Gedenken an Massaker in El Salvador

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"Kein Vergeben, kein Vergessen": Transparent des Verbandes der Ingenieur- und Architekturstudenten
"Kein Vergeben, kein Vergessen": Transparent des Verbandes der Ingenieur- und Architekturstudenten

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Die Streitkräfte fuhren 1975 mit Panzern gegen die Studenten auf
Die Streitkräfte fuhren 1975 mit Panzern gegen die Studenten auf

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Kunststudenten beteiligten sich an dem Gedenkmarsch
Kunststudenten beteiligten sich an dem Gedenkmarsch

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Demonstrierende mit einem Bild eines der ermordeten Studenten
Demonstrierende mit einem Bild eines der ermordeten Studenten

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Protest auch gegen das neue Gesetz über öffentlich-private Partnerschaft
Protest auch gegen das neue Gesetz über öffentlich-private Partnerschaft

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"Nein zur Privatisierung der UES"
"Nein zur Privatisierung der UES"

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Bilder von zwei der ermordeten Studenten
Bilder von zwei der ermordeten Studenten

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Zum Abschluss der Demonstration wurde symbolisch ein Panzerwagen verbrannt
Zum Abschluss der Demonstration wurde symbolisch ein Panzerwagen verbrannt

San Salvador. Hunderte Studenten und Schüler haben mit einer Demonstration in der Hauptstadt San Salvador des Massakers vom 30. Juli 1975 gedacht, bei dem 30 Studierende von der Nationalgarde ermordet wurden.

Am 25. Juli 1975 hatten die salvadorianischen Streitkräfte die Universität in Santa Ana besetzt, um einen Protestmarsch von Studenten zu verhindern, der sich gegen die übermäßigen Ausgaben öffentlicher Gelder während der Fiestas Julias richten sollte. Fiestas Julias werden die Feierlichkeiten zu Ehren der Schutzpatronin "Heilige Ana" vom 17. bis 26. Juli in der Stadt Santa Ana genannt, die sich zu einem der wichtigsten Feste im Land entwickelt hatten. Diese Ausgaben standen im krassen Widerspruch zu den Bedingungen der extremen Armut, in der die Mehrheit der Bevölkerung El Salvadors damals lebte.

Nach diesem Militäreinsatz solidarisierten sich die Studenten der Zentraluniversität UES in San Salvador mit ihren Kommilitonen und gingen am 30. Juli auf die Straße, um gegen die Repression zu protestieren. Im Verlauf dieser Proteste wurden Transparente getragen und Parolen gerufen, die die Besetzung der Universität und die Unterdrückung verurteilten sowie die extreme Armut, Ungleichheit und Ungerechtigkeit im Land anprangerten. In der Avendida Norte wurde die Demonstration mit Gewehren und Panzern gestoppt. 30 Studenten wurden erschossen, zahlreiche wurden festgenommen und sind seitdem verschwunden.

Die Großdemonstration in der vergangenen Woche startete, wie es Tradition ist, an der Universität von El Salvador (UES), und endete auf der Höhe des Institutes für Soziale Sicherheit (ISSS), dem Ort, an dem die Studierenden im Jahr 1975 massakriert wurden. Während des Marsches forderten die Studenten ein Ende der Straflosigkeit und Gerechtigkeit für die Opfer und deren Familien, die Menschenrechtsverletzungen während der Militärdiktatur erlitten haben. Auch wurde eine Privatisierung der Universität zurückgewiesen, die aktuell in der Diskussion ist. Der Protest richtete sich außerdem gegen das neue Gesetz über öffentlich-private Partnerschaft (APP) und gegen die Abkommen für Freihandelszonen.

Bald nach der Entstehung der Republik El Salvador (1838) in ihrer heutigen Form war 1841 die "Universidad de El Salvador" (UES), die Nationaluniversität, gegründet worden. Mit rund 54.000 Studierenden auf ihrem Campus in San Salvador und in den drei regionalen Niederlassungen und einem Jahreshaushalt von 61 Millionen US-Dollar ist die UES mit Abstand die größte und älteste Universität El Salvadors – und die einzige öffentliche. Mehr noch: Die UES wurde bald zu einem Brennpunkt der wissenschaftlichen, gesellschaftlichen und politischen Entwicklung des Landes, und zu einem Zentrum linker Kritik. So war sie es, die schon im vorletzten Jahrhundert die Gesetze zur Auflösung des Gemeineigentums von 1881 und 1882 als "umgekehrte Agrarreform" in Frage stellte. Der Preis für den regelmäßigen intellektuellen Aufstand gegen die herrschenden Verhältnisse waren Interventionen durch die Streit- und Sicherheitskräfte. So geschehen 1960, 1972, als unter der De-facto-Militärdiktatur von Oberst Arturo Armando Molina die UES für ein Jahr geschlossen wurde; 1980, als die UES militärisch besetzt, verwüstet, für vier Jahre geschlossen und ihr Rektor ermordet wurde, und zuletzt 1989 im Rahmen der Offensive der FMLN, die 1980 aus fünf politisch-militärischen Organisationen entstanden war, und unter der zivilen Präsidentschaft von Alfredo Cristiani, heute noch Vorsitzender der rechtsextremen ARENA-Partei. Im Oktober 1986 wurde die UES von dem schweren Erdbeben, das vor allem San Salvador betraf, schwer beschädigt, und brauchte an die 20 Jahre, um wieder voll auf die Beine zu kommen.

Kein Ereignis aber hat die Rolle der UES so deutlich gemacht wie das Massaker vom 30.Juli 1975, das die Sicherheitskräfte während der Präsidentschaft Molinas unter friedlichen Demonstrantinnen und Demonstranten anrichteten. Die Angaben über die Anzahl der Ermordeten variieren zwischen sieben und 25. Deshalb forderte beim Jahrestag 2012 der Hauptredner, Alcides Gómez, ein Überlebender des Massakers, eine Untersuchung mit rechtlichen Folgen, die Öffnung der Militärarchive, statt "poetischer Entschuldigungen seitens der Regierung." Dieses Jahr fand zum Gedenken an die Ermordeten vom 30. Juli 1975 eine Demonstration mit rund 2.000 Teilnehmern auf der historischen Route statt. In ihrer Rede sprach sich die Vertreterin der Gewerkschaft der UES-Arbeiter unter anderem gegen das kurz zuvor verabschiedet Public-Private-Partnership-Gesetz aus. Zwar wird darin der Bildungsbereich, einschließlich der Nationaluniversität, ausgenommen, aber es kann jederzeit reformiert werden. Die Gefahr einer Privatisierung bleibt bestehen.