Opfer in einem blutigen Landkonflikt

Repression gegen Menschenrechtsverteidiger in Honduras eskaliert

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Tatort der Ermordung von Diaz Mazariego vor der Staatsanwaltschaft in Choluteca
Tatort der Ermordung von Diaz Mazariego vor der Staatsanwaltschaft in Choluteca

In den letzten Wochen wurden in Honduras zwei hochkarätige Rechtsanwälte ermordet, die sich in der Menschenrechtsverteidigung einen Namen gemacht haben: Antonio Trejo Cabrera, Rechtsanwalt verschiedener Bauernorganisationen und Menschenrechts-Staatsanwalt Eduardo Díaz, treibende Kraft im Kampf gegen die Korruption innerhalb der Staatsanwaltschaft. Zudem nahmen Morddrohungen gegen Bauern- und Menschenrechtsaktivisten massiv zu.

In der Nacht des 22. September wurde Antonio Trejo Cabrera während einer Hochzeitsfeier in einem Außenbezirk von Tegucigalpa ermordet. Trejo, der neben seiner Arbeit als Rechtsanwalt auch Pastor einer evangelischen Kirche war, erhielt während er sich im Festsaal befand, einen Anruf auf sein Handy, woraufhin er das Gebäude verließ. Draußen in der Dunkelheit wurde er von Unbekannten durch fünf Schüsse in Kopf und Brust ermordet. Gemäß dem Urteil verschiedener Tageszeitungen stammten die Schüsse von professionellen Killern.

Antonio Trejo hatte in den Wochen und Monaten zuvor mehrere Morddrohungen erhalten, welche mit seinem Einsatz zur Zurückgewinnung von durch Palmölproduzenten enteignetem Land in der Region Bajo Aguán stehen. Aufgrund der Drohungen hatte er bei der honduranischen Staatsanwaltschaft sowie der UNO-Menschenrechtskommission wiederholt Schutzmaßnahmen verlangt, letztmals am Donnerstag vor seiner Ermordung. Nach Angaben der Nachrichtenagentur Associated Press machte er für den Fall seiner Ermordung die Palmölproduzenten Miguel Facussé und René Morales verantwortlich, welche Trejo des Landraubs an Bauernorganisationen anklagte. In einem Brief von Antonio Trejo, der AP vorliegt, heißt es:

"Falls mir, meinen Gütern oder meiner Familie etwas zustößt, mache ich dafür die Herren Miguel Facussé und René Morales verantwortlich (...), welche fähig sind, mittels eines Auftragsmordes ein Attentat gegen mich zu verüben, weil sie wissen, dass die Anklage gegen sie auf einem erfolgreichem Weg ist und die Bauern ihre Grundstücke zurückerlangen werden, welche sie ihnen auf illegale Weise weggenommen hatten."

Opfer im blutig geführten Landkonflikt

Facussé und Morales beschlagnahmten Ende der 1990er Jahre 1.776 Hektar Land im Bajo Aguán, welche im Mai 2012 durch ein Zivilgericht der Bauernorganisation MARCA zugesprochen wurden. Daraufhin bestachen, so Vorwürfe aus den Bauernorganisationen, die beiden Großgrundbesitzer die Obersten Richter, welche das bindende Urteil nachträglich widerriefen. Zudem werden Facussé und Morales für zahlreiche Einschüchterungen durch eigene Sicherheitskräfte und sogar Morde in der Region verantwortlich gemacht. Antonio Trejo schrieb zu dem Verfahren:

"Wir befinden uns zwischen Wand und Schwert: Zum einen wurden die Richter durch große Summen geschmiert, zum andern droht das Oberste Gericht mit Entlassung derjenigen, die nicht zugunsten der Großgrundbesitzer entscheiden."

Am 20. August reisten 25 Vertreter der Bauernorganisation MARCA nach Tegucigalpa, um gemeinsam mit Antonio Trejo beim Präsidenten des Obersten Gerichts Erklärungen für das wiederaufgenommene Verfahren zu erhalten. Doch der zuvor vereinbarte Termin wurde kurzfristig gestrichen und die 25 Campesinos inklusive Trejo festgenommen, nachdem diese gegen das fragwürdige Vorgehen des Obersten Gerichts protestiert hatten. Trejo seinerseits ließ sich nicht einschüchtern und stellte einen Tag vor seiner Ermordung einen Antrag auf Annullierung der Eigentumsforderung des Nicaraguaners René Morales. Tags darauf wurde er von unbekannten Schützen ermordet.

Gefährlicher Kampf gegen Korruption

Am 24. September, zwei Tage nach der Ermordung Trejos, wurde Manuel Eduardo Díaz Mazariego von Unbekannten auf einem Motorrad ermordet, als er seinen Arbeitsort, die Staatsanwaltschaft in Choluteca, betreten wollte. Der junge Díaz Mazariego war einer von neun Staatsanwälten, welche im April 2008 einen Hungerstreik zur Aufklärung von Korruptionsfällen innerhalb der Staatsanwaltschaft führten.

Daneben war er für seinen konsequenten Einsatz für die Opfer von Menschenrechtsverletzungen bekannt. Die Bewegung für Würde und Gerechtigkeit (Movimiento Amplio por la Dignidad y Justicia, MADJ), welcher Díaz Mazariego angehörte, forderte ein sofortiges Ende der Straflosigkeit und bezeichnete den honduranischen Staat, sowie hohe Funktionäre als verantwortlich für den Mord an Díaz Mazariego. MADJ verlangt eine sofortige Untersuchungen und die Anklage der Verantwortlichen. Díaz Mazariego ist der erste Staatsanwalt in Honduras, der aufgrund seines Engagements ermordet wurde.

Alarmierende Situation

Seit dem zivil-militärischen Putsch von 2009 wurden nach Angaben des honduranischen Anwaltskollegiums bereits über 74 Rechtsanwälte ermordet. Zudem wurden in den letzten zwei Jahren mehr als 60 Personen Opfer des zunehmend blutig geführten Landkonflikts. Honduras weist mit 91 Ermordungen pro 100.000 Einwohner eine der höchsten Mordraten der Welt auf.

Die UNO-Hochkommissarin für Menschenrechte, Navi Pillay bezeichnete die jüngsten Ermordungen als systematisch:

"In Honduras herrscht ein bedrohliches Klima der Unsicherheit und Gewalt, in dem Menschenrechtsverteidiger Drohungen, Einschüchterungen, Angriffen und Ermordungen beinahe hilflos ausgeliefert sind. Die Straflosigkeit in all diesen Fällen ist inakzeptabel. Die Verantwortlichen wissen, dass sie ungeschoren davonkommen, weil keine Maßnahmen unternommen werden, um sie vor weiteren Morden an Menschenrechtsverteidigern abzuschrecken."

Zahlreiche nationale und internationale Organisationen, darunter die Interamerikanische Menschenrechtskommission, sowie das UNO-Hochkommissariat für Menschenrechte fordern ein Ende der Gewalt, eine öffentliche Klarstellung und Entschuldigung durch den Präsidenten, sowie sofortige, umfassende Maßnahmen zur Aufklärung der jüngsten Morde. Andernfalls werde die gefährliche Botschaft aufrecht erhalten, dass die honduranischen Autoritäten nichts zum Schutz von Menschenrechtsverteidiger und des Rechtsstaats unternehmen.