Kubas Beiträge im Kampf gegen die Covid-19-Pandemie

Kuba hat gezeigt, dass ein anderer Weg im Kampf gegen die Pandemie möglich ist ‒ und damit im Westen ein Beispiel für Effizienz gesetzt

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Die medizinischen Grundversorgung durch das "Programa del Médico y Enfermera de la Familia" beweist auch in der Corona-Pandemie ihre Wirksamkeit
Die medizinischen Grundversorgung durch das "Programa del Médico y Enfermera de la Familia" beweist auch in der Corona-Pandemie ihre Wirksamkeit

"Sie haben intelligente Waffen entdeckt. Wir haben etwas viel Wichtigeres entdeckt: Menschen denken und fühlen." Fidel Castro

Die Covid-19-Pandemie hat das Versagen der meisten westlichen kapitalistischen Länder in ihrer öffentlichen Gesundheitspolitik offenbart. Jahrzehnte der neoliberalen Austerität, der Kürzungen im Gesundheits- und Bildungswesen, die durch die Restrukturierungsprogramme von IWF und Weltbank ausgelöst wurden, zeigen nun ihre Ergebnisse in alarmierenden Zahlen von Ansteckungen und Todesfällen, die sich über Lateinamerika, Europa und vor allem die USA ausbreiten. Kuba hat gezeigt, dass ein anderer Weg im Kampf gegen die Pandemie möglich ist ‒ und damit im Westen ein Beispiel für Effizienz gesetzt.

Die Zahlen sprechen für sich, wir brauchen Kuba nur mit anderen Ländern oder großen Städten mit ähnlicher Bevölkerungszahl zu vergleichen, um ein sehr klares Bild von den unterschiedlichen Ergebnissen zu erhalten.

Bei einer Bevölkerung von rund 11.35 Mliionen Menschen gab es in Kuba bisher insgesamt 53.308 Covid-19-Infektionen und 336 Todesfälle (Stand: 8.März). New York City, mit einer Bevölkerung von rund 18.8 Mliionen, hat eine Gesamtzahl von 752.617 Infizierten und 29.823 Todesfällen. Die Schweiz, mit einer kleineren Bevölkerung als Kuba, rund 8.6 Mliionen Menschen, hat bisher total 562.290 Fälle von Covid-19 und 9.331 Todesfälle. Wie lässt sich also erklären, dass ein Land, das über weit weniger Ressourcen verfügt als eine Stadt wie New York oder ein Land wie die Schweiz, so viel effizienter im Kampf gegen die Pandemie sein kann?

Die Antwort ist einfach: Die kubanische Revolution von 1959 konzentrierte die wenigen Ressourcen, die dem Lande zur Verfügung standen, auf den Aufbau eines Gesundheitssystems, das in erster Linie den Bedürfnissen der Bevölkerung dienen sollte und nicht den Interessen der verschiedenen Sektoren der privatisierten Medizin ‒ von den Krankenkassen bis zu den großen Pharmakonzernen, über die teure "High-Tech"-Medizin, auf die die entwickelten Länder so stolz sind.

Nach der Revolution verließ praktisch die Hälfte der kubanischen Ärzte das Land, was die Fähigkeit der neuen Regierung, den Gesundheitsbedarf der Bevölkerung zu decken, stark einschränkte. Die Revolutionsregierung beschloss, in die Ausbildung neuer medizinischer Fachkräfte ‒ in Menschen ‒ zu investieren und den Zugang zu medizinischer Versorgung auf die Landbevölkerung und vor allem auf Schwarze auszudehnen, die bis dahin ausgeschlossen waren.

Auf diese Weise konnte Kuba die Zahl der Krankenschwestern von 2.500 im Jahr 1958 auf 4.300 in einem Jahrzehnt erhöhen. Durch seine massiven Impfkampagnen eliminierte Kuba 1962 die Kinderlähmung, 1967 die Malaria, 1972 den Neugeborenen-Tetanus, 1979 die Diphtherie, 1989 das kongenitale Rötelnsyndrom, 1993 die Hirnhautentzündung, 1995 die Röteln und 1997 die tuberkulöse Meningitis. Heute ist die Kindersterblichkeitsrate in Kuba niedriger als in den USA und weniger als halb so hoch wie die der schwarzen Bevölkerung in den USA.

Bis 1983, etwas mehr als zwei Jahrzehnte nach der Revolution, war die Lebenserwartung in Kuba auf 73,8 Jahre gestiegen, während sie in der vorangegangenen Periode nur 58,8 Jahre betrug.

Während viele Expert:nnen des öffentlichen Gesundheitswesens den chronischen Mangel an Gesundheitsversorgung in Lateinamerika oft auf einen Mangel an Ressourcen zurückführen, hat die kubanische Revolution in der Praxis gezeigt, dass, wenn begrenzte Ressourcen gerecht verteilt werden und der Schwerpunkt auf den Menschen und die Prävention gelegt wird, Ergebnisse im Bereich der öffentlichen Gesundheit erzielt werden können, die zuvor unvorstellbar waren.

Der Neoliberalismus, der in vielen Ländern des Südens mit Gewalt durchgesetzt und von den Wirtschaftseliten des Nordens als bevorzugte Politik in ihren eigenen Ländern gewählt wurde, hat auf einen Weg geführt, der dem kubanischen entgegengesetzt ist. Und die Corona-Pandemie zeigt sehr deutlich, welcher Weg der richtige war.

Während in den reichen Ländern des Nordens die neoliberale Austerität seit Jahrzehnten zu sukzessiven Kürzungen der Gesundheitsbudgets und vor allem zu Kürzungen des verfügbaren Fachpersonals geführt hat, hat Kuba in die Ausbildung von immer mehr Fachkräften im Gesundheitswesen investiert.

Als die Pandemie eintraf, war klar, dass Kuba bereits über die notwendigen personellen und ressourcenbezogenen Kapazitäten verfügte, um einer solchen Situation zu begegnen. In den Ländern des Nordens hingegen kam zum Mangel an Personal und öffentlicher Infrastruktur die Unfähigkeit hinzu, die richtigen Maßnahmen zu ergreifen, wenn diese den etablierten privaten Interessen entgegenstanden. Folglich wurde Kuba zum ersten Mal gebeten, seine Hilfe in einige reiche und entwickelte Länder des Nordens zu bringen, wie z.B. Italien. Kubanische Ärzte und andere medizinische Fachkräfte brachten ihre Hilfe auch nach Andorra und in Frankreichs Überseegebiete in der Karibik, in die Martinique und Guadeloupe.

Eine größere Demonstration des Bankrotts des neoliberalen Modells kann man sich nicht vorstellen.

Die kubanische Revolution hat von Anfang an und trotz aller materiellen Schwierigkeiten, denen sich die neue Regierung gegenübersah, alles getan, um ärmeren und um Eigenständigkeit kämpfenden Ländern zu helfen. 1963, nur vier Jahre nach der Revolution und immer noch mit enormen internen Schwierigkeiten konfrontiert, schickte Kuba seine erste medizinische Hilfsmission nach Algerien, einer Nation, die gerade einen jahrzehntelangen blutigen Unabhängigkeitskrieg gegen Frankreich hinter sich hatte. Mit Hilfe von 200.000 Dosen Polio-Impfstoff, die von der Sowjetunion gespendet wurden, koordinierten Kuba und sein medizinisches Personal 1966 in Zusammenarbeit mit der Regierung des Kongo die Impfung von mehr als 61.000 Kindern in der ersten Massenimpfkampagne in Afrika. Bis heute hat Kuba etwa 124.000 medizinische Fachkräfte zur medizinischen Versorgung in mehr als 154 Länder entsandt.

Neben dieser Hilfe, die das eigene medizinische Personal in verschiedene Teile der Welt bringt, ist ein weiterer grundlegender Beitrag Kubas die Ausbildung von medizinischem Fachpersonal, das hauptsächlich aus armen Ländern kommt, an seiner Lateinamerikanischen Medizinschule (Escuela Latinoamericana de Medicina, Elam).

Die 1999 gegründete Elam bildet Student:innen nach dem kubanischen Modell der Integralen Allgemeinmedizin (MGI) aus, wobei der Schwerpunkt auf der öffentlichen Gesundheit und der Primärversorgung liegt, mit einem ganzheitlichen Ansatz zum Verständnis von Gesundheit, der Disziplinen wie Biologie, Soziologie und Politik einschließt. Für die ausländischen Student:innen der Elam werden alle Kosten vom kubanischen Staat übernommen, mit Ausnahme der Flugkosten. Bis 2020 hat Elam 30.000 neue Ärzt:innen aus mehr als 100 Ländern, hauptsächlich aus Afrika, ausgebildet. Viele dieser Studierenden hätten in ihren Heimatländern keine Chance auf ein Medizinstudium und sie werden nach ihrer Rückkehr ihren Mitbürger:innen einen unschätzbaren und manchmal vorher nicht verfügbaren Dienst erweisen, einschließlich der Pandemieversorgung. Laut Elam arbeiten zurzeit etwa 52.000 medizinische Fachkräfte aus Kuba in 92 Ländern, was bedeutet, dass Kuba mehr Ärzt:innen im Ausland arbeiten lässt als alle medizinischen Fachkräfte, die von den G-8-Ländern zusammen entsandt werden.

Aufgrund ihres Engagements für die Gesundheit der Menschen, insbesondere der Ärmsten und Benachteiligten, und nicht für ein privatisiertes Gesundheitssystem, in dem der Profit bestimmt, wo und wie die Ressourcen verteilt werden, sind kubanische Ärzt:innen in den Ländern, in denen sie arbeiten, häufig Ziel von Angriffen der extremen Rechten.

In Brasilien mussten nach dem Staatsstreich gegen die gewählte Präsidentin Dilma Rousseff und der illegalen Machtübernahme durch Jair Bolsonaro kubanische Ärzt:innen das Land verlassen. Das Gleiche geschah in Bolivien nach dem Putsch gegen Präsident Evo Morales und in Honduras nach dem Putsch gegen Präsident Zelaya.

In all diesen Fällen waren es immer die Armen, die am meisten betroffen waren, da sie ohne die medizinische Versorgung durch kubanische Fachkräfte auskommen mussten, was oft die einzige medizinische Versorgung war, die sie bis dahin erhalten hatten. 1979 schickte Kuba eine medizinische Mission nach Grenada, und 1982 konnte Grenada eine Senkung der Kindersterblichkeitsrate um 25 Prozent verzeichnen, vor allem dank der Arbeit der kubanischen Fachkräfte. Aber die Vereinigten Staaten marschierten 1983 in Grenada ein, und die kubanischen Gesundheitsarbeiter wurden gezwungen, das Land zu verlassen.

In Bezug auf die Corona-Pandemie ist das Beispiel, das vielleicht am besten zeigt, welche katastrophalen Folgen die kombinierte Wirkung der Abwanderung kubanischer Ärzt:innen und die Auferlegung struktureller Anpassungen in einem Land verursachen kann, der Fall Ecuador.

Nach der Wahl von Präsident Lenín Moreno im Jahr 2017 wurden die kubanischen Gesundheitsfachkräfte, die mit Unterstützung von Präsident Rafael Correa im Land arbeiteten, ausgewiesen und der Internationale Währungsfonds empfahl eine 36-prozentige Kürzung des Gesundheitsbudgets, eine Maßnahme, die von Präsident Moreno angenommen wurde. Diese beiden Aktionen ließen das Land praktisch ohne Gesundheitssystem und ohne Verteidigung gegenüber der Pandemie zurück. Infolgedessen gab es allein in der Stadt Guayaquil, der größten Stadt Ecuadors mit etwa 2,7 Millionen Einwohnern, schätzungsweise 7.600 Todesfälle durch die Pandemie, eine Zahl, die mehr als 25-mal so hoch ist wie in Kuba.

Die medizinischen Brigaden und Elam sind wichtige Beiträge aus Kuba im Kampf gegen die Covid-19-Pandemie. Aber ein weiterer, entscheidender Beitrag ist auf dem Weg: der Impfstoff Soberana II, hergestellt vom Finlay Vaccine Institute in Havanna. Kuba hofft, noch in diesem Jahr seine gesamte Bevölkerung mit einem eigenen Impfstoff zu immunisieren.

Noch einmal: Kubas sozialistischer Ansatz zur Impfstoffproduktion unterscheidet sich radikal von dem der kapitalistischen Nationen der Welt. Der kubanische Impfstoff, die Frucht der gesammelten internationalen Erfahrung Kubas durch seine vielen Missionen in verschiedenen Teilen der Welt, ist eine Hoffnung für arme Nationen, weil man wieder einmal auf Kubas Solidarität zählen kann.

W. T. Whitney Jr schreibt in einem Artikel:

"100 Millionen Dosen Soberana II werden vorbereitet, genug, um alle 11 Millionen Kubaner zu immunisieren, wobei die Impfung im März oder April 2021 beginnt. Die restlichen 70 Millionen Dosen gehen nach Vietnam, Iran, Pakistan, Indien, Venezuela, Bolivien und Nicaragua. Soberana II 'wird der Impfstoff von Alba sein', wie die venezolanische Vizepräsidentin Delcy Rodríguez erklärte und sich dabei auf das Solidaritätsbündnis bezog, das 2004 vom venezolanischen Präsidenten Hugo Chávez und Kubas Fidel Castro gegründet wurde."

Und der Autor fügt hinzu:

"Kubas Strategie bei der Vermarktung des Impfstoffs ist eine Kombination aus dem, was gut für die Menschheit ist, und den Auswirkungen auf die Weltgesundheit. Wir sind kein multinationales Unternehmen, bei dem ein finanzielles Ziel im Vordergrund steht", sagt Vicente Vérez Bencomo, Direktor des kubanischen Finlay Vaccine Institute. Die Einnahmen aus dem Verkauf von Impfstoffen im Ausland werden für die Gesundheitsversorgung, das Bildungswesen und die Renten in Kuba verwendet, ebenso wie für den Export von medizinischen Dienstleistungen und Medikamenten.

Im Gegensatz zum kubanischen Ansatz:

"Wenn der [Impfstoff] von Moderna die Zulassung von der US-Food and Drug Administration (FDA) erhält und genügend Dosen hergestellt werden können, könnte der Gewinn fast 35 Milliarden Dollar höher sein als in den letzten 12 Monaten", so forbes.com im November 2020 . In einem anderen Bericht heißt es: "Die Unternehmen (Pfizer und Moderna) werden in diesem Jahr Milliarden von Dollar an Gewinnen mit ihren Covid-Impfstoffen verdienen [und] in späteren Jahren wird es weitere Gewinne geben. "Die Unternehmen "beanspruchen die Rechte an riesigen Mengen an geistigem Eigentum."

"Da die Unternehmen verantwortlich sind, ist die Verteilung der Covid-19-Impfstoffe in Schieflage. Bis zum 27. Januar wurden etwa 66,83 Millionen Dosen verschickt, von denen 93 Prozent in nur 15 Länder geliefert wurden. In Lateinamerika haben nur Brasilien, Argentinien, Mexiko und Chile ausreichende Einkaufsverträge abgeschlossen, um die gesamte Bevölkerung zu immunisieren. Die Verträge der Unternehmen mit den afrikanischen Staaten sehen vor, dass bis 2021 nur 30 Prozent der Afrikaner geimpft werden."

Die Aufteilung des Reichtums bestimmt die Verteilung. Epidemiologen der Duke University berichten, dass "obwohl Länder mit hohem Einkommen nur 16 Prozent der Weltbevölkerung ausmachen, sie derzeit 60 Prozent der bisher gekauften Impfstoffe gegen Covid-19 besitzen". Der kubanische Journalist Randy Alonso berichtet, dass in diesem Jahr nur "27 Prozent der Gesamtbevölkerung in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen geimpft werden können,” so W. T. Whitney Jr.

Seit seiner Revolution steht Kuba unter ununterbrochenen Angriffen des Imperiums und seiner Komplizen, seine Bevölkerung leidet unter Sanktionen und Wirtschaftsblockaden, die auch seine internationalen Solidaritätsbemühungen stark beeinträchtigen. Trotzdem ist diese kleine Nation, die immer so eigensinnig und großzügig war, weiterhin eine Quelle der Hoffnung für die Welt. Vor allem aber weist Kuba den Weg nach vorn, zielstrebig, mit Gelassenheit, Mut und einer ansteckenden Begeisterung.