Guatemala / Politik

Souveränität, ausländisches Militär und offizielle Rhetorik in Guatemala

Hat der Präsident Guatemalas um US-Militärhilfe gebeten? Dient Migration als Rechtfertigung für Militarisierung der Grenzregionen?

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Braucht das Militär Guatemalas Hilfe aus den USA?
Braucht das Militär Guatemalas Hilfe aus den USA?

Die Entscheidung des guatemaltekischen Präsidenten Jimmy Morales, US-Militär ins Land zu holen, hat eine heftige Polemik und Kritiken ausgelöst. Er will damit die Grenze zu Mexiko kontrollieren und dem anhaltenden Exodus von Guatemalteken, Salvadorianern und Honduranern Einhalt gebieten, die massenhaft  und ununterbrochenen in Karawanen in die USA streben. Die Kritik hat den Zorn des Regierenden hervorgerufen, der behauptet, die Entscheidung nicht getroffen zu haben.

Jedoch rechtfertigten Verteidigungsminister Luis Miguel Ralda und Außenministerin Sandra Jovel das vom Botschafter Guatemalas in den USA, Manuel Espina, vorgetragene Gesuch. Sie weisen darauf hin, dass es sich lediglich um eine "Idee" handele, die zur Diskussion gestellt worden sei. Verteidigungsminister Ralda ergänzte, dass sich schon seit geraumer Zeit US-Soldaten im Lande befänden. Es handle sich um "humanitäre Truppen", die im Departement Huehuetenango bei der Durchführung des Programms "Jenseits des Horizonts" eingesetzt sind.

Vorige Woche veröffentlichte die US-amerikanische Zeitung "The Washington Post" Einzelheiten aus einem Brief, den Vicente González, demokratischer Abgeordnete aus Texas, an Präsident Donald Trump gerichtet hatte. Darin ersucht er um die Präsenz von Militärangehörigen in Guatemala und bezieht sich dabei auf eine Äußerung des Botschafters Espina. Er habe gesagt, Morales wäre bereit US-Militär willkommen zu heißen, um die Grenze zwischen Guatemala und Mexiko zu sichern.

Morales hatte sich kürzlich erst bei der Auseinandersetzung mit der Internationalen Kommission gegen die Straflosigkeit in Guatemala (CICIG) damit hervorgetan, den Kommissionsvorsitzenden zur Persona non grata zu erklären. Er hatte den kolumbianischen Juristen Iván Velásquez kritisiert und der Kommission die Verletzung der nationalen Souveränität vorgeworfen. Zudem hatte er die Tätigkeit dieser Kommission als "ausländische Einmischung" bezeichnet. Diese heftige Reaktion bei der scheinbaren Verteidigung der Souveränität wirkt jetzt wie Doppelmoral, wo er um US-Truppen bettelt. Morales tut so als wenn US-Soldaten keine Einmischung und auch keine Verletzung der Souveränität bedeuten.

Während seiner Präsidentschaft ist die nationale Souveränität mehrmals verletzt worden. Das Land ist von US-Truppen besetzt, die seit Jahren in Guatemala operieren. Sie sind Bestandteil des Bündnisplans (Plan Alianza) für das Gedeihen des nördlichen Dreiecks. Bereits am 26. Mai 2017 erwähnte ich, dass auf der Sicherheitskonferenz Mittelamerikas (CENTSEC 2017) die Schaffung einer Einsatzgruppe des US-Südkommandos im guatemaltekischen Departement Petén angekündigt wurde. Diese soll in Zusammenarbeit mit dem mexikanischen und guatemaltekischen Heer gemeinsame Operationen an der Grenze zwischen Mexiko und Guatemala durchführen. Die Koordination von Operationen der Luft-, See- und Landstreitkräfte in der Grenzregion werden damit legitimiert, den Migrantenstrom zu kontrollieren und gegen die organisierte Kriminalität vorzugehen.

Auf der Sicherheitskonferenz verkündete General William Mancilla, der damalige Verteidigungsminister Guatemalas, zudem die Errichtung "zumindest eines neuen Militärstützpunktes des US-Südkommandos im Departement Petén in Guatemala". Der Minister hob hervor, dass "es sich um strategische Treffen und Schlüsselpositionen handelt, um die Mechanismen, Migrantenrouten, den Viehschmuggel und die Ausnutzung von Personen zum Drogentransport aufeinander abzustimmen. In Guatemala ist die fehlende Präsenz des Staates kein Geheimnis. Mit diesen Treffen versuchen wir, besser organisiert zu sein, um Regierbarkeit herzustellen und die Macht der organisierten Kriminalität zu mindern", fügte er hinzu.

Von welcher Souveränität spricht also Jimmy Morales? Warum ist er befangen, wenn er zu diesem Thema befragt wird?

Factor Méndez Doninelli aus Guatemala ist Lehrer und arbeitet unter anderem auch als Berater für Menschenrechte und alternative Konfliktlösungsmethoden