Kuba / USA

Die Fälle von Alan Gross und den "Cuban Five"

Wenn die internationale Presse als offizielles Organ des Weißen Hauses agiert

Basierend auf einem Artikel von Salim Lamrani

Wie bei so vielen anderen Themen wiederholt die große internationale Presse uns auch im Fall von Alan Gross, einem US-Agenten der in Kuba zu 15 Jahren Gefängnis verurteilt wurde, Tag für Tag die offizielle Version der Regierung der Vereinigten Staaten.

In nicht wenigen Medien wird uns - wie von Washington behauptet - versichert, dass dieser Mann verhaftet worden sei, weil er auf der Insel für "Zugang zum Internet ohne Zensur" sorgen wollte oder um "den Mitgliedern der jüdischen Gemeinde in Havanna zu helfen, mit anderen jüdischen Gemeinden der Welt in Verbindung zu treten".

Das ist absolut falsch. Alle Synagogen in Kuba hatten schon lange vor der Reise von Alan Gross nach Kuba, zum Teil Dank der wirtschaftlichen - mit der kubanischen Regierung abgestimmten - Hilfe jüdischer Organisationen in den USA, Kanada und anderen Ländern Zugang zum Internet. Außerdem hat die kubanische hebräische Gemeinde jedweden Kontakt mit Alan Gross rundheraus dementiert. Darüber informierten bereits vor mehreren Jahren eine Meldung der Agentur Associated Press und eine weitere Nachricht der Agencia Telegráfica Judía, deren Inhalt später von den großen Medien vollständig vergessen worden ist. Der Geistliche Odén Marichal, Sekretär des Kubanischen Kirchenrates, der christliche und jüdische Verbände in sich vereint, erklärte, dass die "hebräische Gemeinschaft" niemals "eine Beziehung zu diesem Herrn" gehabt habe, und dass dieser ihnen auch "keinerlei Gerätschaften" gebracht habe. Adela Dworin, die Präsidentin des Templo Beth Shalom in Havanna, beklagte es sei "äußerst traurig", dass man sich in dieser Angelegenheit von Washington aus "in die jüdische Gemeinschaft von Kuba habe einmischen wollen".

Aber nichts von alledem hat verhindert, dass wir weiterhin skandalöse Schlagzeilen wie "Die jüdische Gemeinschaft Kubas verlangt vom Papst die Freilassung von Alan Gross" über einer Meldung lesen müssen, in der erklärt wird, dass es die jüdische Gemeinschaft der USA war - nicht die von Kuba! - die diese Forderung aufgestellt hat.

Aber die Medien verschweigen oder manipulieren nicht nur die Stellungnahmen der kubanischen hebräischen Gemeinschaft. Sie verheimlichen auch, worin die wirklichen Aktivitäten von Alan Gross in Kuba bestanden. Gross war Mitarbeiter der Development Alternative, Inc (DAI), einem Vertragsunternehmen der Agentur USAID (US-Agency for International Development). Die USAID bezahlte die DAI und diese wiederum Gross, um im Rahmen eines der Programme des Außenministeriums zur vorgeblichen "Förderung der Demokratie in Kuba", deren erklärtes Ziel der "Regimewechsel" auf der Insel ist, satellitengesteuerte Geräte an Gruppen der so genannten kubanischen Dissidenz zu verteilen.

Die Tageszeitung New York Times hat zugegeben, dass die Arbeit von Gross in "ein semi-klandestines Programm der USAID, eines Auslandshilfsdienstes des Außenministeriums" eingebettet war, "das darauf abzielt, die kubanische Regierung zu untergraben". Gross wurde im Dezember 2009 verhaftet und zu 15 Jahren Haft verurteilt. Dies erfolgte in Übereinstimmung mit dem kubanischen Gesetz Nr. 88, das Aktivitäten der politischen Einmischung im Land unter Strafe stellt und darunter insbesondere denjenigen bestraft, der "finanzielle (und) materielle Mittel (...) der Regierung der Vereinigten Staaten entgegennimmt, verteilt oder sich an deren Verteilung beteiligt".

Dieses kubanische Gesetz ähnelt der in zahlreichen Ländern der Welt geltenden Gesetzgebung. Hier nur zwei Beispiele: Das Gesetz zur Registrierung ausländischer Agenten in den USA bestraft jeden nicht in den USA registrierten Agenten, der "in den USA (...) in ureigenem Interesse (...) Unterstützungsleistungen (oder) Geld übergibt oder ausgibt" mit einer Gefängnisstrafe von fünf Jahren und einer Geldstrafe von 10.000 US-Dollar. In Frankreich ahndet das Strafgesetzbuch "den Tatbestand, im Auftrag einer ausländischen Macht (...), Firma oder Organisation mit dem Ziel tätig zu werden, Informationen (...) zu erlangen (...), um die fundamentalen Interessen der Nation zu anzugreifen" mit 10 Jahren Gefängnis und einer Geldstrafe von 150.000 Euro.

Als Fachmann für Kommunikationstechnologie hatte Alan Gross für die USA in über fünfzig Ländern gearbeitet. So erstellte er zum Beispiel während der Militärinterventionen im Irak und in Afghanistan Satelliten-Kommunikationssysteme. Weit davon entfernt, ein "humanitärer Mitarbeiter" zu sein, wie von Washington behauptet, ist er ein erfahrener privater Agent des Geheimdienstes, für dessen Operationen in Kuba er über eine halbe Million Dollar ins Land brachte.

Erinnern wir uns daran, dass die USAID der so genannten kubanischen Dissidenz durch Mittelsmänner wie Alan Gross jährlich 20 Millionen Dollar zukommen lässt. So verwandeln sich diese "Dissidenten" - im Licht der Gesetze nicht nur Kubas, sondern eines jeden Landes der Welt - in Agenten im Dienst einer fremden Macht und sind nicht nur schlichte "Oppositionelle", wie die Presse hartnäckig fortfährt zu behaupten.

Ein weiteres skandalöses Verschweigen besteht darin, zwar über den Fall von Alan Gross zu berichten, aber nicht zugleich die fünf Kubaner zu erwähnen, die vor 15 Jahren in den USA wegen - nie bewiesenen - Vorwürfen der "Verschwörung zur Spionage" verurteilt wurden. Es ist allgemein bekannt, dass die kubanische Regierung, die Familie von Gross und zahlreiche Persönlichkeiten aus der ganzen Welt der Regierung der USA einen Austausch von Alan Gross gegen drei Gefangene - aus einer Gruppe von fünf - vorgeschlagen haben, die im Jahre 2014 noch in Haft sein werden, nachdem zwei ihre Strafe bereits abgesessen haben.

Aber die Medien fahren fort, den Fall der Fünf zu verschweigen, die im Verlauf eines Verfahrens, das von verschiedenen internationalen Institutionen - Amnesty International eingeschlossen - als krasser Justizirrtum bezeichnet worden ist, ohne Beweise verurteilt worden sind. Ihr Auftrag in Miami bestand – wie wir uns erinnern sollten - niemals darin, geheimdienstliche Informationen zu sammeln, sondern terroristische Gruppen der extremen Rechten zu infiltrieren, wodurch sie mindestens 170 Attentate verhindern konnten.

Kürzlich berichteten zahlreiche Medien über die Bemühungen von US- Außenminister John Kerry beim Vatikan, um diesen dazu zu bewegen, sich für Freiheit von Alan Gross einzusetzen. Die betreffenden Pressemeldungen erwähnten den Fall der Fünf nicht einmal.

Die Ehefrau von Alan Gross, Judith Gross, hat versichert, dass hohe kubanische Funktionäre ihr persönlich die Bereitschaft zugesagt hätten ohne Vorbedingungen zu verhandeln, "aber unsere Regierung (die Regierung von Obama) hat nicht reagiert". Im Übrigen hatten Judith Gross, weitere Familienmitglieder, Politiker und religiöse Vertreter die Möglichkeit, Alan Gross bei zahlreichen Gelegenheiten zu besuchen. Etwas, das sich von der Behandlung von Adriana Pérez O'Connor, der Ehefrau des kubanischen Gefangenen Gerardo Hernández in den USA, unterscheidet, die während der mehr als 15 Jahre, die er schon im Gefängnis sitzt, keine Genehmigung erhalten hat, ihn zu besuchen. Aber auch darüber werden wir in den großen internationalen Medien keine Zeile lesen können.