San Salvador. Präsident Nayib Bukele hat bei seiner Rede zum ersten Jahrestag seiner Wiederwahl die "Politik der harten Hand" vehement verteidigt. In einer im Fernsehen und sozialen Netzwerken übertragenen Ansprache erklärte er, es sei ihm "egal, ob man ihn einen Diktator nennt" – Hauptsache, die Gewalt auf den Straßen werde gestoppt.
In dem 80-minütigen Auftritt im Nationaltheater der Hauptstadt wandte sich Bukele mit scharfen Worten gegen internationale Medien, Menschenrechtsorganisationen und die politische Opposition. Seine Aussagen richteten sich dabei besonders gegen Kritik aus dem Ausland: Begriffe wie "Demokratie" und "Menschenrechte" würden nur benutzt, um "Völker zu unterwerfen". Die internationale Berichterstattung bezeichnete er als "koordinierten Angriff", in dem Journalisten als "politische Aktivisten" aufträten.
Die Rede fiel in eine Zeit wachsender Besorgnis über die politische Entwicklung in El Salvador. Im Mai wurden laut Medienberichten mindestens 15 Aktivist:innen, Unternehmer:innen und Journalist:innen verhaftet. Menschenrechtsorganisationen sprechen von einer "Eskalation autoritärer Repression". Dennoch bleibt Bukele laut der Meinungsumfrage von Cid Gallup mit über 80 Prozent Zustimmung weiterhin sehr populär.
Zentrales Thema war auch das neue Gesetz über ausländische Agenten, das am 20. Mai verabschiedet wurde (amerika21 berichtete). Es erlaubt der Regierung, Organisationen mit Auslandsfinanzierung mit 30 Prozent Steuer auf ihre Einnahmen zu belegen – es sei denn, sie gelten als humanitär. Kritiker:innen sehen in dem Gesetz ein Mittel zur gezielten Kontrolle und Ausschaltung unliebsamer NGOs. Laut Amnesty International stellt das Gesetz einen Angriff auf die Meinungs-, Vereinigungs- und Organisationsfreiheit dar.
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Bukele betonte, dass die angebliche Verteidigung von Menschenrechten häufig dem Schutz von Kriminellen diene. Als Beispiel nannte er den Fall eines freigelassenen Gangmitglieds, das später einen Soldaten tötete. Ein "vermeidbares Verbrechen", so Bukele, das durch internationale Abkommen ermöglicht worden sei.
Dagegen steht der aktuelle Fall der Menschenrechtsanwältin Ruth López. Am 3. Juni entschied das Friedensgericht Nummer 12 in San Salvador, sie in Untersuchungshaft zu nehmen. Die Verhandlung fand unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt und wurde auf Antrag der Staatsanwaltschaft als geheim eingestuft.
López, die sich vor Gericht lautstark als politische Gefangene bezeichnete, wies die Vorwürfe der Geldwäsche zurück und forderte ein öffentliches Verfahren. Ihr Anwalt kritisierte die Entscheidung als "juristische Absurdität" ohne belastbare Beweise. Für zusätzliche Irritation sorgte der Abtransport López’ in einem nicht gekennzeichneten Privatfahrzeug mit guatemaltekischem Kennzeichen – ein Umstand, der von Menschenrechtsorganisationen als intransparent und potenziell rechtswidrig angeprangert wurde.