sie Festgenommene verteidigen wollen.
Teilnehmer:innen erklärten gegenüber den Medien, keine Informationen über in den vergangenen zweieinhalb Jahren festgenommene Familienangehörigen zu haben. Alfredo Mejía, Koordinator von Movir, dessen Tochter während des Ausnahmezustandes inhaftiert wurde, sagte aus dem "Ausnahmezustand habe sich ein Regime der Repression" entwickelt. "Es gibt keine Freiheit und wenn wir etwas gegen die Regierung sagen, wird das Regime gegen uns angewandt", so Mejía.
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Amaranta Portillo vom Feministischen Widerstand sagte: "Anscheinend leben wir in einer perfekten Realität, in der hier niemand stirbt. Aber jede Woche wird eine Frau von ihrem Partner ermordet, und wenn es früher Vergewaltigungen und Belästigungen durch Kriminelle gab, tut es jetzt auch das Militär." Des Weiteren bemängelte die Aktivistin "den Mangel an Budgets für Programme zur Prävention sexistischer Gewalt, die Unterdrückung von Programmen zur Geschlechteraufklärung und die Existenz von Frauen, die wegen der Verteidigung ihrer Rechte kriminalisiert werden".
Die offiziellen Feiern zum Unabhängigkeitstag wurden zeitgleich mit Paraden von Soldaten, Polizisten und Studenten durchgeführt. Am Rande äußerten sich Zuschauer zustimmend zu den Maßnahmen der inneren Sicherheit. "Heute leben wir in einer Ruhe und Sicherheit, völlig anders als noch vor drei Jahren", sagte ein Mann gegenüber den Medien.
Die Regierung begründet den im März 2022 erstmal verhängten und seitdem monatlich verlängerten Ausnahmezustand mit der Bekämpfung krimineller Banden. Auch oppositionelle Medien hatten in der Vergangenheit eingeräumt, dass das Alltagsleben sicherer geworden sei. Die Regierung verweist auf Quellen, nach denen El Salvador von einem der unsichersten Länder des Kontinents zum zweitsichersten geworden ist. Andere Statistiken bestätigen dies allerdings nicht und sehen El Salvador weiter unter den unsicheren Ländern Lateinamerikas.