Internationaler Gerichtshof fordert von Venezuela Verzicht auf Wahlen im Esequibo

Zugehörigkeit des Grenzgebietes ungeklärt. IGH reagiert auf Gesuch von Guyana. Venezuela weist Forderung zurück

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Das Außenministerium von Venezuela zur IGH-Entscheidung bezüglich des Esequibo-Streifens
Das Außenministerium von Venezuela zur IGH-Entscheidung bezüglich des Esequibo-Streifens

Den Haag/Caracas. Der Internationale Gerichtshof (IGH) hat die Regierung von Venezuela aufgefordert, die für den 25. Mai angesetzten Parlaments-, Regional- und Kommunalwahlen nicht auf die zwischen Venezuela und Guyana territorial umstrittene Region Esequibo auszudehnen.

Dem IGH zufolge müssten alle Handlungen unterlassen werden, die den Konflikt zwischen den Nachbarländern "verschärfen oder verlängern" und den Status quo in dem Gebiet verändern könnten. Venezuela verstoße dagegen mit Gesetzesinitiativen, Dekreten und der Ankündigung von Wahlen in dem Gebiet. Laut der Online-Zeitung infobae erging der IGH-Entscheid mit zwölf zu drei Stimmen der Richter.

Der IGH kam damit einem Gesuch der Regierung von Guyana nach. Diese hatte Anfang März "vorläufige Maßnahmen" des Gerichts beantragt, um Venezuela daran zu hindern, einen Gouverneur für das Gebiet Esequibo zu wählen.

Die venezolanische Regierung wies die Entscheidung des IGH umgehend in einer Erklärung ihres Außenministeriums zurück, die die Vizepräsidentin des südamerikanischen Landes, Delcy Rodríguez, über ihre sozialen Netzwerke teilte.

Venezuela anerkenne die Zuständigkeit des IGH nicht und werde "keine Entscheidung dieses Gerichts zur Beilegung des Territorialstreits um Guayana Esequibo befolgen". Das Verfahren sei "von Anfang an manipuliert und von anti-venezolanischen Unternehmensinteressen gelenkt, die nichts mit Gerechtigkeit zu tun haben", so das Kommuniqué weiter.

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Venezuela macht geltend, dass das von den Vereinten Nationen vermittelte Genfer Abkommen von 1966 mit der Vorgabe einer noch ausstehenden Verhandlungslösung das einzige verbindliche Instrument zur Klärung des Streits sei.

Nach der Entdeckung großer Ölvorkommen 2015 vor der Küste des Esequibo-Streifens, dessen Gewässer Teil der ungeklärten Territorialfragen sind, hatte Guyana ohne Absprache mit Venezuela an den US-Konzern Exxon Förderlizenzen vergeben. Exxon betreibt inzwischen in dem umstrittenen Seegebiet mehrere Förderplattformen. Die Regierung von Guyana ist parallel militärische Kooperationen mit den USA und Großbritannien eingegangen, um die einseitigen Schritte abzusichern (amerika21 berichtete).

Der IGH, der sich auf Antrag Guyanas 2023 für zuständig erklärte, tritt in dem Streit indes parteiisch auf: Die Vorgabe, dass keine der Konfliktparteien Handlungen begehen dürfe, die den Status quo in dem Gebiet verändern könnten, gilt nicht für die Ausbeutung der Öl-Vorkommen durch Exxon und die Verträge, die Guyanas Regierung in diesem Zusammenhang eingegangen ist.

Im Dezember 2023 hatten sich die Präsidenten von Venezuela und Guyana, Nicolás Maduro und Irfaan Ali, in der Hauptstadt von St. Vincent und den Grenadinen, Kingstown, persönlich getroffen und verabredet, in dem Konflikt einen kontinuierlichen direkten Dialog zu eröffnen. Maduro und Ali unterzeichneten die "Gemeinsame Erklärung von Argyle für den Frieden zwischen Guyana und Venezuela". Darin wurde festgehalten, dass keine Seite mit der Anwendung von Gewalt gegen die andere droht, dass beide sich verpflichten, "Kontroversen in Übereinstimmung mit dem Völkerrecht zu lösen" und "von einer Eskalation des Konflikts absehen".

Zur Vermittlung nahmen auch Vertreter der Karibischen Gemeinschaft (Caricom), der Gemeinschaft der lateinamerikanischen und karibischen Staaten (Celac), Brasiliens, Kolumbiens und der Vereinten Nationen an dem Treffen teil. Dieser erste Ansatz hat bisher keine Fortsetzung erfahren. Der Konflikt birgt erhebliches Eskalationspotential.