Paraguay / Politik

Paraguay feiert zum 25. Mal das Ende der Stroessner-Diktatur

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Demonstranten in Asunción verlangen Aufklärung über das Schicksal ihrer unter der Diktatur "verschwundenen" Angehörigen
Demonstranten in Asunción verlangen Aufklärung über das Schicksal ihrer unter der Diktatur "verschwundenen" Angehörigen

Die Menschen jubeln und liegen sich in den Armen. Durch das Zentrum der paraguayischen Hauptstadt Asunción ziehen Korsos von hupenden Autos. Es ist der 3. Februar 1989 und vor wenigen Stunden haben putschende Militärs, angeführt von General Andrés Rodríguez, die mehr als 34 Jahre währende Diktatur Alfredo Stroessners beendet. Nach stundenlangen Gefechten mit zahlreichen Toten hat der Diktator mit deutschen Wurzeln schließlich abgedankt. Die Soldaten sind in die Kasernen zurückgekehrt und das Volk hat sich der Straßen bemächtigt. Zwei Tage später wird der Mann, der das südamerikanische Land seit 1954 mit eiserner Faust regiert hatte, ins brasilianische Exil abgeschoben.

In der vergangenen Woche jährte sich dieses Ereignis zum 25. Mal. Fernsehsender und Zeitungen erinnerten in Paraguay an den Ablauf des Putsches. Wieder zog es viele Menschen in Asuncións Zentrum. Sie marschierten vorbei an den Gefängnissen und Folterzentren, in denen einige von ihnen wohl selbst eingesessen haben. Sie erinnerten an die Repression, die willkürlichen Verhaftungen und auch Exekutionen, durch die Stroessner seine Macht über so viele Jahre sichern konnte. Doch für viele ist es auch eine Zeit der Bestandsaufnahme. Wo steht Paraguay heute, 25 Jahre nach dem Umbruch, von dem sich die Menschen den lang ersehnten Einzug der Demokratie erhofft hatten?

Der einzige, der fehle, sei er selbst, soll Stroessner einer Anekdote zufolge im Exil gesagt haben, als er ein Foto der "neuen" Administration Paraguays betrachtet habe. Er selbst war fort. Doch seine Partei, die mächtige Partido Colorado, blieb an der Macht. Übergangspräsident Rodríguez, der den Putsch angeführt hatte, war viele Jahre die rechte Hand Stroessners gewesen. Nicht das Verlangen nach Demokratie war es, was ihn und seine Gefolgsleute angetrieben hatte. Ihnen ging es um den Erhalt ihrer politischen Privilegien und ihres Reichtums, den sie durch einen inneren Machtkampf in der Partei gefährdet sahen. Entsprechend schwierig gestaltete sich der Übergang zu einer demokratischen Staatsform in Paraguay – bis heute.

Vieles hat sich verändert. Die Angst ist weg. Jeder kann frei seine Meinung sagen. Studierende protestieren friedlich für einen besseren öffentlichen Nahverkehr. Es gibt freie Wahlen und zahlreiche Parteien. 2008 konnte sogar ein linkes Bündnis die Colorado-Partei zum ersten Mal von der Macht verdrängen. Dementsprechend ziehen viele Paraguayer ein positives Fazit. Einer Umfrage des Instituts Ati Snead zufolge glauben über 70 Prozent der Bevölkerung, dass sich die Situation der Menschen seit dem Putsch zum Positiven gewendet hat.

Doch es gibt auch zahlreiche kritische Stimmen. Eine strafrechtliche Aufarbeitung der Diktatur hat es bislang nicht gegeben. Viele der damals Verantwortlichen oder ihre Nachkommen sind bis heute politisch aktiv. Der Bischof Fernando Lugo, der 2008 die Präsidentschaftswahlen gewonnen hatte, ist 2012 durch einen umstrittenen Parlamentsbeschluss wieder abgesetzt worden. Die Colorado-Partei ist dadurch an die Macht zurückgekehrt. Vor allem aber kritisieren Menschenrechtler die Situation der landlosen Bevölkerung, von der ein Großteil in bitterer Armut lebt, weil das meiste Land einer reichen Minderheit gehört. Immer wieder kommt es zu Landbesetzungen und gewaltsamen Zusammenstößen mit der Polizei.

Als einer der letzten Staaten Südamerikas hat Paraguay seine diktatorischen Fesseln vor 25 Jahren abgeschüttelt und sich auf den Weg zu einer demokratischen Grundordnung gemacht. Seither ist es dabei ein großes Stück vorangekommen. Doch neben der sozialen Ungleichheit ist es vor allem die Korruption, die diesen Prozess weiter behindert. Sie ist wohl das am schwersten wiegende Erbe der Stroessner-Ära. Sie zu beenden, wird noch viel Zeit in Anspruch nehmen.