Bogotá. Die Liberale Partei hat am Dienstag die Regierungskoalition in Kolumbien verlassen. Sie werde nun unabhängig entscheiden und "als konstruktive Opposition arbeiten, Lösungen vorschlagen und Unregelmäßigkeiten anprangern".
Noch am selben Tag erreichte die Nachricht einige liberale Abgeordnete vollkommen überraschend über soziale Netzwerke während der Plenarsitzung der Abgeordnetenkammer über das Dekret zur Krise in Catatumbo. Sie erklärten, sie seien über diesen Schritt der Partei nicht konsultiert oder informiert worden.
Darunter auch der Abgeordnete Juan Carlos Losada, der gegenüber der Presse sagte: "Dass wir von der Entscheidung durch einen Tweet erfahren müssen, ist beschämend. Ich bin zutiefst unzufrieden mit der Form des Vorsitzenden César Gaviria."
Gustavo Petro schrieb eine kurze Botschaft, in der er erklärte, dass die "Satzung der Liberalen Partei es dem Parteivorsitzenden nicht erlaubt, über den Status der Partei gegenüber der Regierung zu entscheiden". Er werde sich an dem orientieren, was die Fraktion entscheidet. Ähnlich äußerte sich Innenminister Juan Fernando Cristo in einem Video. Darin wies er darauf hin, dass die Unabhängigkeit der Liberalen Partei eine Entscheidung des ehemaligen Präsidenten Gaviria und nicht der Parlamentsfraktion sei. Gaviria war von 1990 bis 1994 Staatspräsident und ist seit 2017 Vorsitzender der Liberalen Partei.
In seiner Erklärung sagte Gaviria: "Die Krise in Catatumbo, die Spannungen in den Beziehungen zu den USA, die Korruptionsskandale und die mangelnde Regierungsführung haben das Wohlergehen und die Sicherheit der Kolumbianer in Gefahr gebracht."
In Catatumbo haben seit zwei Wochen die erneuten Kämpfe zwischen der Nationalen Befreiungsarmee (ELN) und Farc-Dissidenten nach Angaben verschiedener Behörden zwischen 60 und 80 Todesopfer gefordert und mehr als 40.000 Menschen vertrieben. Petro hatte zuletzt den Ausnahmezustand in der Region erklärt und ein Ministertreffen in der Region durchgeführt (amerika21 berichtete).
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Der Konflikt mit den USA brach am Sonntag aus. Petro hatte die Landung zweier Militärflugzeuge aus den USA untersagt, mit denen abgeschobene Kolumbianer zurückgebracht werden sollten. Petro hatte auf dem sozialen Netzwerk X kritisiert, dass die Landsleute "wie Kriminelle" in Handschellen transportiert wurden und keine "würdige Behandlung" erhalten hätten. In einer langen Erklärung bedauerte er die Entscheidungen des neuen Präsidenten der USA, Donald Trump, bezüglich der Migrationspolitik.
Als Reaktion verhängte Trump zunächst einen 25-prozentigen Zoll auf alle kolumbianischen Produkte sowie weitere Reise- und Einwanderungssanktionen. Petro reagierte mit einer ähnlichen Maßnahme. Diese Zölle sorgten für Verunsicherung, da die USA der wichtigste Handelspartner Kolumbiens sind (amerika21 berichtete).
Ein weiterer zentraler Grund für den Austritt der Liberalen Partei sei die wachsende Unzufriedenheit über die wirtschaftliche Lage des Landes. Kolumbien hätte laut Gaviria mit einer hohen Inflation, Arbeitslosigkeit und wachsender Armut zu kämpfen.
Die Liberale Partei hatte sich seit der Wahl von Petro 2022 als Partner in dessen progressivem Regierungsbündnis engagiert. Petro, der als erster linker Präsident Kolumbiens die Amtsgeschäfte antrat, setzte auf eine breite Koalition, um seine politischen Reformen voranzutreiben. In den letzten Jahren hatte die Partei wiederholt ihre Unzufriedenheit über die Regierungspolitik geäußert. Insbesondere hinsichtlich der wirtschaftlichen Herausforderungen, mit denen das Land in den letzten Jahren konfrontiert war und der Wahrnehmung, dass Petro eine zu radikale Agenda verfolge.
In der Praxis und nach Aussagen von Abgeordneten werden durch den Austritt allerdings keine relevanten Änderungen erwartet, da die Liberale Partei in ihrer Unterstützung für die Exekutive gespalten ist. Zudem gibt es im Repräsentantenhaus eine bedeutende Gruppe liberaler Abgeordneter, die der Regierung nahestehen und die meisten Projekte der Regierung unterstützen. Die Liberalen haben zwölf Abgeordnete im Senat und 33 im Repräsentantenhaus.
In der Regierung Petro verbleiben damit die Parteien des Pacto Histórico, der Alianza Verde und die Mitglieder von En Marcha.