Argentinien / Politik

Kicillof in Argentinien strebt Führung im Peronismus an

Nach der Wahlniederlage wächst der Druck in der Partei. Kicillof versammelt über 40 Bürgermeister:innen der Provinz Buenos Aires

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Axel Kicillof, hier bei der Stimmabgabe am 26. Oktober, möglicherweise der neue starke Mann der peronistischen Partei
Axel Kicillof, hier bei der Stimmabgabe am 26. Oktober, möglicherweise der neue starke Mann der peronistischen Partei

Buenos Aires. Nach der Wahlniederlage bei den Parlamentswahlen sind in der peronistischen Partei Konflikte ausgebrochen. Der Gouverneur der Provinz Buenos Aires (PBA), Axel Kicillof, versucht seine Gefolgschaft zu festigen und Führungskraft zu zeigen.

In PBA war der Peronismus mit 40,9 Prozent der abgegebenen Stimmen gegenüber der Partei La Libertad Avanza (Die Freiheit Schreitet Voran, LLA) von Präsident Javier Milei mit 41,4 Prozent knapp unterlegen. Von den 33 Abgeordneten der Provinz entfallen nun 17 auf LLA, und 16 auf den Peronismus. Im gesamten Land musste der Peronismus bei den Wahlen am 26. Oktober eine deutliche Niederlage hinnehmen (amerika21 berichtete).

Diese Niederlage galt wegen des demografischen Gewichts der Provinz, in der mit 17,5 Millionen rund 38 Prozent aller Argentinier:innen leben, als wichtig für den gesamten Wahlausgang. Das Ergebnis in PBA hat zudem eine große Symbolik, weil die industriell geprägten Vororte von Buenos Aires historische Bastionen des Peronismus sind.

Bei den von Kicillof auf den 7. September vorgezogenen Provinziwahlen, die eigentlich am Tag der nationalen Parlamentswahlen stattgefunden hätten, hatte der Peronismus mit 47,2 Prozent der abgegebenen Stimmen deutlich gegen LLA gewonnen, die auf 33,7 Prozent kam.

Jüngst versammelte Kicillof mehr als 40 Bürgermeister:innen aus PBA, die zugleich seiner innerparteilichen Organisation Movimiento Derecho al Futuro (Bewegung Recht und Zukunft) angehören. Damit war ein knappes Drittel der 135 Stadtoberhäupter der Provinz vertreten, unter anderem die Bürgermeister:innen der Provinzhauptstadt La Plata sowie der Großstädte Almirante Brown, Florencio Varela und General San Martín. An dem Treffen nahmen auch die Vizegouverneurin und viele Minister:innen der Provinzregierung teil.

Anders als Cristina Fernandez Kirchner, ex-Staatspräsidentin und Vorsitzende der peronistischen Gerechtigkeitspartei (PJ), verteidigten die Bürgermeister:innen die von Kicillof entschiedene Teilung der Wahltermine. Kirchner ist die prominenteste Vertreterin eines staatsinterventionistischen, mit den Gewerkschaften verflochtenen traditionellen Peronismus, Kicillof strebt eine "liberalere" Variante an.

Einigkeit herrschte darüber, dass finanzielle und außenpolitische Faktoren – vor allem die an einen Wahlsieg Mileis konditionierte Währungshilfe von US-Präsident Trump – zum Sieg von LLA beitrugen.

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Daneben sei zu berücksichtigen, dass der Peronismus durch zwei prominente Abspaltungen kurz vor der Wahl rund 1,5 Prozent verlor. Zudem erzielte die Arbeiter:innen- und Linkspartei (Frente de Izquierdas y de Trabajadores) mit gut fünf Prozent ihr seit langem bestes Ergebnis.

Im Vorfeld war darüber spekuliert worden, ob die versammelten Bürgermeister:innen sich explizit vom Kirchnerismus distanzieren oder gar mit ihm brechen wollten.

Kicillof versammelte die Bürgermeister:innen, kurz nachdem Kirchner in einem offenen Brief den Gouverneur für die Niederlage in PBA verantwortlich gemacht hatte. Kirchner steht wegen eines für viele als politisch motiviert geltenden Gerichtsurteils in ihrem Wohnhaus unter Hausarrest.

Kirchner wies darauf hin, dass bei der Parlamentswahl in den anderen peronistisch regierten Provinzen Fuerza Patria die Mehrheit gewonnen hatte, nur nicht in PBA, ein Seitenhieb gegen Kicillof. Wörtlich sagte sie "Die Ausnahme in PBA ist auf einen politischen Fehler zurückzuführen: die Wahl der falschen Wahlstrategie und die Entscheidung, die Wahlen zu trennen."

Im Hinblick auf die weitere Strategie des Peronismus meinen Kicillofs Anhänger:innen, dass der Gouverneur selbst die Erneuerung der Partei anleiten sollte, aufbauend auf seiner Rolle als Regierungschef in PBA. Viele sehen in ihm den "natürlichen" Präsidentschaftskandidat:innen des Peronismus für 2027; einige befürworten, gegenüber CFK und dem Kirchnerismo weiter Zeichen der Stärke zu senden. "Mit dem Ergebnis vom 26. Oktober ist Axel hingefallen, aber er wird wieder aufstehen", werden Akteur:innen zitiert.

Kicillof selbst versuchte nicht nur innerparteilich die Reihen zu schließen, sondern griff auch den politischen Hauptgegner an. In einem über die sozialen Medien verbreiteten Brief beklagte er, dass die von Mileis Wirtschaftspolitik verursachten Katastrophen "unvermindert anhalten": "Rentner:innen, Arbeiter:innen, Unternehmer:innen, Studierende, sozial Schwache und die Mittelschicht leiden weiter unter den Folgen der Anpassung, die zu einem Rückgang von Konsum und Umsatz, Arbeitsplatzverlusten und v.a. zu Angst und Verzweiflung führt."

Kicillof kritisierte zudem die "sektiererische und antidemokratische" Haltung des Staatspräsidenten, der die Gouverneur:innen der Provinzen einlud, aber vier peronistische, darunter Kicillof, ausschloss. "Der Ausschluss unserer Provinzen ist eine antidemokratische Geste und widerspricht dem föderalen Geist."