Lateinamerika / Medien

Lateinamerika: Pressefreiheit mangelhaft

presse_reporter_ohne_grenzen.png

Amerika wird von RSF kritisch bewertet
Amerika wird von RSF kritisch bewertet

Buenos Aires/Santiago de Chile. Laut dem Ranking der Organisation Reporter ohne Grenzen (Reporters sans frontières, RSF) ist die Pressefreiheit in Lateinamerika ein Problem. Dieses Jahr sind vor allem Argentinien um 21 Plätze auf Rang 87 und Chile um 17 Plätze auf Rang 69 gefallen. Das sind die beiden stärksten Rückfälle in der Region, auch wenn beide Länder im lateinamerikanischen Vergleich (noch) in der oberen Hälfte stehen. Der aktuelle Bericht erschien am 3. Mai zum Internationalen Tag der Pressefreiheit. 

Die Verschlechterung in Argentinien ist laut RSF auf das Wirken der seit Dezember 2023 amtierenden rechten Regierung zurückzuführen: "Präsident Javier Milei hat Journalisten stigmatisiert, öffentliche Medien demontiert und staatliche Werbung als politische Waffe eingesetzt". Der RSF-Bericht spricht von einem "autoritären Abdriften", in dem es vermehrt auch zu "körperlichen Angriffen auf Journalisten" komme. Die argentinische Entwicklung ist dramatisch, weil das Land bereits im RSF-Vorjahresranking um 26 Plätze zurückgefallen war.

In Argentinien sind Angriffe auf Journalist:innen, die über Proteste gegen die Regierungspolitik berichten, laut RSF mittlerweile an der Tagesordnung. Präsident Milei selbst wettert in den sozialen Medien regelmäßig gegen die Presse; seine Tweets enden oft mit dem Schlusssatz "Wir hassen den Journalismus".

Der Fotograf Pablo Grillo beispielsweise wurde vor einigen Wochen am Rande einer Demonstration durch die Polizei schwer verletzt und liegt nach mehreren Operationen weiterhin im Krankenhaus. Santiago Becerra, Fotograf des kritischen Newsportals Tiempo Argentino, wurde von Milei eingeschüchtert, als dieser ihn bei einer öffentlichen Veranstaltung fotografierte. Wenige Tage zuvor wurde der Journalist Roberto Navarro auf offener Straße brutal angegriffen; der Vorfall harrt der Aufklärung.

Über Chile heißt es in dem RSF-Bericht: "Obwohl die Pressefreiheit in der chilenischen Verfassung und im Rechtssystem garantiert ist, wird sie in der Praxis nicht immer respektiert. Der investigative Journalismus verliert an Bedeutung, und die Angriffe auf Journalisten nehmen zu. Gerichtsverfahren gegen Medien und Journalisten sind gängig geworden." Über Argentinien und Chile hinaus stellt der RSF-Bericht fest, dass der freie Journalismus in Lateinamerika weiter mit "strukturellen und wirtschaftlichen Herausforderungen konfrontiert ist: Medienkonzentration, fragile öffentliche Informationsdienste und prekäre Arbeitsbedingungen".

Über den Tellerrand schauen?

Mit Ihrer Spende können wir Ihnen täglich das Geschehen in Lateinamerika näher bringen.

Auch andere Länder Lateinamerikas bereiten laut RSF Sorgen. In Peru (Platz 130 [–5]) hat die Pressefreiheit weiter abgenommen und sich seit 2022 aufgrund rechtlicher Schikanen gegen Journalist:innen, Desinformationskampagnen und wachsendem Druck auf unabhängige Medien um 53 Plätze verschlechtert. El Salvador (Platz 135) ist seit 2020 um 61 Plätze gefallen, weil unter Präsident Nayib Bukele die Pressefreiheit durch Propaganda und systematische Angriffe auf regierungskritische Medien untergraben wird.

In einigen großen Ländern stellt RSF "gemischte Tendenzen" fest. Brasilien (Platz 63 [+19]) erhole sich weiter vom feindseligen Medienklima unter Ex-Präsident Bolsonaro und hat sich seit 2022 um 47 Plätze verbessert. Mexiko (Platz 124 [–3]) bleibt ein für Journalist:innen gefährliches Land und ist durch eine weiterhin fragile Medienlandschaft gekennzeichnet.

Auch in Kolumbien (Platz 115) ist die Sicherheit von Journalist:innen oft bedroht. Laut RSF ist die Haltung der Regierung Petro zur Pressefreiheit "inkonsistent" und schwanke "zwischen der Förderung gemeindebasierter und alternativer Medien zur Verbesserung der Medienvielfalt und einer sehr konfrontativen Rhetorik" gegenüber Mainstream-Medien.

Am unteren Ende des RSF-Rankings liegen Venezuela (160), Kuba (165) und Nicaragua (172). In allen drei Ländern sind staatliche Zensur und die gerichtliche Verfolgung von Journalist:innen laut RSF weit verbreitet. In Nicaragua habe das "Ortega-Murillo-Regime die unabhängigen Medien zerschlagen, Journalisten die Staatsbürgerschaft entzogen und Hunderte von Journalist:innen ins Exil gezwungen", heißt es im Bericht.