UN-Bericht: Venezuela ‒ Menschenrechte und einseitige Zwangsmaßnahmen

Die UN-Sonderberichterstatterin zu den negativen Auswirkungen der einseitigen Zwangsmaßnahmen auf die Wahrnehmung der Menschenrechte, Alena Douhan, beendet ihren Besuch in der Bolivarischen Republik Venezuela. Wir dokumentieren ihren vorläufigen Bericht

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UN-Sonderberichterstatterin Alena Douhan bei ihrer Pressekonferenz in Caracas am 12. Februar 2021
UN-Sonderberichterstatterin Alena Douhan bei ihrer Pressekonferenz in Caracas am 12. Februar 2021

Vorläufige Ergebnisse des Besuchs in der Bolivarischen Republik Venezuela

Caracas, 12. Februar 2021

Die Sonderberichterstatterin der Vereinten Nationen über die negativen Auswirkungen von einseitigen Zwangsmaßnahmen auf die Wahrnehmung der Menschenrechte, Frau Alena Douhan, besuchte die Bolivarische Republik Venezuela vom 1. bis 12. Februar 2021.

Die Berichterstatterin dankt der Regierung der Bolivarischen Republik Venezuela für die Erlaubnis und Unterstützung ihres Besuchs in dem Land.

Der Zweck des Besuchs war es, die Auswirkungen von einseitigen Sanktionen auf die Wahrnehmung der Menschenrechte der in Venezuela lebenden Menschen und aller anderen Betroffenen zu analysieren.

Diese Bemerkungen sind vorläufiger Natur und das Ergebnis umfangreicher Konsultationen mit einer Vielzahl von Gesprächspartnern. Der vollständige Bericht wird bei der UN-Menschenrechtskommission im September 2021 eingereicht.

Die Sonderberichterstatterin traf sich mit dem Präsidenten und dem Vizepräsidenten der Republik; mit den für die Exekutive, Legislative, Judikative, die Bürgerschaft und die Wahlen zuständigen Vizepräsidenten.; den Ministern für Auswärtige Angelegenheiten, Gesundheit für Bildung, Planung, Wirtschaft, Finanzen, Erdöl, Bergbau, Ernährung, Frauen und Gleichberechtigung, für Angelegenheiten der Blockade, für Wohnungsbau, für Soziale Arbeit, Wissenschaft, Technologie, Verkehr, Kultur und indigene Völker; dem Koordinator der Lokalen Komitees für Produktion und Versorgung (Clap); dem Generalsekretär des Komitees für Menschenrechte; dem Präsidenten von PDVSA; dem Präsidenten der Zentralbank, dem Direktor für Telekommunikation, dem Präsidenten des Obersten Gerichtshofs, dem Generalstaatsanwalt, dem Präsidenten und Mitgliedern der Nationalversammlung; dem Ombudsmann; dem Exekutivsekretär der Allianz Alba; Vertretern des gesamten politischen Spektrums politischer Parteien, der Opposition und Gewerkschaften; nationalen und internationalen humanitären Organisationen; dem Privatsektor, der katholischen Kirche sowie Nichtregierungsorganisationen, venezolanischen nicht-staatlichen Akteuren, die in den Bereichen Gesundheit, Menschenrechte, Schutz von Kindern, Frauen und älteren Menschen arbeiten; medizinischem Personal und älteren Menschen; Universitätsprofessoren; Schullehrern; unabhängigen Forschern und vor allem den Opfern von Menschenrechtsverletzungen.

Die Sonderberichterstatterin traf sich auch mit Vertretern des Länderteams der Vereinten Nationen und des diplomatischen Corps. Sie besuchte das Kardiologische Kinderkrankenhaus in Caracas; die pharmazeutische Fabrik Quimbotiec; den Komplex Canaimita; die Grundschule Hugo Chávez und die Vorschule Ciudad Mariche in der Umgebung von Caracas. Im Bundesstaat Carabobo ermöglichte der Gouverneur ein Treffen mit den Direktoren von öffentlichen Unternehmen (Strom, Gas und Telekommunikation), einen Besuch der dem staatlichen Krankenhaus angeschlossenen Entbindungsstation, eines nach kubanischem Modell inspirierten primären Gesundheitszentrums der Provinz, und mehreren Nichtregierungsorganisationen.

Die Sonderberichterstatterin bedankt sich bei all diesen Gesprächspartnern, die großzügig ihre Zeit, ihre Informationen, ihre Analysen, Erfahrungen und Gedanken angeboten haben, um ihr zu helfen, in kurzer Zeit zu verstehen, was für eine sehr komplexe und alarmierende Situation sich darstellt.

Der Sonderberichterstatter lobt den herzlichen Empfang und die konstruktive und kooperative Art und Weise, in der die Regierung Ihren Besuch ermöglichte, und der es erlaubte, einen freimütigen und offenen Dialog zu führen. Sie drückt ihren besonderen Dank an das Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten für seine effektive Zusammenarbeit mit ihrem Büro aus. Sie dankt auch dem Büro des residierenden Koordinators der Vereinten Nationen für seine Unterstützung und Beratung während des Besuchs.

Kontext des Länderbesuchs

Die USA haben Sanktionen gegen Venezuela seit 2005 verhängt, als sie gezielte Sanktionen gegen Personen und Einrichtungen erließen, die angeblich in den Drogenhandel verwickelt waren. Sie verhängten 2006 ein Waffenembargo mit der Begründung, dass die Regierung bei der Terrorismusbekämpfung nicht ausreichend kooperierte.

Ein US-Gesetz von 2014 führte zu Sanktionen gegen venezolanische Beamte, denen u.a. vorgeworfen wurde, Proteste gewaltsam unterdrückt, politische Gegner verfolgt, die Pressefreiheiten beschnitten zu haben und korrupt zu sein. Im Jahr 2015 erklärten die Vereinigten Staaten die Situation in Venezuela zu einem nationalen Notstand, der die Sicherheit und Außenpolitik der Vereinigten Staaten von Amerika bedrohte.

Im Jahr 2017 bewerteten die USA die venezolanischen Parlamentswahlen als illegitim und verhängten Sanktionen gegen die Regierung und ihre Einrichtungen, einschließlich PDVSA, und sperrten ihre Transaktionen und ihren Zugang zu den US-Finanzmärkten. Im Jahr 2018, nach den venezolanischen Präsidentschaftswahlen, verschärften die USA ihre Sanktionen gegen die Regierung, unter Berufung auf wirtschaftliches Missmanagement, Korruption, Unterdrückung von politischen Gegnern und die Bestrebungen, die Demokratie zu untergraben.

Im Januar 2019, nach der Anerkennung des gesetzgebenden Vorsitzenden Juan Guaidó als Venezuelas Interimspräsident, verhängten die USA weitere Sanktionen gegen PDVSA, die venezolanische Zentralbank und wichtige Regierungsbeamten und ein totales Wirtschaftsembargo im August 2019. Die USA gaben Guaidó auch die Kontrolle über die Vermögenswerte und das Eigentum der venezolanischen Regierung auf Konten in den USA, einschließlich der Gelder, die PDVSA von seinen US-Firmen, Citgo, erhielt. Andere US-Sanktionen im Jahr 2018 und 2019 zielten auf den Gold- und andere Bergbausektoren, den Lebensmittelbereich, auf Kryptowährungen und Bankgeschäfte. Im September 2020 wurden US-Sanktionen gegen fünf Abgeordnete verhängt, die Parteien anführten, die mit der Regierung kooperierten. Seit 2020 versuchen die USA, Venezuela daran zu hindern, Treibstoff aus dem Iran zu beziehen, indem sie Tankerkapitäne auflisten, die Nutzung venezolanischer Luft- und Seehäfen verbieten und die Vermögenswerte von Rosnef blockieren. US-Beamte haben Berichten zufolge inoffizielle Drohungen zur Verhinderung von Transaktionen durch Unternehmen von Drittstaaten mit Venezuela ausgesprochen.

Die Sonderberichterstatterin nimmt die Entscheidung der US-Regierung am 21. Januar 2021 zur Kenntnis, die Sanktionen der USA zu überprüfen, um die humanitären Auswirkungen der Pandemie zu mindern und die Maßnahme der US-Regierung vom 2. Februar 2021 zur Lockerung der Sanktionen, die sich auf die Funktion vom normalen Betrieb venezolanischer Häfen und Flughäfen bezieht.

Die Europäische Union verhängte 2017 Sanktionen gegen Venezuela, darunter ein Waffenembargo, ein Verbot der Ausfuhr von anderen Gütern, die zur internen Repression verwendet werden könnten, ein Verbot der Ausfuhr von Technologie und Ausrüstung für die Überwachung oder das Abfangen von Telekommunikation; weiterhin ein Einreiseverbot und das Einfrieren von Vermögenswerten von Personen, deren Handlungen von der EU als Angriff auf die Demokratie, die Rechtsstaatlichkeit und die Achtung der Menschenrechte betrachtet wurden, Maßnahmen, die von Venezuela vor dem Gerichtshof der Europäischen Union angefochten wurden. Es wurde auch darüber berichtet, dass 1,2 Milliarden US-Dollar venezolanische Regierungsgelder von einer portugiesischen Bank im Jahr 2019 eingefroren wurden. Beinahe 2 Milliarden US-Dollar in Gold, das sich im Besitz der venezolanischen Zentralbank befindet und bei der Bank of England hinterlegt ist, sind ebenfalls eingefroren, während ein Verfahren vor britischen Gerichten läuft.

In den Jahren 2017 und 2018 fror Kanada Vermögenswerte ein und verbot Transaktionen venezolanischer Beamte, die der Repression, schwerer Menschenrechtsverletzungen, Korruption, Zensur, außergerichtlicher Tötungen und anderer Handlungen beschuldigt wurden. Im Jahr 2018 fror Mexiko Vermögenswerte ein und verhängte Reiseverbote für 13 hochrangige venezolanische Beamte. In 2018 und 2019 verhängte die Schweiz ein Waffenembargo gegen Venezuela, fror Vermögenswerte ein und verhängte Reiseverbote gegen venezolanische Beamte. 2019 verbot Kolumbien die Einreise von etwa 200 Venezolanern, die mit der Regierung verbunden sind. Panama verhängte 2018 gezielte Sanktionen gegen venezolanische Personen und Einrichtungen, bei denen die hochgradige Gefahr eingeschätzt wurde, in Geldwäsche, Terrorismusfinanzierung und der Verbreitung von Massenvernichtungswaffen verwickelt zu sein.

Im Jahr 2019 vereinbarten 13 der 14 Länder der Lima-Gruppe, die Einreise von venezolanischem Beamten zu verbieten und ihnen den Zugang zu ihren Finanzsystemen zu verweigern. Auch im Jahr 2019 verabschiedeten die meisten der Vertragsparteien des Rio-Vertrags eine Resolution, die die Verhängung von gezielten Sanktionen, einschließlich des Einfrierens von Vermögenswerten von venezolanischen Beamten, die angeblich in Drogenhandel, terroristische Aktivitäten, organisiertes Verbrechen organisierte Kriminalität und/oder Menschenrechtsverletzungen verwickelt waren, ermöglicht.

Am 13. Februar 2020 reichte Venezuela eine Klage beim Internationalen Strafgerichtshof gemäß Artikel 14 des Römischen Statuts in Bezug auf einseitige Zwangsmaßnahmen des Internationalen Strafgerichtshofs ein.

Wirtschaftliche und humanitäre Lage in Venezuela

Venezuela hat eine der größten Ölreserven auf dem Planeten. Öl ist das wichtigste Exportgut des Landes und die Haupteinnahmequelle für Devisen gewesen. Seit 2000 hat die Regierung ein breites Spektrum an sozialen Projekten in den Bereichen Wohnen, Bildung, Alphabetisierung, Ernährung, Strom-, Wasser- und Gesundheitsversorgung, Familienplanung, digitale Schulung und kommunale Entwicklung implementiert, von denen viele kostenlos für die Bevölkerung sind oder wesentlich vom Staat subventioniert werden. Die mono-orientierte Wirtschaft hat stark vom Ölverkauf abgehangen; die meisten Produkte, von Maschinen und Ersatzteilen bis hin zu Lebensmitteln und Medikamente, wurden hauptsächlich aus den USA und Europa importiert. Die inländische Produktion ist auf einem eher niedrigen Niveau geblieben und war nicht in der Lage, den Eigenverbrauchsbedarf zu decken. Der Niedergang der Wirtschaft begann im Jahr 2014 mit dem Rückgang der Ölpreise. Neben anderen Faktoren, die Venezuelas Wirtschaft betreffen, wurden Misswirtschaft, Korruption und staatliche Preiskontrollen angeführt.

Unilaterale Sanktionen, die zunehmend von den USA, der EU und anderen Länder verhängt wurden, haben die oben erwähnten Probleme verschärft. Es wurde berichtet, dass die Staatseinnahmen um 99 Prozent reduziert wurden und dass das Land nun von einem Prozent des Einkommens vor den Sanktionen lebt. Überweisungen aus dem Ausland sind aufgrund des Einfrierens von Staatsvermögen und der Komplexität und Hindernisse bei Banküberweisungen zurückgegangen. Vier Jahre Hyperinflation haben zur totalen Abwertung der geführt (1 USD = 1,8 bis 1,9 Millionen Bolivar). Dies hat zu einem Rückgang der Gehälter im öffentlichen Sektor von 150 bis 500 USD im Jahr 2015 auf 1 bis 10 USD im Jahr 2020 geführt und zu einem zunehmenden Maß an Armut. 2018 bis 2019 führte die Regierung eine neue Wirtschaftspolitik ein: Die Preiskontrollen wurden aufgehoben und der Privatsektor durfte wieder in die Wirtschaft zurückkehren.

Allerdings untergräbt die Verschärfung der Sanktionen, mit denen das Land seit 2015 konfrontiert ist, die potenziellen positiven Auswirkungen der aktuellen Reformen bei der Erhaltung der Infrastruktur und der Umsetzung der sozialen Projekte. Derzeit ist Venezuela mit einem Mangel an notwendigen Maschinen, Ersatzteilen, Strom, Wasser, Kraftstoff, Gas, Lebensmitteln und Medikamenten konfrontiert. Die in Banken der USA, dem Vereinigten Königreich und Portugal eingefrorenen venezolanischen Vermögenswerte belaufen sich auf sechs Milliarden US-Dollar. Es wird berichtet, dass der Kauf von Waren und Zahlungen von öffentlichen Unternehmen blockiert oder eingefroren sind. Der private Sektor, Nichtregierungsorganisationen, Universitäten, Sportvereine und venezolanische Bürger prangern die Weigerung oder das Zögern ausländischer Banken, ihre Konten zu eröffnen oder zu führen an, einschließlich der Korrespondenzbanken in den USA und Europa; die Schwierigkeiten bei der Beschaffung von Visa und dem Kauf von Banknoten; die Notwendigkeit, durch Vermittler in Drittländern zu handeln; und die Notwendigkeit, zusätzliche Versicherungskosten zu zahlen. Die Verschärfung der Wirtschaftssanktionen und die zunehmende Übererfüllung führten zur Verabschiedung des Verfassungsgesetzes gegen die Blockade im Oktober 2020.

Es wurde berichtet, dass Stromleitungen heute mit weniger als 20 Prozent ihrer Kapazität arbeiten können. Es wird geschätzt, dass die Anzahl der Venezolaner, die seit 2015 das Land auf der Suche nach einem besseren Leben verlassen haben, zwischen einer und fünf Millionen beträgt, und dass die Bevölkerung bis 2021 auf etwa 27 Millionen schrumpfen wird. Die meisten öffentlichen Dienstleistungen sind auf 30 bis 50 Prozent ihrer ursprünglichen Mitarbeiter reduziert, einschließlich des am meisten qualifizierten Personals (Ärzte, Krankenschwestern, Ingenieure, Lehrer, Professoren, Richter, Polizisten usw.), was zu einer Desorganisation und einer erhöhten Arbeitsbelastung für die übrigen Mitarbeiter, einer Reduzierung der Dienstleistungen und einer Verschlechterung der Qualität der Dienstleistungen geführt hat.

Schätzungsweise 90 Prozent der Haushalte sind an das nationale Wasserverteilungssystem angeschlossen. Viele Haushalte klagen jedoch über häufige Unterbrechungen aufgrund von Stromausfällen, was Wasserpumpen und die Wartung der Infrastruktur beeinträchtigt, sowie über einen Mangel an qualifiziertem Wartungspersonal. Die Wasserverteilung kann nur "schichtweise" erfolgen, um eine flächendeckende Versorgung zu gewährleisten; die meisten Haushalte können nur ein- bis zweimal pro Woche Wasser für mehrere Stunden beziehen. Aufgrund der kommerziellen Hindernisse hat sich der Einsatz von chemischen Mitteln zur Behandlung und Reinigung von Wasser, um es trinkbar zu machen, um 30 Prozent reduziert.

Die Behinderung von Nahrungsmittelimporten, die mehr als 50 Prozent des Nahrungsmittelverbrauchs ausmachen, hat in den letzten 6 Jahren zu einem stetigen Anstieg der Unterernährung geführt, mit mehr als 2,5 Millionen Menschen in starker Ernährungsunsicherheit. Mechanismen zur Bewältigung dieser Situation sind Verringerung der Anzahl der Mahlzeiten pro Tag (1 oder 2 statt 3); Verringerung der Quantität und Qualität der Lebensmittel; Deskapitalisierung/Verkauf von Haushaltsvermögen, um sich zu ernähren; reduzierte Ausgaben für Gesundheit, Kleidung und Bildung; verbunden mit einer korrelativen Zunahme von Familienkrisen, Spannungen, Gewalt und Trennungen; Kinderarbeit; Schattenwirtschaft; kriminelle Aktivitäten, einschließlich Drogen- und Menschenhandel, Zwangsarbeit und Migration. Beim Clap-Lebensmittelkisten-Programm, gestartet als Regierungsinitiative im Jahr 2017 und einer Abdeckung von 6 Mio. Haushalten im ganzen Land, verringert sich die Vielfalt der Artikel.

Venezuela war fast vollständig von aus dem Ausland importierten Medikamenten abhängig, während vor 2016 die meisten öffentlichen medizinischen Dienste vom Staat kostenlos zur Verfügung gestellt wurden. Zu den Hindernissen bei der Gesundheitsversorgung gehören ein Mangel an oder schwere Engpässe bei Medikamenten und Impfstoffen; steigende Preise; Engpässe bei der Stromversorgung von Geräten; Wassermangel und Sanitärprobleme, die die Hygiene beeinträchtigen; sich verschlechternde Infrastruktur aufgrund mangelnder Wartung, fehlender Ersatzteile, Nichtverfügbarkeit von neuen Geräten, fehlender Ressourcen oder die Weigerung, sie zu verkaufen oder zu liefern; Verschlechterung der Arbeitsbedingungen und fehlende Ausrüstungen zum Schutz vor Infektionskrankheiten; der Ausfall von Personal in allen medizinischen Bereichen aufgrund von niedrigen Gehältern; und die fehlende Fertigstellung beim Bau von Krankenhäusern und Primärversorgungszentren.

Insbesondere das Kinderkardiologie-Krankenhaus in Caracas sieht sich mit einem fünffachen Rückgang der Zahl der Operationen konfrontiert von durchschnittlich 1.000 Eingriffen pro Jahr im Zeitraum 2010 bis 2014 auf 162 im Jahr 2020). Die Stellen für medizinisches Personal in öffentlichen Krankenhäusern sind zu 50 bis 70 Prozent unbesetzt. Nur etwa 20 Prozent der medizinischen Geräte sind derzeit in Betrieb. Das Land hatte 2017 bis 2018 einen schweren Mangel an Impfstoffen gegen Masern, Gelbfieber und Malaria. Die Mangel an HIV-Tests und -Behandlung 2017 und 2018 brachte gemäß Berichten eine starke Erhöhung der Sterblichkeitsrate hervor. Die Umleitung von Vermögenswerten der US-Tochtergesellschaft von PDVSA, Citgo, hat Leber- und Knochenmarkstransplantationen für 53 venezolanische Kinder verhindert; diese Transplantationen wären in Italien und Argentinien vor 2016 auf Staatskosten durchgeführt worden. Die Sonderberichterstatterin nimmt auch den gemeldeten Anstieg der Neugeborenen- und Müttersterblichkeit seit 2013 zur Kenntnis, und einer leichten Verbesserung im Jahr 2019, durch die Aktivierung der humanitären Zusammenarbeit mit Unicef, Paho, der Kirche und anderen humanitären Organisationen.

Weitere schädliche Auswirkungen der Krise sind das wachsende Problem der Teenager-Schwangerschaften, die ein Krisenniveau bei 12 bis 13-jährigen Mädchen erreicht, die mit fehlenden Zugang zur Betreuung und Informationen über Methoden der Empfängnisverhütung schwanger werden; und der Anstieg von HIV/Aids aufgrund von ungeschütztem Sex.

Die Schul- und Hochschulbildung ist seit 2016 mit einem starken Rückgang der staatlichen Unterstützung konfrontiert, einschließlich der Reduzierung der Bereitstellung von Schuluniformen, Schuhen, Schultaschen und Schulmaterial; und die Reduzierung der Anzahl der täglichen Schulmahlzeiten (von zwei tägliche Schulspeisungen auf eine), wodurch die Menge und Vielfalt der Lebensmittel abnimmt oder sogar teilweise ausfällt. Die Nichtverfügbarkeit der finanziellen Ressourcen und die Zurückhaltung ausländischer Unternehmen, Geschäfte mit den venezolanischen öffentlichen Einrichtungen und privaten Institutionen zu tätigen, hat zur Aussetzung des Canaima-Programms geführt, dass 2015 gestartet wurde, um Laptops für Bildungszwecke zur Verfügung zu stellen, von denen 6,5 Millionen kostenlos über das Schulsystem verteilt worden sind. Technische Vorkommnisse im Jahr 2019 haben in Venezuela den öffentlichen Satelliten lahmgelegt, was die Internetabdeckung im Land erheblich reduziert und es kaum möglich macht, ein Fernstudium im Zuge der Pandemie im gesamten Land zu ermöglichen.

Angesichts der wirtschaftlichen und humanitären Krise hat die venezolanische Regierung die Zusammenarbeit mit UNDP, Unicef, UNAIDS, Paho, anderen internationalen Agenturen, sowie mit der Kirche, dem privaten Sektor und humanitären NGOs aktiviert, die humanitäre Hilfe leisten und einen Teil des Wiederaufbaus der Wassersysteme und die Bereitstellung von Impfstoffen, Medikamenten, Tests, Reagenzien, Schulmaterial und Lebensmittel zum Ziel hat. Allerdings sind die Versuche einer Freigabe der bei der Bank of England eingefrorenen Vermögen für den Kauf von Medikamenten, Impfstoffen, Schutz- und medizinischer Ausrüstung durch UNDP und Paho im Jahr 2020 gescheitert. Es wurden keine Mittel für den Kauf von Covax durch Paho in den Jahren 2020 bis 2021 freigegeben. Trotz der Intensivierung der Arbeit mit humanitären Akteuren sind einige Fälle von Überwachung und Verfolgung von NGO-Mitarbeitern, die an humanitärer Arbeit beteiligt sind, berichtet worden.

Auswertung der Rechtsgrundlage zur Auferlegung von Sanktionen

Die Sonderberichterstatterin ist der Ansicht, dass der von der Regierung der USA am 8. März 2015 verhängte und mehrfach verlängerte nationale Notstand als Grundlage für die Einführung von Sanktionen gegen Venezuela, nicht den Anforderungen von Artikel 4 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte entspricht, wie zum Beispiel das Vorhandensein einer Bedrohung für das Leben der Nation, die Begrenzung der Maßnahmen, die Nichtdiskriminierung, das Verbot der Abweichung vom Recht auf Leben und das Verbot einer Aktivität, die kein Verbrechen darstellt, wie es in der Mitteilung der Menschenrechtsexperten vom 29. Januar 2021 erwähnt wird.

Die Sonderberichterstatterin unterstreicht, dass unilaterale Sanktionen gegen den Öl-, Gold-, Bergbau- und andere Wirtschaftssektoren, der staatlichen Fluggesellschaft und der Fernseheinrichtungen, eine Verletzung des Völkerrechts darstellen, und ihre Rechtswidrigkeit ist nicht mit Verweis auf Gegenmaßnahmen ausgeschlossen. Der angekündigte Zweck der "Maximaldruck"-Kampagne - um Venezuelas Regierung zu ändern - verletzt das Prinzip der souveränen Gleichheit der Staaten und stellt eine Einmischung in die inneren Angelegenheiten Venezuelas dar, die auch auf seine regionalen Beziehungen zu treffen.

Unter Verweis auf die gewohnheitsrechtlichen Regeln zur Immunität von Staatseigentum, weist die Sonderberichterstatterin darauf hin, dass die Vermögenswerte der Zentralbank und für öffentliche Aufgaben genutztes Eigentum dem venezolanischen Staat gehören und nicht seiner Regierung oder irgendeiner Einzelperson. Daher verletzt das Einfrieren des Vermögens der Zentralbank von Venezuela wegen Nichtanerkennung ihrer Regierung sowie die Verabschiedung entsprechender Sanktionen, die souveränen Rechte des Staates von Venezuela, und hindert die effektive Regierung an der Ausübung ihrer Pflicht zur Gewährleistung der Bedürfnisse der Bevölkerung.

Die Sonderberichterstatterin betont, dass die Aufnahme von Staatsbeamten in die Liste von Amts wegen dem Verbot widerspricht, Handlungen zu bestrafen, die kein Verbrechen darstellen, sie hindert Beamte daran, die Interessen Venezuelas vor internationalen Gerichten und anderen internationalen Institutionen zu vertreten, und untergräbt somit das Prinzip der souveränen Gleichheit der Staaten. Sie stellt außerdem fest, dass die wiederholte Weigerung von Banken in den USA, Großbritannien und Portugal, venezolanische Guthaben, unter anderem für den Kauf von Medikamenten, Impfstoffen und Schutzausrüstungen unter der Kontrolle von internationalen Organisationen freizugeben, gegen das oben genannte Prinzip verstößt und Venezuelas Fähigkeit behindert, auf den COVID-19-Notstand zu reagieren.

Die Sonderberichterstatterin ist darüber besorgt, dass unilaterale gezielte Sanktionen in ihrer derzeitigen Form zumindest die Verpflichtungen aus den universalen und regionalen Menschenrechtsinstrumenten verletzen, von denen viele zwingender Natur sind - Verfahrensgarantien und Unschuldsvermutung im Hinblick darauf, dass die Gründe für ihre Einführung größtenteils keine internationale Verbrechen darstellen und nicht dem Grundgedanken der universellen Strafgerichtsbarkeit entsprechen, wobei die Sonderberichterstatterin zur Kenntnis nimmt, dass eine Gruppe von Staaten am 27. September 2018 beim Internationalen Strafgerichtshof eine Verweisung gegen Venezuela eingereicht hat.

Die Sonderberichterstatterin unterstreicht, dass die Anwendung der extraterritorialen Gerichtsbarkeit auf Staatsangehörige und Unternehmen von Drittstaaten wegen Zusammenarbeit mit venezolanischen Behörden, Staatsangehörigen und Unternehmen sowie die mutmaßlichen Drohungen gegen diese Drittstaaten, völkerrechtlich nicht gerechtfertigt sind und die Risiken einer exzessiven Durchsetzung von Sanktionen erhöhen. Die Sonderberichterstatterin nimmt mit Besorgnis die angeblichen Drohungen gegenüber privaten Unternehmen und gegenüber Spendern, Partnern, Geber und humanitären Organisationen zur Kenntnis.

Der Sonderberichterstatter beobachtet mit Besorgnis die vermutlichen Drohungen gegenüber privaten Unternehmen und Spendern, Partnern und humanitären Organisationen aus Drittländern sowie die Einführung von Vertraulichkeitsklauseln in das venezolanische verfassungsmäßige Anti-Blockade-Gesetz bezüglich der Identität von dem jeweiligen Partner.

Auswirkungen auf die Ausübung von Menschenrechten

Der Sonderberichterstatter stellt mit Besorgnis fest, dass die sektoralen Sanktionen gegen die Öl-, Gold- und Bergbauindustrie, die Wirtschaftsblockade Venezuelas und das Einfrieren der Guthaben der Zentralbank die bereits bestehenden wirtschaftlichen und humanitären Probleme noch verschlimmert haben, indem sie die Erhebung von Einnahmen und die Verwendung von Ressourcen zur Entwicklung und Erhaltung der Infrastruktur und der sozialen Programme verhindern. Dies hat verheerende Auswirkungen auf die gesamte Bevölkerung Venezuelas, insbesondere auf die in extremer Armut lebenden Menschen, Frauen, Kinder, medizinisches Personal, Menschen mit Behinderungen, Menschen mit chronischen oder lebensbedrohlichen Krankheiten und die indigene Bevölkerung.

Der Sonderberichterstatter unterstreicht, dass die bestehenden humanitären Ausnahmen ineffektiv und unzureichend sind. Sie unterliegen langwierigen und kostspieligen Verfahren und decken nicht die Lieferung von Ersatzteilen, Geräten und Maschinen ab, die für die Aufrechterhaltung und Wiederherstellung der Wirtschaft und der öffentlichen Dienste notwendig sind.

Die Sonderberichterstatterin ist darüber besorgt, dass die Anwendung extraterritorialer Sekundärsanktionen sowie die angebliche Androhung von Sanktionen zu einer übermäßigen Durchsetzung von extraterritorialen Sanktionsregimen führen kann. Dadurch werden die Regierung Venezuelas, ihr öffentlicher Sektor und die Privatunternehmen am Erwerb von Maschinen, Ersatzteilen, Medikamenten, Lebensmitteln, landwirtschaftlichen Erzeugnissen und anderen lebenswichtigen Gütern behindert, auch innerhalb der Lizenzen, die von der Regierung der Vereinigten Staaten erteilt wurden. Die Embargos der US-Regierung haben auch eine zunehmende Anzahl von Verweigerungen von Überweisungen, verlängerte Überweisungszeiten (von 2 bis 45 Tagen), erhöhte Liefer-, Versicherungs- und Überweisungskosten, sowie Preiserhöhungen für alle Waren (insbesondere importierte Waren) hervorgerufen.

Die Sonderberichterstatterin stellt mit Besorgnis fest, dass der Mangel an Ressourcen und das Zögern ausländischer Partner, Banken und Lieferfirmen, mit venezolanischen Partnern zu verhandeln, dazu geführt hat, dass es unmöglich ist, die notwendige medizinische und technologische Ausrüstung, Reagenzien und Ersatzteile für die Reparatur und Wartung von Strom, Gas, Wasser, Transport, öffentlichen Verkehrsmitteln, Telefon- und Kommunikationssystemen, Schulen, Krankenhäuser, Wohnungen und anderen öffentliche Institutionen zu kaufen, was die Ausübung vieler Menschenrechte untergräbt, einschließlich des Rechts auf ein Leben in Würde.

Trotz der periodischen Revision und Erhöhung der Löhne in Venezuela wird der Durchschnittslohn im öffentlichen Sektor auf 2 bis 3 US-Dollar im Monat geschätzt, was weniger als 1 Prozent des Grundnahrungsmittelkorbs abdeckt. Dies macht die Bevölkerung zunehmend abhängig von sozialer Unterstützung durch die Regierung in Form von Clap-Kisten (Lebensmittel) und regelmäßigen Geldtransfers durch die "Carta de la Patria", mehrfache Subventionen für Staatsbeamte, sowie ausländische humanitäre Hilfe.

Die Sonderberichterstatterin stellt fest, dass dies den Grad der Migration erhöht, die Teilnahme von Personen in der Schattenwirtschaft hervorbringt, und in erster Linie hochrangige Spezialisten im öffentlichen Sektor, inklusive Ärzte, Krankenschwestern, Lehrer, Universitätsprofessoren, Ingenieure, Polizisten, Richter, Techniker und viele andere betrifft, deren Rechte verletzt werden, einschließlich des Rechts auf Arbeit, auf menschenwürdige Arbeit, auf soziale Sicherheit einschließlich Sozialversicherung und auf einen angemessenen Lebensstandard. Die Anzahl der unbesetzten Stellen, die zur Sicherstellung des normalen Funktionierens der öffentlichen Dienste bestimmt sind, haben inzwischen ein Drittel bis zur Hälfte des Notwendigen erreicht. Die Massenmigration ohne erschwinglichen Transport gefährdet das Leben der Migranten und bürdet den Aufnahmeländern zusätzliche Lasten auf.

Neben anderen Problemen ist der fehlende Zugang zu Lebensmitteln, Medikamenten und medizinischer Versorgung für venezolanische Migranten bekannt, auch das Fehlen von Ausweispapieren für im Ausland geborenen Kindern, die Trennung von Familien und das Fehlen einer angemessenen Betreuung für Kinder, die bei den Großeltern in Venezuela bleiben.

Die Sonderberichterstatterin ist besorgt darüber, dass der Mangel an Benzin und der damit verbundene Anstieg der Transportpreise die Bewegungsfreiheit verletzt und den Zugang zu Krankenhäusern, Schulen und anderen öffentlichen Dienstleistungen behindert. Er verschärft die Probleme der Verteilung und Übergabe von Lebensmitteln und medizinischen Hilfsgütern - vor allem in entlegenen Gebieten des Landes, wovon unter anderem die indigene Bevölkerung betroffen ist – und verursacht Verzögerungen bei öffentlichen Dienstleistungen, einschließlich der Straf- und Ziviljustiz. Der berichtete Mangel an Dieselkraftstoff, der hauptsächlich für landwirtschaftliche, industrielle und Transportzwecke verwendet wird, hat potenziell dramatische Auswirkungen auf die Lebensmittelproduktion und -lagerung, mit dem Risiko, die Ernährungsunsicherheit der venezolanischen Bevölkerung, die bereits unter einer Verschlechterung der Nahrungsquantität und -qualität und zunehmender Unterernährung leidet und das somit die Gefahr zunehmender Unterernährung und damit Gesundheitsrisiken und Lebensgefahren birgt.

Die Sonderberichterstatterin sieht mit der Sorge, dass aufgrund der Nichtverfügbarkeit von neuen Maschinen, Ersatzteilen und kompetentem Personal, dem venezolanischen Volk der Zugang zu Elektrizität erschwert wird, was u.a. den Betrieb von Wasserpumpen unmöglich macht und damit das Recht auf Wasser, einschließlich das Recht auf sauberes Trinkwasser verletzt und die Abwasserentsorgung nicht garantiert ist, wodurch sich die Risiken relevanter Krankheiten erhöhen.

Die Sonderberichterstatterin hebt hervor, dass niedrige Gehälter, das Fehlen oder die unzureichende Versorgung mit Schulmaterial, Schuluniformen und Schulessen, die früher von der Regierung bereitgestellt wurden, Transportprobleme, das Fehlen von Elektrizität und die reduzierte Abdeckung von Internet und Mobiltelefon, das Recht auf Bildung gefährden. Die oben genannten Gründe, sowie die berichtete Unmöglichkeit, Online-Ressourcen mit venezolanischen IP-Adressen zu nutzen, beeinträchtigen den Zugang zu Informationen und der freien Meinungsäußerung. Die angebliche mangelnde Kooperationsbereitschaft der ausländischen Partner mit venezolanischen Institutionen, einschließlich Universitäten, Sportvereinen und NGOs, sowie Hindernisse bei Geldtransfers, Schwierigkeiten bei der Erlangung von Visa und die Verweigerung der Öffnung und Schließung von Bankkonten venezolanischer Bürger oder von in Venezuela ansässigen öffentlichen und privaten Unternehmen aus Angst vor Sekundärsanktionen, beeinträchtigen das Recht auf Bildung, akademische Freiheiten, kulturelle Rechte und behindern die Bereitstellung von humanitärer Hilfe.

Die Sonderberichterstatterin ist auch besorgt darüber, dass der Mangel an Gas die Menschen dazu zwingt, mit Holzfeuer zu kochen, und dies kann das Recht auf eine förderliche Umgebung verletzen. Sie merkt an, dass aufgrund der Notwendigkeit, die überlebenswichtigen menschlichen Bedürfnisse zu sichern, die Regierung alle Programme ausgesetzt hat, die auf die Erreichung der Ziele für nachhaltige Entwicklung abzielten, einschließlich der Agrar- und Gesundheitsprojekte, Umweltschutz, Verbesserung der Alphabetisierung und Computerkenntnisse, den Wiederaufbau und andere Bereiche.

Die Sonderberichterstatterin unterstreicht, dass das Einfrieren von Eigentum, Vermögen und Bankkonten von venezolanischen Bürgern durch ausländische und Korrespondenzbanken, oft aufgrund von Übererfüllung, zur Verletzung des Rechts auf Eigentum führt. Auch stellt sie mit Besorgnis fest, dass die Anwendung von einseitiger Sanktionen gegen Venezuela die Rechte von Staatsangehörigen von Drittländern beeinträchtigt, insbesondere die Beendigung von Verträgen mit Unternehmen aus Drittländern birgt das potenzielle Risiko der Beeinträchtigung der Wirtschafts- und Eigentumsrechte ihrer Eigentümer und Mitarbeiter; und das Ausbleiben von Beiträgen aus Venezuela, die früher an regionale Hilfsprojekte (z.B. Alba) gespendet wurden, wirkt sich negativ auf das Recht der Begünstigten auf humanitäre Hilfe jenseits der Grenzen Venezuelas aus.

Die Sonderberichterstatterin erkennt an, dass gezielte und sekundäre Sanktionen das Recht auf ein faires Verfahren, auf ein ordentliches Verfahren, Bewegungsfreiheit, Eigentumsrechte und das Recht auf Reputation verletzen. Sanktionen gegen Vertreter von Oppositionsgruppen für ihre Teilnahme an den Wahlen verletzen ihr Recht, Meinungen zu haben und zu äußern und an öffentlichen Angelegenheiten teilzunehmen. Während der Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (Art. 275) gelisteten Personen die Möglichkeit des Zugriffs zum Europäischen Gerichtshof bietet, auch wenn es keine Verfahrensgarantien gibt bevor Entscheidungen über Sanktionen getroffen werden, stellt die Sonderberichterstatterin fest, dass im Hinblick auf die Sanktionen der USA der Zugang zur Justiz nicht gewährleistet ist, insbesondere in Anbetracht der zahlreichen berichteten Weigerungen von US-Anwälten, Fälle bei der Ofac einzureichen, aufgrund von angeblichen Drohungen der US-Regierung oder aus Angst vor hypothetischen Sanktionen.

Die Sonderberichterstatterin kommt zu dem Schluss, dass die gegen Venezuela, seine Bürger und Unternehmen verhängten Sanktionen Einzelpersonen in Venezuela und außerhalb seines Territoriums betreffen, sowohl im öffentlichen als auch im privaten Sektor; Drittstaatenangehörige und Mitarbeiter von Unternehmen aus Drittstaaten, die von Sekundärsanktionen betroffen sind oder diese befürchten; Geber und internationale humanitäre NGOs; Empfänger von Hilfe durch internationale Organisationen, die traditionell von Venezuela finanziert werden; während die Ärmsten, Frauen, Kinder und Menschen mit chronischen oder schweren Erkrankungen am stärksten in Bezug auf die gesamte Bandbreite der Menschenrechte betroffen sind, einschließlich bürgerlicher, politischer, wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Rechte, sowie das Recht auf Entwicklung.

Die Sonderberichterstatterin begrüßt die Berichte über das verstärkte Engagement der Regierung von Venezuela mit UNDP, Unicef, UNAIDS, Paho und anderen internationalen Organisationen und kirchlichen, privatwirtschaftlichen und humanitären NGOs bei der Bereitstellung von humanitärer Hilfe, die Erleichterung des Wiederaufbaus einiger Wassersysteme und die Bereitstellung von Impfstoffen, Medikamenten, Tests, Reagenzien, Schulmaterial und Nahrungsmitteln, wodurch etwa vier Millionen Menschen geholfen wurde. Allerdings ist die Sonderberichterstatterin besorgt über Berichte über Missmanagement bei der Verteilung von humanitärer Hilfe, Überwachung und Verfolgung von nationalen NGO-Mitarbeitern, die in der humanitären Arbeit tätig sind, sowie das Fehlen von vorläufigen Regeln und Vorschriften für die Arbeit von internationalen NGOs.

Empfehlungen der Sonderberichterstatterin:

Die Sonderberichterstatterin weist alle Parteien auf ihre Verpflichtung gemäß der Charta der Vereinten Nationen zur Einhaltung der Grundsätze und Normen des internationalen Rechts hin, einschließlich der Prinzipien der souveränen Gleichheit, der politischen Unabhängigkeit, der Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten der Staaten und der friedlichen Beilegung internationaler Streitigkeiten. Die Sonderberichterstatterin fordert sie auf, etwaige Streitigkeiten durch gerichtliche und andere zuständige internationale Institutionen zu lösen.

Die Sonderberichterstatterin unterstreicht, dass humanitäre Anliegen immer Vorrang vor politischen Belangen haben müssen und dass einseitige Maßnahmen nur unter Wahrung der Rechtsstaatlichkeit, der Normen der Menschenrechte, des Flüchtlingsrechtes und humanitären Rechts getroffen werden können; sie müssen mit den völkerrechtlichen Verpflichtungen der Staaten übereinstimmen und können nur im Rahmen von international rechtmäßigen Gegenmaßnahmen angewendet werden. Die Sonderberichterstatterin erinnert daran, dass die vorläufigen und laufenden humanitären Folgeabschätzungen im Zuge jeder einseitigen Maßnahme durchgeführt werden sollten, da keine gute Absicht die Verletzung fundamentaler Menschenrechte als "Kollateralschaden" rechtfertigt.

Die Sonderberichterstatterin unterstreicht die Unzulässigkeit der extraterritorialen Anwendung von Sanktionen und fordert die Regierung der USA auf, den nationalen Notstand in Bezug auf Venezuela aufzuheben, sektorale Sanktionen gegen den venezolanischen öffentlichen Sektor zu überprüfen und aufzuheben, Sekundärsanktionen gegen Drittstaaten zu überprüfen und aufzuheben und von der Verhängung von Sanktionen gegen die Lieferung von Dieselkraftstoff abzusehen, die zu einer Krise noch nie dagewesenem Ausmaß führen würden.

Die Sonderberichterstatterin fordert alle Akteure (einschließlich Staaten, internationale Organisationen, Banken, private Unternehmen und die Zivilgesellschaft) auf, Zwang, schriftliche oder mündliche Drohungen oder andere Handlungen zu vermeiden, die eine Übererfüllung provozieren oder herbeiführen könnten, und alle Beschränkungen in der Übergangszeit bis zur Aufhebung der einseitigen Sanktionen so restriktiv wie möglich auszulegen, unter gebührender Berücksichtigung der vom der Sonderberichterstatterin im Dezember 2020 herausgegebenen Leitlinien.

Die Sonderberichterstatterin ruft alle Staaten dazu auf, gezielte Sanktionen in Übereinstimmung mit den Prinzipien des Völkerrechts, der Rechtsstaatlichkeit, der Menschenrechte und Flüchtlingsrechts zu überprüfen und aufzuheben, und die Möglichkeit zu gewährleisten, dass venezolanische Staatsbedienstete den Staat auf der Grundlage des Prinzips der souveränen Gleichheit der Staaten vertreten können, und die Rechte der betroffenen Personen auf die Unschuldsvermutung, ein ordnungsgemäßes Verfahren, den Zugang zur Justiz und andere Grundrechte zu garantieren.

Die Sonderberichterstatterin drängt die Regierungen des Vereinigten Königreichs, Portugals und der USA sowie die betroffenen Banken darauf, die Guthaben der venezolanischen Zentralbank freizugeben, um Medikamente, Impfstoffe, Lebensmittel, medizinische und andere Ausrüstung, Ersatzteile und andere lebenswichtige Güter zu beschaffen, die humanitären Bedürfnisse des venezolanischen Volkes und die Wiederherstellung der öffentlichen Dienste zu garantieren, dies in Zusammenarbeit mit UNDP und anderen Organisationen der Vereinten Nationen und durch Mechanismen, die von ihnen gemeinsam vereinbart und überwacht werden.

Während sie die verheerenden Auswirkungen einseitiger Sanktionen im weiten Bereich der Menschenrechte, insbesondere das Recht auf Nahrung, das Recht auf Gesundheit, das Recht auf Leben, das Recht auf Bildung, das Recht auf Entwicklung, die das Recht auf Bildung und das Recht auf Entwicklung anerkennt, fordert die Sonderberichterstatter die Regierung Venezuelas und das Büro des Hochkommissars für Menschenrechte auf, das zwischen ihnen unterzeichnete Kooperationsabkommen vollständig umzusetzen, um die Präsenz des OHCHR vor Ort zu verstärken, um u. a. die Auswirkungen der einseitigen Sanktionen zu überwachen und folgende Besuche innerhalb des Sonderverfahrens im Land zu organisieren.

Die Sonderberichterstatterin fordert die Regierung Venezuelas, UNDP, andere UN-Organisationen und das OHCHR in Venezuela auf, eine Vereinbarung auszuhandeln, die die transparente, gerechte und diskriminierungsfreie Verteilung von lebenswichtigen Gütern und humanitäre Hilfe gewährleistet, unter der Kontrolle der internationalen Institutionen, unabhängig von Rasse, Geschlecht, Nationalität, Alter, religiösen oder politischen Überzeugungen oder Meinungen.

Die Sonderberichterstatterin fordert die Regierung von Venezuela auf, in Zusammenarbeit mit dem residierenden Koordinator der Vereinten Nationen und dem OHCHR in Venezuela, eine klare und nichtdiskriminierende Gesetzgebung auszuarbeiten, die die humanitäre Arbeit von internationalen und nationalen Organisationen ermöglicht und erleichtert, und die die Sicherheit und Integrität ihrer Mitarbeiter gewährleistet. Gleichzeitig verweist sie auf die Verpflichtung von humanitären NGOs zur Einhaltung der Standards einer rein humanitären Tätigkeit.