Buenos Aires. Der Korruptionsverdacht beim Medikamentenkauf der Staatsagentur für Menschen mit Behinderungen (Andis) (amerika21 berichtete) führt in der Bevölkerung zu wachsender Unzufriedenheit mit Staatspräsident Javier Milei. Er selbst wurde bei einer Wahlkampfveranstaltung in der Provinz Buenos Aires mit Steinen angegriffen, worüber breit berichtet wurde.
Nun zeigen auch die ersten Umfragen zu dem Fall einen rapiden Imageverlust Mileis. Eine von Trespuntoszero durchgeführte Befragung von 1.200 Personen über 16 Jahren zeigt, dass 79 Prozent der argentinischen Bürger:innen über den Bestechungsfall gut informiert sind. Diese bestätigt die Ergebnisse einer zuvor von der Agentur Management & Fit durchgeführten Online- und Telefonbefragung von 1.000 Bürger:innen, die repräsentativ nach Wohnort, Alter, Geschlecht und Status ausgewählt wurden.
62,5 Prozent der Befragten meinen, dass die Audioaufnahmen des ehemaligen Andis-Direktors Diego Spagnuolo "schwere Korruptionshandlungen der Regierung widerspiegeln"; zugleich machen knapp 57,9 Prozent den Präsidenten und 59,3 Prozent seine Schwester Karina für die Schmiergelder verantwortlich, die gezahlt worden sein sollen. Dagegen meinen 32,8 Prozent der Befragten, dass es sich um eine "Operation" der Opposition zur Diskreditierung der Regierung handele.
Der Andis-Fall hat auch dazu geführt, dass nur noch 40 Prozent der Bevölkerung die Regierung Milei positiv sehen. Im Gegensatz dazu bewerten 57 Prozent die Arbeit der Regierung als "schlecht" oder "sehr schlecht". Bei den Hauptproblemen des Landes steht Korruption mit 44,5 Prozent an erster Stelle, mit sehr deutlichem Abstand folgen Armut mit 16,1 Prozent und Unsicherheit mit 13,2 Prozent.
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Auch im Ansehen der führenden Politiker:innen des Landes fällt Milei demnach – zum ersten Mal seit Amtsantritt – auf Platz drei hinter Axel Kicillof, den peronistischen Gouverneur der Provinz Buenos Aires, und Ex-Präsidentin Cristina Fernández de Kirchner. Diese war in einem umstrittenen Urteil wegen Korruption zu fünf Jahren Haft beziehungsweise Hausarrest verurteilt worden.
Weniger klar sind die Umfrageergebnisse im Hinblick auf die möglichen Folgen, die der Andis-Fall auf die kommenden Wahlergebnisse haben wird. Für eine übergroße Mehrheit von 82,6 Prozent hat der Fall voraussichtlich keinen Einfluss auf ihre Wahlentscheidung, doch auch 15,5 Prozent der Wähler:innen von Mileis Partei La Libertad Avanza (LLA) könnten ihr vorheriges Votum nun infrage stellen.
Laut Umfragen finden sich die an ihrer Unterstützung für Milei Zweifelnden vor allem in drei Gruppen: Der höchste Anteil mit 20,9 Prozent wurde bei Frauen ermittelt, gefolgt von Menschen mit hoher Kaufkraft mit 18,2 Prozent und den über 40-Jährigen mit 17,7 Prozent.
Für die Meinungsforscher:innen bestärkt der Andis-Fall also diejenigen, die Milei und seine Regierung bereits missbilligt und abgelehnt haben. Doch der Anteil von Zweifler:innen unter denen, die den Präsidenten bisher unterstützt haben, gilt als bemerkenswert. Bei den in Kürze stattfindenden Wahlen in der Provinz Buenos Aires, die bisher auf ein Patt zwischen LLA und Peronist:innen hindeuten, kann eine solche Dynamik eventuell über das Ergebnis entscheiden.

