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Zum 30. Jahrestag der US-Invasion in Grenada

Am 25. Oktober 1983 besetzten rund 7.000 US-Marinesoldaten die Insel

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US-Marines nach der Invasion in Grenada: "Hier endet der Kommunismus"
US-Marines nach der Invasion in Grenada: "Hier endet der Kommunismus"

In lateinamerikanischen Medien ist umfassend an den 30. Jahrestag der US-amerikanischen Invasion in Grenada erinnert worden. Am 25. Oktober 1983 hatten rund 7.000 US-Marinesoldaten die Insel besetzt.

Am 13. März 1979 war die kleine Karibikinsel überraschend in der internationalen Arena aufgetaucht. Grund war die Volksrevolution gegen die Diktatur von Eric Gairy auf. An der Spitze der Volkserhebung stand die Bewegung New Jewel (Joint Endeavor for Welfare, Education and Liberation - Gemeinsame Bestrebung für Wohlergehen, Bildung und Befreiung) unter Führung von Maurice Bishop, die das Ziel hatte, eine basisdemokratische Volksregierung zu errichten. Das marode Wirtschaftssystem des Landes sollte grundlegend verändert werden. An jenem Tag kam es zu einem Generalstreik, die Heereskaserne und die wichtigste Rundfunkstation des Landes wurden besetzt, die der Unterdrückung dienenden Streitkräfte aufgelöst und damit die Diktatur unter Eric Gairy gestürzt. Es begann die "Revolution des Volkes".

Die Volksregierung bemühte sich, gesellschaftliche Veränderungen mit einer sozialistischen Perspektive auf den Weg zu bringen. Die Einführung kostenloser Bildung mit freiheitlicher Pädagogik, die Förderung der nationalen Kultur, ein neues, mit kubanischer Unterstützung eingerichtetes System der Gesundheitsbetreuung, die Reduzierung der Arbeitslosigkeit von 49 Prozent auf zwölf Prozent bei einer gemischten Wirtschaft mit Ausrichtung auf den Sozialismus, die Bildung von Genossenschaften und Arbeiterräten – dies waren einige der in diesem Prozess erzielten Errungenschaften, der zusammen mit der Sandinistischen Revolution 1979 eine neue Epoche in der Region markierte.

Mit der Einführung dieser demokratischen Veränderungen und mit den wirtschaftlichen und politischen Erfolgen begannen aber auch die Vorbereitungen, die Bishop-Regierung zu stürzen. Washington verhehlte nie seine Absicht, notfalls auf der Insel einzugreifen. Der US-Regierung missfiel die Entwicklung in Grenada, in der Karibik sollte es keine weitere wirklich unabhängige Insel geben, ihre Politik richtete sich auf die Zerstörung des Prozesses. Von Anbeginn an waren Pläne für eine militärische Invasion Grenadas ausgearbeitet worden. Im Februar 1983 enthüllte die US-Tageszeitung Washington Post unter Berufung auf vertrauliche Quellen Pläne des Auslandsgeheimdienstes CIA zur wirtschaftlichen Destabilisierung. Die USA hatten sich vorsorglich aus dem Gebiet zurückgezogen, um die Krise anzuheizen, die die Invasion rechtfertigen würde. Gleichzeitig hatte sie dafür gesorgt, dass alle internationalen Kredite eingefroren wurden und eine heftige Medienkampagne gegen "das pro-kubanische Regime" losgetreten.

Am 25. Oktober 1983 wurde die Hauptstadt Saint George von US-amerikanischen Flugzeugen, Hubschraubern und Kriegsschiffen aus bombardiert und anschließend von mehr als 7.000 Soldaten besetzt.

Einige Tage zuvor hatte eine vom stellvertretenden Premierminister Bernhard Coard angeführte Gruppierung innerhalb der Volksregierung eine Palastrevolte vom Zaun gebrochen, die Regierungskontrolle übernommen und Bishop gefangen gesetzt. Diese Gruppierung berief sich auf die ganz reine marxistisch-leninistische Lehre, beschuldigte Bishop des Personenkults und der Abkehr von den Normen und Methoden leninistischer Führung.

Am 12. Oktober 1983 wird Bishop durch das Zentralkomitee von seinem Posten als Premierminister abgesetzt und am folgenden Tag unter Hausarrest gestellt. Tausende Menschen gehen auf die Straße, um die Rückkehr Bishops in sein Amt und den Rücktritt des stellvertretenden Premierministers Bernard Coard zu fordern. Das Vorgehen der Gruppe um Coard und die Festsetzung des Premierministers löste einen Volksaufstand aus: Die Studenten verließen die Hörsäle mit dem Ruf: "Ohne Bishop kein Unterricht", und die Hafenarbeiter begannen einen Streik. In der Nacht des 19. Oktobers schwenkte eine Menschenmenge Transparente mit der Losung "Wir wollen Bishop, nicht Coard" - und Bishop kam frei. Aber er wurde in eine Heereskaserne verbracht, wo er Stunden später zusammen mit seiner Lebensgefährtin und Bildungsministerin Jacqueline Creft und anderen Regierungsmitgliedern hingerichtet wurde. Nur wenige Minuten danach verkündete der Rundfunksender Radio Free Grenada, dass ein Militärrat die Macht übernommen und eine Ausgangssperre verhängt habe.

Die CIA wusste bestens Bescheid über die interne Krise und war vorbereitet. Die Vorwände für die Invasion folgten den üblichen Drehbüchern: eine angebliche Herstellung von Raketen (nie aufgetaucht), die (nicht existierende) Gefahr für US-amerikanischen Studenten auf der Insel und vor allem der Bau eines Flughafens zur Förderung des Tourismus, an dem kubanische Bauleute und Techniker beteiligt waren, und der – aus Sicht der USA – als sowjetischer Militärstützpunkt benutzt werden würde.

Der damalige US-Präsident Ronald Reagan äußerte seine Einschätzung der Lage folgendermaßen: "Uns wurde gesagt, Grenada sei eine befreundete Insel und ein touristisches Paradies. Aber weit gefehlt. Es war eine sowjetisch-kubanische Kolonie, die als militärische Festung ausgebaut werden sollte, um den Terror zu schüren und die Demokratie zu schwächen. Wir waren gerade noch rechtzeitig zur Stelle."

In dieser "Urgent Fury" genannten ersten großen Militäroperation seit dem Vietnam-Krieg profitierten die USA – 280 Mal größer als Grenada - von einem grotesken militärischen Missverhältnis: Sie stießen kaum auf Widerstand seitens eines Heeres von 800 Soldaten (streng genommen noch viel weniger wegen der zahlreichen Desertionen nach Bishops Ermordung) mit alten und rudimentären Waffen. Die Bilanz: mindestens 94 Personen getötet, darunter 25 Kubaner, mehr als 500 Verletzte und circa 3.000 Festgenommene. In der Folge wurde das Land von einem Beratenden Ausschuss verwaltet, bis 1984 allgemeine Wahlen stattfanden.

Nach nun 30 Jahren ist Grenada weiterhin Bestandteil des britischen Commonwealth of Nations, und der höchste Repräsentant ist die Königin von England, die den turnusmäßigen Marionettengouverneur einsetzt. Grenada hat seit der US-Invasion 1983 kein stehendes Heer, die Verteidigung ist Aufgabe der USA. Das Land hat jegliche geopolitische Bedeutung eingebüßt, und, wie Rechtsanwalt Peter David, Teilnehmer an den damaligen Ereignissen, sagt: "Sie wurde wieder zu einer der vielen kleinen Inseln in der Karibik". Inzwischen lebt der größte Teil der Bevölkerung wieder in Armut.

Eine andere Sicht auf die damaligen Ereignisse und ihre Folgen brachte der derzeitige Premierminister Grenadas, Keith Mitchell, zum Ausdruck. Bei der diesjährigen offiziellen Gedenkfeier in Saint George, die er gemeinsam mit dem Oberkommandierenden des US-Southern Command, General John F. Kelly, US-Botschafter Larry Palmer und Veteranen der Invasion beging, sagte Mitchell: "Die USA haben das Blutvergießen beendet, wofür wir ewig dankbar sind. Dadurch können wir uns demokratischer Prinzipien erfreuen, die wir allzu oft als gegeben betrachten."