Berlin. Ein Beitrag in einem deutschen Schulbuch für Kinder vom Mildenberger Verlag hat innerhalb der brasilianischen Community in Berlin für Entrüstung gesorgt und wurde vielfach in Sozialen Netzwerken geteilt. Auch die brasilianische Regierung übte scharfe Kritik. Dem Verlag wird vorgeworfen, Brasilien auf eine verzerrte und vorurteilsbehaftete Weise darzustellen. Der Verlag hat sich entschuldigt.
Im Buch ABC der Tiere - Sprachbuch 4 wird ein Junge abgebildet, der sagt: "Hallo, ich heiße Marco. Ich lebe in Rio de Janeiro/Brasilien. Ich gehe nicht in die Schule. Morgens suche ich Essensreste in Mülltonnen. Ich möchte Fußballprofi werden."
Über die brasilianische Botschaft in Berlin äußerte sich das Außenministerium zum Buch, das in Klassen 4 deutscher Grundschulen verwendet wird. Die Darstellung propagiere Vorurteile und habe einen "unsensiblen und uninformierten Ansatz".
"Abgesehen von der Schwierigkeit zu verstehen, wie ein solcher Text den Anspruch erheben kann, didaktisch zu sein, sind wir besorgt über die Auswirkungen auf Kinder, die Stereotypen und Vorurteilen über andere Länder ausgesetzt werden", hieß es weiter.
Das Bestehen einer großen sozialen Ungleichheit in Brasilien stelle ein anerkannt schwerwiegendes Problem dar. Es gebe langfristige Bemühungen und öffentliche Maßnahmen, um sicherzustellen, dass Kinder Zugang zu qualitativ hochwertiger Bildung und Gesundheit haben. Dazu gehörten die Programme "Bolsa Família", "Criança Alfabetizada", "Escola em Tempo Integral" und "Proinfância". Laut landesweiten offiziellen Erhebungen im Jahr 2023 weise das Land eine Einschulungsrate von 99,4 Prozent für Kinder zwischen sechs und 14 Jahren auf.
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Die unternommenen Anstrengungen der Regierung von Präsident Luiz Inácio Lula da Silva würden von der Weltbank, der Internationalen Arbeitsorganisation und der FAO als Vorbild für andere Entwicklungsländer anerkannt. Auch das Schulspeisungsprogramm, das eine angemessene Ernährung der Schülerinnen und Schüler gewährleiste, sei "vorbildlich und wurde von den zuständigen Stellen der deutschen Regierung als Referenz bezeichnet", führte die Regierung in ihrer "Zurückweisung" weiter aus.
Der Fall kam laut CNN Brasil ins Rollen, nachdem ein elfjähriger brasilianischer Junge sich mit dem Inhalt in der Schule konfrontiert sah und seine Frustration gegenüber seinen Eltern äußerte. Die Mutter des Jungen teilte ein Bild des Textauszugs in einer WhatsApp-Gruppe brasilianischer Mütter. Dies löste in den Sozialen Netzwerken eine Welle der Empörung aus.
Mit einer Stellungnahme in Sozialen Netzwerken entschuldigte sich der Verlag Mildenberger bei der brasilianischen Gemeinschaft. "Wir haben einen Fehler gemacht, indem wir eine stereotype und unangemessene Darstellung eines brasilianischen Kindes in einem unserer Schulbücher veröffentlicht haben."
In einer Pressemitteilung der Geschäftsführung vom 16. Februar, die amerika21 vorliegt, heißt es, die kritisierte Textstelle sei "eingebettet" gewesen "in eine pädagogische Einheit zur Entwicklung von Berufswünschen bei Grundschülern". Dabei wäre es uns nicht um die Darstellung eines Landes oder einer Kultur, sondern "um die Reflexion von individuellen Lebenswegen weltweit" gegangen. "Dass die beanstandete Passage für sich betrachtet eine komplett andere und beleidigende Wirkung erzielen kann, haben wir übersehen. Dafür übernehmen wir die Verantwortung und wir arbeiten intensiv daran, den Fehler zu korrigieren."
Der Verlag habe den Verkauf des Buchs gestoppt, vorhandene Exemplare würden zerstört. Eine neue Version des Buchs werde nach Abstimmung mit der brasilianischen Community gedruckt und für den Austausch kostenlos an die Schulen geliefert.