ila 344 erschienen: Kriminalisierung sozialer Proteste

Bonn. Die aktuelle Ausgabe der Lateinamerika-Monatszeitschrift ila thematisiert die staatliche und parastaatliche Repression gegen soziale Bewegungen in Lateinamerika. Passend zum Besuch des kolumbianischen Präsidenten Manuel Santos in Deutschland befassen sich die ersten drei Länderbeiträge mit Kolumbien. Der Anwalt Eduardo Carreño vom Anwaltskollektiv José Alvear Restrepo beschreibt die systematische Verfolgung von Menschenrechtlern und Oppositionellen durch den Geheimdienst DAS und Diana Gómez zeichnet exemplarisch die Verschränkung wirtschaftlicher und sicherheitspolitischer Interessen beim Terror gegen die lokale Bevölkerung im Bundesstaat Cauca nach. Eine Übersicht kommt zu dem Ergebnis, dass die Zahl der Übergriffe auf Menschenrechtsverteidiger weiter steigt.

Die Interessen transnationaler Unternehmen und die Kriminalisierung sozialer Proteste stellen auch die Interviewpartner aus Peru dar. "Wir werden als Terroristen hingestellt", sagt Mithá Vásquez von der Umweltschutzorganisation Grufides. Weitere Berichte befassen sich mit der Repression gegen die Mapuche in Chile und den Angriffen auf soziale Bewegungen in Mexiko, sowie der düsteren Situation nach dem Putsch in Honduras. Aus Argentinien berichtet Britt Weyde über 5.000 Verfahren gegen soziale Bewegungen. Insgesamt bietet diese Ausgabe der ila damit eine fundierte Übersicht zur aktuellen Menschenrechtslage in den wichtigsten neoliberalen Staaten (plus Argentinien).

Das Verhältnis der Länder mit als "progressiv" eingestuften Regierungen zum Thema Menschenrechte hätte ein Punkt für vertiefende Diskussionen sein können. Zwar reißt die ila das Thema im Vorwort an, geht aber in Beiträgen nicht weiter darauf ein. Stattdessen finden sich pauschalisierende Aussagen wie: "länderübergreifend nimmt die Kriminalisierung zu". Christiane Schultz spricht in ihrem Aufmacher von einem "pervertierten Rechtsstaat" und verbaut so die Frage, inwieweit in den postkolonialen Ländern Staatlichkeit und Verrechtlichung überhaupt entwickelt sind. Die Diskussion, wie eine Demokratisierung unter lateinamerikanischen Verhältnissen zu erreichen ist, und welche Wege etwa Bolivien, Ecuador und Venezuela dafür beschreiten, wird deshalb in einer späteren Nummer der ila diskutiert werden müssen.