Polizeigewalt in Brasilien: 2023 täglich sieben Schwarze Personen getötet

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Der Bericht Haut als Ziel: Todesfälle, die ein Muster erkennen lassen
Der Bericht Haut als Ziel: Todesfälle, die ein Muster erkennen lassen

Rio de Janeiro et al. Das nationale Netzwerk der Observatórios da Segurança (Beobachtungsstelle der Sicherheit) hat eine Studie zur Lage der Sicherheitspolitik in neun untersuchten Bundesstaaten im Jahr 2023 veröffentlicht. Der neue Bericht zeigt die Auswirkungen von Rassismus innerhalb der Polizei auf und folglich die hohen Opferzahlen von Schwarzen Brasilianer:innen.

Laut der Studie starben im vergangenen Jahr 4.025 Personen durch Polizeigewalt. Von den 3.169 Todesopfern, bei denen Daten über Ethnie und Hautfarbe verfügbar waren, waren 2.782 – und somit fast 90 Prozent der Betroffenen – Schwarz. Durchschnittlich wurden mindestens sieben Schwarze Personen pro Tag getötet.

Der Bericht beleuchtet, dass in allen Staaten der Anteil, der durch staatliche Eingriffe getöteten Schwarzen, sehr hoch war: Pernambuco (95,7 Prozent), Bahia (94,6 Prozent), Amazonas (92,6 Prozent), Pará (91,7 Prozent), Ceará (88,7 Prozent), Rio de Janeiro (86,9 Prozent), Maranhão (80 Prozent), Piauí (74,1 Prozent) und São Paulo (66,3 Prozent).

Der Bundesstaat Bahia verzeichnet mit 1.702 Todesopfern, was 42 Prozent aller Todesopfer von Polizeigewalt in Brasilien entspricht, die höchste Zahl an getöteten Menschen. Gleichzeitig ist es die zweithöchste Zahl, die seit 2019 in allen beobachteten Bundesstaaten verzeichnet wurde.

Vor allem junge Menschen im Alter zwischen 18 und 29 Jahren wurden am häufigsten Opfer von Polizeieinsätzen. In Ceará machte die Alterskohorte 69,4 Prozent aller Opfer aus.

2023 wurden auch 243 Kinder und Jugendliche im Alter von zwölf bis 17 Jahren Todesopfer durch Polizeigewalt. Ein bereits im Sommer veröffentlichter Bericht der UNICEF und des Brasilianischen Forums für öffentliche Sicherheit (FBSP) dokumentierte diesen Anstieg der tödlichen Polizeigewalt gegen Kinder (amerika21 berichtete).

In Bundesstaaten wie Amazonas, Maranhão, Piauí und Rio de Janeiro ist die Zahl der polizeilichen Tötungsdelikte im Vergleich zu 2022 zurückgegangen. In Bahia und Pernambuco hingegen ist ein erheblicher Anstieg um 16,1 bzw. um 28,6 Prozent zu verzeichnen.

Die Studie weist auf ein Muster tödlicher Polizeigewalt hin, das unverhältnismäßig häufig die Schwarze Bevölkerung Brasiliens trifft. Laut der Aussage von Expert:innen spiegelt das Phänomen den tief verwurzelten strukturellen Rassismus in den öffentlichen Sicherheitsinstitutionen in Brasilien wider. Mit der Veröffentlichung dieser Daten soll die Dringlichkeit einer öffentlichen Debatte über Rassismus im Sicherheitsbereich aufgezeigt und die Entwicklung öffentlicher Maßnahmen zu Gunsten der Afro-Brasilianer:innen gefördert werden.

"Jahr für Jahr bestätigt sich, dass Polizeigewalt eine bestimmte Farbe, ein bestimmtes Alter und eine bestimmte Adresse hat", betonte Silvia Ramos, Sozialwissenschaftlerin und Koordinatorin des Beobachtungsnetzes.

Auch der Netzwerkforscher Pablo Nunes kritisiert die dramatische Sicherheitslage für die Schwarze Bevölkerung und fordert eine grundlegende Reform der Polizei. "Wir veröffentlichen diesen Bericht seit fünf Jahren, und wir stellen fest, dass es für Schwarze leider keine öffentliche Politik gibt", so Nunes.

Das Netzwerk der Beobachtungsstellen der Sicherheit ist eine Initiative von akademischen und zivilgesellschaftlichen Einrichtungen aus neun Bundesstaaten, die sich mit der öffentlichen Sicherheitspolitik, der Gewalt und Menschenrechten beschäftigt. Seit 2020 stellt sie jährlich ihre Untersuchungen und Berichte vor.