Argentinien: Die Regierung Macri gegen die Madres de Plaza de Mayo

Die argentinische Regierung übt zunehmend Druck auf die "Madres" und andere Menschenrechtsorganisationen aus

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Protestaktion der Madres de Plaza de Mayo in Buenos Aires, Argentinien: "Der Platz gehört den Müttern, nicht den Feiglingen"
Protestaktion der Madres de Plaza de Mayo in Buenos Aires, Argentinien: "Der Platz gehört den Müttern, nicht den Feiglingen"

Der diesjährige Jahrestag der Madres de Plaza de Mayo wird von der Regierung unter Präsident Mauricio Macri auf besondere Art verhindert: Der Zentrum des Platzes wurde eingezäunt und das Pflaster zu Renovierungszwecken aufgebrochen. Die aufgemalten Symbole der weißen Kopftücher wurden indes sorgfältig aufgenommen und der Organisation der Mütter übergeben. Dies erfolgte jedoch nicht auf offizielle Anordnung, sondern auf Initiative der ausführenden Firma, die dafür einen Rüffel der Regierung einfing.

Im April 1977 hatten die berühmten Runden der Mütter um die Pyramide im Zentrum des Platzes angefangen ‒ der an die Mairevolution von 1810 erinnert ‒ als ein Polizeibeamter die dort versammelten Mütter darauf hinwies, sie dürften dort nicht stehen bleiben und müssten weitergehen: "Circulen!" lautete der Befehl, der zum Ursprung der stillen Demonstration wurde, die dort seitdem an jedem Donnerstag abgehalten wird.

Der Zwischenfall ist bezeichnend für den Druck, der durch die argentinische Regierung auf die "Madres" und andere Menschenrechtsorganisationen ausgeübt wird. Das ist auch nicht überraschend, da Macri bereits während des Wahlkampfes ankündigte, dem "curro de los derechos humanos", dem "Geschäft mit den Menschenrechten" ein Ende zu setzen. Von der Opposition wird die Regierung bezichtigt, aus den Erben der Diktatur zu bestehen: Zahlreiche ihrer Mitglieder haben familiäre Bindungen zu Funktionären und Unterstützern der Diktatur, so der erste Finanzminister Alfonso Prat-Gay, dessen Vater damals im Direktorium der Zentralbank war, Fraktionschef Nicolas Massot, Inés Zorreguieta und der Sohn des damaligen Wirtschaftsministers José Martinez de Hoz Jr.

Die Folgen sind vielfältig: In den Ministerien der Verteidigung und des Äußeren wurden Forschungsstellen aufgelöst, welche die Archive der Zeit der Diktatur untersuchten und dort verschollene Unterlagen zu Tage brachten. Ebenso die Stelle im Wirtschaftsministerium, von der die wirtschaftlichen Verbrechen während der Diktatur erforscht wurden, die bisher kaum juristisch aufgearbeitet sind. Gedenkstätten wurden geschlossen, die Führungen von staatlichen Menschenrechtsinstitutionen ausgetauscht und deren Geldmittel massiv gekürzt, zum Beispiel des "Espacio Memoria", eine Gedenkstätte im Folterzentrum der berüchtigten Mechanikschule der Marine, ESMA.

Ohne Moos nix los

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Die Mittel des Staatssekretariats für Menschenrechte wurden stark eingeschränkt: Das Budget für 2017 wurde gegenüber dem von 2016 um rund 18 Prozent gekürzt, was angesichts der Inflation von 43 Prozent um so extremer ausfällt.

Das Hochschulinstitut für Menschenrechte "Madres de Plaza de Mayo", gegründet 1999, ist betroffen. Der anerkannte Direktor Germán Ibañez wurde entlassen und durch Javier Buján ersetzt, einen umstrittenen Juristen aus dem Umkreis von Daniel Angelici, enger Vertrauter von Macri und sein Nachfolger als Präsident von Boca Juniors, also jermand, der weder im Hochschulbetrieb noch beim Thema Menschenrechte Referenzen aufweisen kann. Die Finanzmittel der Hochschule wurden drastisch reduziert und ein Großteil der Dozenten hat seit Dezember kein Gehalt mehr bekommen. Die Studenten besetzten aus Protest das Gebäude der Hochschule und erkennen den neuen Rektor nicht an.

Vergangene Woche fand im Sitz der Organisation Madres de Plaza de Mayo im Zuge eines zivilrechtlichen Prozesses eine Hausdurchsuchung statt, um eine Inventur durchzuführen. An sich nichts außergewöhnliches, nur dass dies ohne Ankündigung erfolgte, die Staatsmacht auftrat als ob sie eine Drogenhöhle ausräuchern wollte und es während der sommerlichen Justizferien erfolgte, wo sonst nur die dringendsten Fälle behandelt werden und oft nicht einmal diese. Die Operation misslang angesichts des Widerstands der neunundachtzigjährigen Hebe de Bonafini und einer spontanen Menschenansammlung, die entstand sobald sich die Nachricht verbreitete.