Venezuela

"Niemand sollte Mercenaries 2 kaufen"

Das Spiel glorifiziere Hass und Militärinterventionen. Ein Gespräch mit Chuck Kaufman vom Venezuela-Solidaritätsnetzwerk in den USA

Der US-Amerikaner Chuck Kaufman ist ein Kenner der lateinamerikanischen Gemeinschaft in den USA. Früher engagierte er sich im Nicaragua-Netzwerk, heute gehört er der Allianz für globale Gerechtigkeit (Alliance for Global Justice, AFGJ) an und ist Koordinator des Venezuela-Solidaritätsnetzwerkes (Venezuela Solidarity Network, VSN). Kaufman unterstützt Basisgruppen und die Verbreitung von Informationen, die sich gegen eine Intervention der USA in Venezuela stellen.

Chuck Kaufman ist empört über das Videospiel "Mercenaries 2: Welt in Flammen" aus den USA, indem die Spieler eine Invasion im ölreichen Venezuela durchführen müssen. Es glorifiziere "den Hass und die erpresserische Söldner-Kultur", sagt Kaufman, außerdem das "Recht" der Vereinigten Staaten in anderen Ländern militärisch zu intervenieren. Er betont, dass die Herstellerfirma Pandemics "dem Krieg nahe steht. Das ist keine Fiktion."

Federico M. Winer von Tribunalatina.com hat mit ihm gesprochen.

Was können wir gegen dieses Spiel tun?

Niemand sollte dieses Spiel kaufen. Erstrecht nachdem bekannt wurde, dass der Hersteller Pandemic Studios auch Trainingsapplikationen für den Geheimdienst CIA und das US-Militär herstellt.

Der erste Teil von Mercenaries spielte in Nordkorea, ein Land der so genannten "Achse des Bösen". Ist nun die Wahl Venezuelas als Schauplatz für die Fortsetzung rein zufällig?

Das kann ich klar verneinen. Wir sind zufrieden, dass unsere Kampagne, die Druck auf Bono, den Sänger von U2, ausüben sollte, sehr erfolgreich verlaufen ist. Bono war einer der Hauptinvestoren bei Pandemics und hat nun seine Anteile verkauft. Mit der Kampagne erreichten wir, dass die Entwickler den "Bösewicht" des Spiels von einer Figur, die große Ähnlichkeit mit dem venezolanischen Präsidenten Hugo Chávez hatte, hin zu dem Bild eines korrupten Geschäftsmannes veränderten.

Einen Moment: Cameron Brown, Direktor bei Pandemics, sagte das alles "nur Fiktion" sei. Bond-Filme spielten schließlich auch auf Schauplätzen dieses Planeten. Warum sorgen wir uns?

James Bond ist ein englischer Agent in der post-imperialistischen Phase Großbritanniens. Die USA haben heute mehr Söldner im Irak als Soldaten. Das Bush-Regime droht Venezuela und Chávez mit aller Offenheit. Pandemics selber ist mit dem Krieg verflochten. Das ist mehr als nur "Fiktion".

Und Kriegsfilme? Die Videospiel-Industrie sagt, dass sie gebremst wird, während Hollywood die Rosinen einheimst.

Es gibt einen Unterscheid zwischen der passiven Situation einer Betrachtung von jemanden, der eine Person umbringt, und der aktiven Betätigung des Abzugs. Videospiele sind heute realistisch. Jedenfalls ist sicher, dass der Film keine Probleme mit frei zugänglicher Gewalt hat. Es gibt ein Klassifizierungs-System (z.B. Jugendschutz, d.Red.).

Denken Sie darüber nach, Mercenaries 2 zu spielen?

Ich bezweifle es. Ich spiele am Abend oft Videospiele und habe auch den ersten Teil von Mercenaries ausprobiert, doch ich fand es unangenehm, weil alles was man macht, ist Schüsse abgeben und die Sachen explodieren sehen. Mir gefallen Spiele, bei denen ich mit mehr Geschick Probleme lösen muss.

Wie fühlen Sie sich als US-Amerikaner bei dem derzeitigen Verhalten ihres Landes in der Außenpolitik?

Ich arbeite im Venezuela-Solidaritätsnetzwerk für den Frieden. In den USA haben wir außerdem Solidaritätskomitees mit Zentralamerika, Afroamerikanische Aktivisten, religiöse Basisgruppen, und Bolivarische Zirkel. Unsere Aufgabe ist es, uns einer Intervention in Venezuela entgegenzustellen und darüber aufzuklären. Dazu unterstützen wir die Fortschritte des Bolivarischen Prozesses.

Was sind diese Fortschritte?

Es gibt vieles im Prozess, was unsere Unterstützung verdient. Ich nenne ein paar Beispiele: Die Behebung des Analphabetismus, der freie und kostenlose Zugang zu Bildung und der medizinischen Versorgung; Die Stadtteilversammlungen (Consejos Comunales), die einen Fortschritt für die partizipative Demokratie bedeuten; Die Nationalisierung der Ressourcen, von denen die venezolanische Bevölkerung und nicht die transnationalen Konzerne sowie eine kleine Elite des Landes profitieren. Die Lateinamerikanische Integration...

Was für eine Auflistung!

Es gibt noch mehr: Die Förderung von alternativen ökonomischen Modellen jenseits des wilden Kapitalismus, die Anerkennung von Arbeitsrechten, der Frauenrechte; die Anerkennung des Landes, der Kultur und der Sprache der indigenen Bevölkerung Venezuelas; Die Förderung von kommunalen Radio und Fernsehsendern...

Einen Moment. Was hat es mit der Schließung des Senders Radio Caracas Televisión (RCTV) auf sich? Ist das die Medien fördern?

Es gab keine Schließung von Medien in Venezuela. In Wahrheit ist die Pressefreiheit heute größer als unter den vorherigen Regierungen. Ich habe Zeitungen gesehen, die große Teile in Weiß veröffentlichten, als ihre Artikel von der Regierung unter Carlos Andrés Pérez zensiert wurden. Unter der Regierung Chávez haben sie nur die Lizenz für einen Kanal nicht verlängert, nämlich RCTV. Und so etwas hätte es in keinem zivilisierten Land gegeben, wenn man die Rolle von RCTV betrachtet beim Versuch den demokratisch gewählten Präsidenten zu stützen.

Zum Schluss: Wie denken Sie über Hugo Chávez?

Chávez ist ein wichtiger Faktor in der Weltpolitik. Aber das entscheidende ist nicht was ich denke, sondern die Venezolaner. Und diese haben ihn mit 63 Prozent der Stimmen gewählt.


Das spanischsprachige Originalinterview finden Sie hier.

Bildquelle: Tribunalatina.com