Goslar. Parallel zur UN-Weltklimakonferenz COP29 in Aserbaidschan hat die Kooperation Brasilien e.V. (KoBra) den "Runden Tisch Brasilien" veranstaltet. Das Thema der dreitägigen Veranstaltung lautete "COP für wen oder was? Territoriale Widerstände und Antworten".
Ziel war es, gemeinsam mit NGOs aus Deutschland und Brasilien sowie Vertreter:innen traditioneller Gemeinschaften wie Quilombolas, Ribeirinhos und Indigenen über die COP30 zu diskutieren, die im nächsten Jahr in der Amazonasstadt Belém stattfinden wird. Eröffnet wurde die diesjährige Versammlung mit einer Podiumsdiskussion zur Vernetzung der Zivilgesellschaft rund um die Weltklimakonferenz 2025.
Felipe Gabriel Mura, indigener Anführer der Mura, kritisierte, dass die indigenen Völker kaum in die bevorstehende Konferenz und die politischen Entscheidungsprozesse einbezogen würden. Aufgrund der territorialen Betroffenheit wünsche er sich eine stärkere Beteiligung und indigene Perspektiven, vor allem bei wirtschaftlichen "Entwicklungsprojekten". Den positiven Diskurs über die wirtschaftlichen Aktivitäten internationaler Konzerne in Amazonien, der seiner Meinung nach auch auf der bevorstehenden COP propagiert wird, lehnt er entschieden ab. "Wir, die wir in diesem Gebiet leben, leiden unter dieser Bedrohung", so Mura. "Unser Volk hat Angst."
Mura sieht den "Runden Tisch Brasilien" als Chance, den Stimmen aus Amazonien Gehör zu verschaffen und eine globale Warnung auszusprechen. "Der Amazonas-Regenwald stirbt wegen solcher Konzerne. Wir Indigenen haben nicht die Kraft, gegen multinationale Konzerne zu kämpfen", klagte Mura. "Wir bitten um Hilfe."
Auch Maria Ivanilde Silva, Quilombola- und Caritas-Vertreterin aus dem Bundesstaat Pará, kritisierte den Ausschluss der traditionellen Gemeinschaften von der COP. Gerade im kommenden Jahr müsse ihnen mehr Gehör verschafft werden. Silva setzt daher auf die soziale Mobilisierung der lokalen Akteur:innen, um auf ihre Rechte aufmerksam zu machen.
Auch Dil Maiko Freitas, Ribeirinho und Fischer in Abaetetuba, einer Stadt in der Metropolregion Belém, äußerte sich pessimistisch über die COP30. Wie Silva setzt er auf zivilgesellschaftlichen Aktivismus, um auf die Menschen- und Landrechte traditioneller Gemeinschaften aufmerksam zu machen, auch für seine Gemeinde.
Die Ribeirinho-Gemeinschaft in Freitas, die seit über 200 Jahren am Fluss lebt, sei durch multinationale Unternehmen wie den US-Agrarkonzern Cargill akut bedroht. Der Bau von Häfen, unter anderem für den Export von Soja, gefährde nicht nur die traditionelle Fischerei der lokalen Bevölkerung, sondern auch deren Existenz.
Während der Tagung wurde in einer weiteren Podiumsdiskussion zum Thema "Klima- und Energiepolitik auf dem Tisch: Stimmen aus Brasilien und Süd-Nord-Reflexionen" auch die Perspektive der Quilombolas aus Bahia vorgestellt. Dort drängen Windkraftanlagen die Gemeinden territorial zurück und bedrohen ihre Existenz. Die globale Energiewende werde mit Menschenrechtsverletzungen erkauft, so der Bericht von Joice Santana vom Hilfswerk Caritas.
Quilombolas gehören zu den traditionellen Gemeinschaften Brasiliens und sind Nachfahren von versklavten Menschen aus Afrika, die in Brasilien unabhängige Gemeinschaften, sogenannte Quilombos, gegründet haben, um der Sklaverei zu entkommen und ihre Kultur zu bewahren. Dazu gehören auch die Ribeirinhos. Sie sind eine Bevölkerungsgruppe in den Flussgebieten Amazoniens, die hauptsächlich vom Fischfang, der Landwirtschaft und der Nutzung der natürlichen Ressourcen der Region lebt.
Der "Runde Tisch Brasilien" wird seit 2009 von KoBra organisiert und ist nach eigenen Angaben die größte jährliche Fachtagung zu Brasilien im deutschsprachigen Raum. Die Kooperation Brasilien ist ein deutsch-brasilianisches Netzwerk von Organisationen der Entwicklungszusammenarbeit, Aktivist:innen aus sozialen Bewegungen sowie wissenschaftlichen Organisationen und wurde 1989 gegründet.