San José. Der costa-ricanische Tourismus befindet sich seit sechs Monaten im Abschwung. Dies zeigen offizielle Zahlen des staatlichen Instituts für Tourismus (ICT). So gehen seit September 2024 die Besucher:innenzahlen zurück. Über die Entwicklung sorgt sich nicht nur die Tourismusindustrie des Landes.
Seit Beginn der 2000er-Jahre ist der Tourismussektor zugleich die größte Wirtschaftsbranche und der wichtigste Wachstumstreiber im traditionell von der Landwirtschaft geprägten zentralamerikanischen Land. Der Sektor trägt acht Prozent zum Bruttoinlandsprodukt bei. Schätzungen gehen davon aus, dass damit unmittelbar und mittelbar rund 25 Prozent der Arbeitsplätze im Land zusammenhängen. 2024 kamen 2,91 Millionen ausländische Tourist:innen nach Costa Rica, vor allem aus Nordamerika.
Während von September bis Dezember 2023 820.477 Tourist:innen Costa Rica besuchten, waren es im Vergleichszeitraum 2024 nur 788.653. Zurückgegangen ist hierbei vor allem die Zahl der Tourist:innen aus Europa und Zentralamerika. Aus Deutschland kamen 43,8 Prozent weniger Besucher:innen, aus Frankreich 31,6 Prozent und aus Spanien 29,3 Prozent.
Tourismusunternehmen und internationale Marketingexperten sehen als Hauptursache des Rückgangs der Zahlen den Anstieg von Gewalt und Kriminalität an. Einst eines der sichersten Länder Lateinamerikas, erlebt Costa Rica seit einigen Jahren eine Gewaltwelle. So wurden im Jahr 2023 mit 905 Morden so viele verzeichnet wie noch nie zuvor (amerika 21 berichtete). Im Dezember 2024 reagierten US-Behörden mit der Anpassung der Sicherheitsstufe und raten seitdem zu erhöhter Vorsicht.
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Genaue Daten über die Auswirkungen der Kriminalität liegen nicht vor und sind extrem schwierig zu erheben. Doch der Tourismusunternehmer Bary Roberts versichert: "Es ist offensichtlich, dass die Unsicherheit die Situation beeinflusst. Wir wissen, dass ein unsicheres Reiseziel aufhört, ein Reiseziel zu sein."
Die Non-Profit-Organisation Proimagen sieht die Entwicklung in einem komplexeren Zusammenhang: "Die globale wirtschaftliche Unsicherheit, verschärft durch politische Spannungen, hat dazu geführt hat, dass Reisende vorsichtiger mit ihren Ausgaben umgehen. Dieses Umfeld, kombiniert mit den hohen Kosten touristischer Dienstleistungen im Land, hat Costa Rica in eine nachteilige Position gegenüber Wettbewerbern gebracht, die günstigere Preise anbieten."
So hat laut Proimagen der US-Dollar als globale Leitwährung und im Tourismussektor in Costa Rica übliches Zahlungsmittel gegenüber der Landeswährung Colón abgewertet. Die Folge ist ein Anstieg der Lebenshaltungskosten. Um ihre Kosten zu decken, sehen sich Unternehmen deshalb gezwungen, ihre Preise zu erhöhen. Dies macht das ohnehin relativ teure Reiseziel weniger attraktiv und wettbewerbsfähig. Davon profitieren Länder in Asien, Zentralamerika und der Karibik.