Santiago de Chile/Caracas. Zwei Tage nach dem Auftritt des chilenischen Präsidenten Gabriel Boric vor der 79. UN-Vollversammlung hat Venezuela alle kommerziellen Flüge zwischen beiden Staaten gestrichen.
In seiner Rede hatte der aus der progressiven Bewegung Frente Amplio hervorgegangenen Präsident Boric seine Ablehnung der vom venezolanischen Obersten Gerichtshof TSJ bestätigten Ergebnisse der Präsidentschaftswahlen von Ende Juli bekräftigt (amerika21 berichtete). "Wir haben es mit einer Diktatur zu tun, die versucht, eine Wahl zu stehlen, Oppositionelle verfolgt und sich gleichgültig gegenüber dem Exil nicht von Tausenden, sondern Millionen seiner Bürger zeigt", sagte der Staatschef.
Gleichzeitig forderte er erneut eine politische Lösung des Konflikts in Venezuela, die den "Sieg der Opposition anerkenne und einen friedlichen Übergang in eine Demokratie begleite".
Venezuelas Vizeaußenminister für Lateinamerika und die Karibik, Rander Peña, ließ über Telegram wenig diplomatisch verlauten: "Du [Boric] hast keine Moral, dir fehlt einiges. Wasch dir den Mund, bevor du über Venezuela und unser Volk sprichst."
Die Aussetzung der Flugverbindungen durch Caracas wurde in Santiago mit Irritation aufgenommen: "[Sie] versetzt die Gemeinschaft der fast 800.000 Venezolaner:innen in Chile erneut in eine Situation der Vulnerabilität. Die Entscheidung ist ungerechtfertigt und bedauernswert", so ein Sprecher des chilenischen Außenministeriums.
Regierungssprecherin Camila Vallejo, Mitglied der Kommunistischen Partei, fügte an, dass die Entscheidung weniger der chilenischen Regierung als vielmehr den venezolanischen Bürgern schade. Diese schränke die Möglichkeit zurückzukehren oder ihre Familen in Venezuela zu besuchen noch weiter ein.
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Chile hat bei einer Bevölkerung von unter 20 Millionen bisher rund 800.000 venezolanische Staatsbürger aufgenommen. Im Zuge des umstrittenen Wahlausgangs in Venezuela erwarten Medien eine neue Migrationswelle von Venezolaner:innen.
Bereits zuvor hatte die Nichtanerkennung der wiedergewählten Maduro-Regierung und die Forderung der chilenischen Regierung, alle Wahlakten offenzulegen, zur Schließung der Botschaften und zum Abzug des Botschaftspersonals im jeweils anderen Land geführt. Damit wurde auch die Klärung von Konsularsanliegen für die Venezolaner:innen unmöglich gemacht.
Auch für Venezuela selbst bedeutet diese Entscheidung eine weitere Einschränkung der ohnehin geringen Anzahl internationaler Flugverbindungen des karibischen Landes. Von 181 wöchentlichen internationalen Verbindungen verbleiben 83, nachdem Caracas bereits die Flugverbindungen nach Panamá, Perú und in die Dominikanische Republik aufgrund der Zweifel der Regierungen an den Wahlergebnissen in Venezuela bis auf weiteres eingestellt hatte.
Obwohl Boric auch mit den anderen progressiven Ländern Lateinamerikas in der Ablehnung der von den USA initiierten Sanktionen gegenüber Venezuela übereinstimmt, da sie vorwiegend die Bevölkerung träfen, spaltet die außenpolitische Haltung der chilenischen Regierung die linke Allianz im Land.
So hat die Kommunistische Partei Chiles, selbst an der Regierung beteiligt, bereits Ende August den venezolanischen Institutionen ihr Vertrauen ausgedrückt und Respekt gegenüber der Souveränität und dem Willen des venezolanischen Volkes eingefordert. Man "erkenne die außenpolitischen Entscheidungen der Regierung an, nehme jedoch auch das Recht einer abweichenden Positionierung wahr und wolle keine Position unterstützen, die eine Konfrontation in dem karibischen Land vorantreiben könnten".