Chile / Politik

Chile hat gewählt: Einzelne Überraschungen, aber keine klaren Gewinner

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Stimmabgabe in einem Wahllokal
Die Wahlbeteiligung lag bei 80 Prozent

Santiago. Nach den Kommunal- und Regionalwahlen am Wochenende teilen sich rechte Parteien, Regierungslager und parteilose Kandidaten die Mandate. Für alle Allianzen gab es Überraschungen.

Präsident Gabriel Boric hält unterdessen am Reformprogramm seiner Regierung fest.

Dieses Jahr bestand Wahlpflicht, nachdem bei den vorherigen Wahlen 2021 die Stimmabgabe noch freiwillig war. In einem zweitägigen Wahlmarathon wurden 346 Bürgermeister, 16 Gouverneure sowie 2.256 Gemeinde- und 302 Regionalräte gewählt. Es bewarben sich 18.000 Kandidaten, die sich auf neun Koalitionen und 22 Parteien verteilten. Die Wahlbeteiligung betrug 80 Prozent, das entspricht 13 Millionen Stimmen, etwa doppelt so viel wie bei den vorherigen Wahlen.

Noch am Sonntagabend drückte Präsident Boric in einer Fernsehansprache seine Genugtuung über den friedlichen und reibungslosen Verlauf der Wahlen aus. Er versprach, mit allen gewählten Autoritäten "zum Wohle Chiles und seine Bewohner" zusammenzuarbeiten. "Gleichzeitig möchte ich die Einheit der Regierungspartei und des Progressismus bei dieser Wahl hervorheben, die in verschiedenen Gemeinden und Regionen des Landes wichtige Siege erlangen konnte. Ich sage dies als Präsident, der an ein Projekt glaubt, welches das Wohlergehen der Chilenen in den Mittelpunkt stellt", so Boric.

Die rechten Parteien waren in 131 Gemeinden erfolgreich, das Regierungslager in 111 und parteilose Kandidaten in 101 Gemeinden. Am 24. November sind in elf von 16 Regionen Stichwahlen angesetzt, da kein Kandidat die erforderliche Mehrheit von mindestens 40 Prozent im ersten Wahlgang erreichen konnte. Bei den Wahlen zu den Gemeindevertretern lag die Anzahl der leeren oder ungültigen Stimmzettel mit etwa 21 Prozent ungewöhnlich hoch.

Zu den Überraschungen zählt, dass die bevölkerungsreiche Gemeinde Puente Alto in Santiago jetzt von dem linken parteilosen Matías Toledo regiert wird. Er gewann mit absoluter Mehrheit gegen Karla Rubilar von der rechten RN (Nationale Erneuerung) und setzte damit der 20-jährigen Regierungszeit der Rechten ein Ende. In Las Condes setzte sich die Parteilose Catalina San Martín gegen Marcela Cubillos, ebenfalls parteilos durch. Beide stehen dem rechten politischen Lager nahe.

Die Regierungskoalition musste zwei schwere Niederlagen einstecken. In Ñuñoa konnte Emilia Ríos von der Frente Amplio, der Partei des Präsidenten, ihr Amt nicht verteidigen. Santiago, mit der kommunistischen Bürgermeisterin Irací Hassler, fiel ebenfalls an die Rechte. Santiago ist immer besonders umkämpft, da es das politische Zentrum des Landes ist, wo sich Regierung, Ministerien und wichtige Ämter befinden. Die Frente Amplio konnte indessen Valparaiso und die Nachbarstadt Viña del Mar verteidigen.

Die kommunistische Partei erzielte in Recoleta einen wichtigen Erfolg. Der bisherige Bürgermeister Daniel Jadue konnte nach drei Amtsperioden nicht mehr antreten. Außerdem wird gegen ihn wegen angeblichem Amtsmissbrauch ermittelt (amerika21 berichtete). Die Ausgangslage war dementsprechend kompliziert. Sein Nachfolger Fares Jadue, namensgleich, aber nicht verwandt, konnte sich mit 6.000 Stimmen Vorsprung vor dem Zweitplatzierten durchsetzen und kann außerdem auf eine absolute Mehrheit im Gemeinderat zählen.

Es wurden sechs Bürgermeister im Amt bestätigt, obwohl gegen sie unter anderem wegen Bestechung, Steuerhinterziehung, sexueller Nötigung und häuslicher Gewalt ermittelt wird. Da diese Personen noch das passive Wahlrecht besitzen und zu keiner Gefängnisstrafe ohne Bewährung verurteilt sind, konnten sie erneut antreten.