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Blockade der USA kostete Kuba in einem Jahr 4,68 Milliarden US-Dollar

Außenminister nimmt zur erneuten Vorlage einer Resolution zur US-Blockade vor der UNO Stellung

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Bruno Rodríguez Parrilla bei der Pressekonferenz im Außenministerium von Kuba in Havanna
Bruno Rodríguez Parrilla bei der Pressekonferenz im Außenministerium von Kuba in Havanna

"Die Blockade hat nicht funktioniert und muss deshalb aufgehoben werden", das ist ein Gedanke, den US-Präsident Barack Obama bei verschiedenen Anlässen wiederholt hat. Aber diese Politik, die von fast allen Staaten der Erde abgelehnt wird, wird trotz der Erklärungen des Präsidenten fortgesetzt. Und in jedem Jahr, das vergeht, werden die Folgen schwerwiegender.

Kubas Außenminister Bruno Rodríguez Parrilla stellte nun vor Pressevertretern aus fast zwanzig Ländern unter dem Titel "Über die Notwendigkeit der von den Vereinigten Staaten gegen Kuba verhängten Wirtschafts-, Handels- und Finanzblockade ein Ende zu bereiten" den Bericht Kubas zur Resolution 70/5 der Generalversammlung der Vereinten Nationen vor 1.

"Zwischen April 2015 und dem März dieses Jahres überschritten die Kuba von der Wirtschaftsblockade zugefügten direkten ökonomischen Schäden, berechnet nach einer sogar von angesehenen nordamerikanischen Institutionen anerkannten Methodik, 4,68 Milliarden US-Dollar", sagte Rodríguez Parrilla.

Laut seinen Erläuterungen sind die drei wichtigsten Elemente bei der Schädigung der kubanischen Wirtschaft durch die Blockade die Beeinträchtigungen der Einkünfte, die dem Land für den Export von Waren und Dienstleistungen entgangen sind, in den durch die geografische Lage des Landes bedingten zurückzulegenden langen Handelsdistanzen und – vom monetär-finanziellen Standpunkt gesehen – in dem Verbot für Kuba, bei transnationalen Transaktionen den US-Dollar zu benutzen, was die Kosten immens erhöhe.

Ebenso betonte er, dass es in Kuba keinen Bereich gebe, der den Folgen der Blockade entgehe: "Es gibt keinen Bestandteil unseres täglichen Lebens, in dem ihre Wirkung nicht gegenwärtig wäre."

Zu den historischen Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Insel führte er im Einzelnen aus: "Die während dieser fast sechs Jahrzehnte entstandenen Schäden betragen nicht weniger als 753 Milliarden Dollar in Goldwert berechnet, wobei dessen aktuelle Abwertung berücksichtigt ist. Zu gegenwärtigen Preisen entspricht diese Zahl einem Wert von 125 Milliarden US-Dollar".

Es gehe nicht darum, die von Kuba begangenen Irrtümer zu verbergen, sondern darum, die Realität des Schadens abzubilden, der dem kubanischen Volk entstanden ist. "Niemand ignoriert unsere Beschränkungen und Fehler, noch besteht die Absicht, diese zu verbergen. Man sollte jedoch das Ausmaß der Blockade nicht unterschätzen, die das größte Hindernis für unsere Entwicklung darstellt", sagte der Außenminister.

Die Beziehungen zwischen Kuba und den USA

Unterdessen erkannte er bezüglich der Fortschritte in den Beziehungen beider Länder an, dass die Regierung Obamas die genehmigten Reisen nach Kuba erleichtert hat und dass deren Anzahl gestiegen ist. "Das Verbot für US-amerikanische Staatsbürger jedoch, als Touristen zu kommen, gilt weiterhin. Sie leiden immer noch unter der Diskriminierung, von einer Genehmigung der Regierung abhängig zu sein, um unser Land besuchen zu können, den einzigen Ort auf dem Planeten, der Gegenstand eines solchen Verbotes ist".

Ein kürzliches Ereignis, das von Bruno Rodríguez hervorgehoben wurde und das den zwischen den Regierungen beider Länder umgesetzten Fortschritten widerspricht, ist der von der Kontrollbehörde für Ausländisches Vermögen (Office of Foreign Assets Control, OFAC) gegen einen US-Bürger eröffnete Prozess "unter der Anklage, zusammen mit weiteren vier oder fünf Personen nach Kuba gereist zu sein, wofür ihm eine Geldstrafe von 100.000 US-Dollar droht". Eine Praxis, die in diesem Moment als geradezu paradox erscheine.

"Der Präsident hat im Bereich der Telekommunikation bedeutsame Entscheidungen getroffen", sagte Rodríguez Parrilla in Bezug auf die kürzlich in diesem Bereich getroffenen Vereinbarungen, obgleich er beklagte, dass diese eher aus politischen Absichten als zum Wohl des kubanischen Volkes benutzt würden.

"Seine Sprecher sagen, dass dies zu politischen Zwecken geschehe, um Kuba zu verändern. Es ist schade, dass diese Maßnahmen politisiert und letztlich dazu benutzt werden, um ein subversives Umfeld in einem Bereich zu schaffen, der den freien Informationsfluss erforderlich macht".

Er fügte hinzu, dass Kuba die Zielsetzung habe, die Gesellschaft zu informatisieren und dass es dazu einer Technologie bedürfe, um die gewünschte Infrastruktur zu schaffen. Die kubanische Regierung akzeptiere, trotz deren offenkundigen Absichten,  die Herausforderung, den Austausch mit den Vereinigten Staaten voranzutreiben. Tatsächlich seien bereits Verträge über direkte und Roamingverbindungen mit fünf dortigen Unternehmen abgeschlossen worden.

Dennoch erklärte er, dass jeglicher Austausch auf Grundlage "der nationalen Entwicklungsprioritäten und der Aufrechterhaltung unserer technologischen Souveränität und ohne Außerachtlassung unserer nationalen Sicherheitsinteressen" stattfinden werde.

"Gegenstand der getroffenen Maßnahmen ist auch der Ansatz, den nicht staatlichen Bereich der kubanischen Wirtschaft zu finanzieren, das heißt die kleinen Privatbetriebe", führte der Minister aus. "Die Sprecher Präsident Obamas hätten gesagt, dass sie diesen Sektor stärken möchten, um Kuba zu verändern, dies jedoch sei eine Angelegenheit der Kubaner. Aber wir haben auch diese Herausforderung angenommen, weil sie den Interessen unseres Volkes entspricht", fügte er hinzu.

"Einige dieser Maßnahmen werden nicht funktionieren können, denn solange die Beschränkung des Handels aufrechterhalten wird, werden sich diese als nicht durchführbar erweisen", führte er aus.

Weiterhin unterstrich er, dass Kuba noch immer keine einzige Transaktion in US-Dollar habe durchführen können. "Im Vorfeld des Besuches von Obama in Havanna hatte man die Genehmigung angekündigt, dass Kuba bei seinen internationalen Transaktionen den US-Dollar würde verwenden können. Trotzdem muss ich Ihnen sagen, dass dies nicht umgesetzt wurde und damit offenkundig wird, dass die Blockade auch im Finanzsektor andauert".

Auch nahm er auf die ernsthaften Einschränkungen Bezug, die das Verbot für kubanische Banken mit sich bringt, um in den Vereinigten Staaten Konten eröffnen zu können. "Wir müssen erkennen, dass die Auswirkungen der 14 Milliarden US-Dollar die seitens der Obama-Regierung als Strafen verhängt wurden, schlichtweg erdrückend sind. Die Anwendung der Extraterritorialität der Blockade besteht in der Verletzung der Souveränität der übrigen Staaten". Rodríguez Parrilla hob hervor, dass es kurios erscheine, auf welche Weise immer noch das Gesetz über den Handel mit dem Feind (Trading with the Enemy Act) beibehalten wird, das zur Zeit nur noch auf Kuba Anwendung findet und auf das Jahr 1917 zurückgeht.

In der Bewertung der Beziehungen zwischen Kuba und den USA im Allgemeinen bekräftigte Rodríguez Parrilla, dass es keine wirkliche Normalisierung geben werde, bis die Blockadepolitik gegen die Karibik-Nation nicht einseitig aufgehoben wird. "Ich habe den Eindruck, dass es in den Vereinigten Staaten eine Unterstützung für die Aufhebung der Blockade gibt, und zwar in allen Sektoren, in allen Bereichen. Von daher wäre es ein demokratischer Zug, wenn der Kongress sie aufhebt und damit auf die Wähler hört."

Zudem gab der Minister bekannt, dass die inzwischen 25. Abstimmung über die Blockade in den Vereinten Nationen am kommenden 26. Oktober stattfinden werde. Er bedankte sich bei den 191 (von 193) Mitgliedsländern der UNO, die Kuba dabei im vergangenen Jahr unterstützt hatten.

  • 1. Der Bericht im Original zum Herunterladen als PDF (544 Kb): "Necesidad de poner fin al bloqueo económico, comercial y financiero impuesto por los Estados Unidos de América contra Cuba": https://goo.gl/ckOeMA Eine deutsche Übersetzung finden Sie hier: https://goo.gl/0B9DrN
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