Fort-de-France. Die Proteste in Martinique, die vor einigen Wochen wegen der steigenden Lebenshaltungskosten begannen, haben in den letzten Tagen an Intensität zugenommen.
Die Lage spitzt sich weiter zu, da die Polizei verstärkt gegen die Demonstrant:innen vorgeht und es bereits zu mehreren Festnahmen kam. Besonders umstritten ist die Entscheidung der französischen Regierung, die Bereitschaftspolizei nach Martinique zu entsenden. Der Einsatz der Compagnies Républicaines de Sécurité (CRS) war auf der Insel wegen ihrer Methoden und der Gefahr einer Gewalteskalation seit Jahren verboten.
Menschenrechtsorganisationen beobachten die Situation und warnen vor einer weiteren Eskalation der Gewalt.
Tausende Demonstrant:innen haben in den vergangenen Wochen in Fort-de-France und anderen Städten für soziale Gerechtigkeit und Wirtschaftsreformen demonstriert. Vor allem die Preise für Lebensmittel und Treibstoff sind in den letzten Monaten stark gestiegen. Ein kürzlich veröffentlichter Bericht der Regionalregierung zeigt, dass die Inflationsrate in Martinique deutlich über dem französischen Durchschnitt liegt. Das bringt viele Haushalte in finanzielle Schwierigkeiten. Die Protestierenden fordern von der Regierung Maßnahmen zur Senkung der Lebenshaltungskosten sowie eine bessere soziale Absicherung und einen gerechten Mindestlohn.
Am Donnerstag wurde am Sitz der Collectivité Territoriale de Martinique (CMT) ein Verhandlungstisch eingerichtet. Das CMT ist eine Verwaltungseinheit, die die Kompetenzen einer Region und eines Departements vereint. Der Präfekt und der Präsident des CMT haben die Protestierenden, die Organisation Rassemblement pour la Protection des Peuples et des Ressources Afro-Caribéens (RPPRAC) und alle wirtschaftlichen und institutionellen Akteure eingeladen, an einem Fahrplan zur Frage der Lebenshaltungskosten zu arbeiten. Erste Gespräche haben bereits stattgefunden, jedoch ohne konkrete Veränderungen zu vereinbaren.
Auf dem französischen Festland betonten mehrere Minister, dass sie die Sorgen der Bevölkerung von Martinique ernst nähmen. Die Regierung wolle die bestehenden Subventionsprogramme überprüfen, um die Auswirkungen der hohen Lebenshaltungskosten abzumildern. Trotz dieser Angebote bleibt die Skepsis unter den Demonstrierenden groß. Viele fordern konkrete Maßnahmen statt nur Gespräche.
Eine zentrale Rolle bei der Mobilisierung spielen mehrere große Gewerkschaften wie die Confédération Générale des Travailleurs de la Martinique (CGTM) und die Force Ouvrière (FO). Zahlreiche lokale Bürgerinitiativen und soziale Bewegungen haben ebenfalls zu den Protesten aufgerufen. Einige politische Parteien unterstützen die Protestbewegung, darunter die Parti Progressiste Martiniquais (PPM) und das Mouvement pour l'Autonomie de la Martinique (MAM). Beide setzen sich für mehr Autonomie und lokale Entscheidungsgewalt ein. Zudem protestieren kulturelle Organisationen und Aktivist:innen, die die kreolische Kultur und Identität fördern.
In Martinique gibt es eine starke Unabhängigkeitsbewegung, die sich im Laufe der Jahrzehnte entwickelt hat. Ihre Wurzeln liegen in der Kolonialgeschichte und der Suche nach Identität und Selbstbestimmung. Heute gibt es sowohl politische Parteien als auch Organisationen, die sich für die Unabhängigkeit einsetzen, darunter die PPM und die MAM. Diese Gruppen verfolgen unterschiedliche Ansätze, die von einer schrittweisen Autonomie bis hin zu einer vollständigen Unabhängigkeit reichen.