Quito. Am vergangenen Samstag ist es ein Jahr her gewesen, dass Ecuadors Präsident Daniel Noboa sein Amt angetreten hat. Am 23. November 2023 war der Großunternehmer und Erbe der größten Bananendynastie des Landes vereidigt worden.
Bei seiner Antrittsrede vor der Nationalversammlung gab er zu verstehen, was das wichtigste Ziel seiner Präsidentschaft wird: "Ich glaube an einen Staat, dessen erstes Ziel die Verringerung der Gewalt ist."
Wenig verwunderlich in einem Land, das sich seit 2020 in einer nicht endenden gewalttätigen Auseinandersetzung mit dem organisierten Verbrechen befindet. 2023 erreichte die Gewalt ihren vorläufigen Höhepunkt. Mit 47,2 gewaltsamen Todesfällen pro 100.000 Einwohner war der Andenstaat das gewalttätigste Land Lateinamerikas.
Um dem entgegenzuwirken, setzte Noboa von Anfang an auf eine klassische Law-and-Order-Politik. Wiederholt verhängte der Präsident den Ausnahmezustand, anfangs über das gesamte Land, dann über einzelne Provinzen. Zuletzt bediente sich Noboa am 3. Oktober dieser Maßnahme, die erstmals auch die Hauptstadt Quito betraf.
Daneben setzt die Regierung auf den Bau von zwei neuen Hochsicherheitsgefängnissen. Bereits Mitte 2025 soll das "Cárcel del Encuentro" in der Küstenstadt Santa Elena in Betrieb gehen. Kostenpunkt 52 Millionen US-Dollar. Ein zweites Gefängnis ist im Amazonasgebiet geplant, das weitere 25,2 Millionen Dollar kosten soll, wobei die Mittel hierfür schon bereitgestellt sind. Zur Finanzierung wurde die Mehrwertsteuer von zwölf auf 15 Prozent erhöht.
Inwieweit die Maßnahmen zur Gewalteindämmung erfolgreich sind, darf bezweifelt werden. Zwischen Dezember 2023 und Oktober 2024 kamen insgesamt 6.277 Menschen durch Gewaltverbrechen ums Leben. Im Januar diese Jahres wurden innerhalb von neun Tagen 247 Menschen ermordet. Im Durchschnitt wurden jeden Tag 18 Personen getötet. Wenn dieser Durchschnitt bis Ende des Jahres anhält bedeutet das eine Rate von 39,2 gewaltsamen Todesfällen pro 100.000 Einwohner in 2024.
Hinzu kommt die anhaltend schlechte Wirtschaftslage und Energiekrise. Der Präsident kämpft mit immer schlechteren Umfragewerten.
Noboa selbst zeigte sich angesichts seines Dienstjubiläums wenig selbstkritisch. Auf X postete er ein Video, in dem seine Erfolge zur Schau gestellt werden, begleitet von den Worten: "Vom ersten Tag an haben wir uns für dieses Land eingesetzt. Wir sind nicht eingeknickt und haben auch nicht vor, dies zu tun."
Ob die Wähler das ebenso sehen, bleibt abzuwarten. Am 9. Februar 2025 stehen Präsidentschaftswahlen an.